WACHSTUM IN ZEITEN DER DISRUPTION - KÖPFE DES JAHRES

Regenmacher

ab - Die Überraschung ist Werner Baumann gelungen: Mitte Mai, nur wenige Wochen nach seinem Wechsel an die Vorstandsspitze von Bayer, kündigte der 54-Jährige die größte Übernahme der Firmengeschichte an, die den Konzernumsatz um nahezu 40 % auf gut...

Regenmacher

ab – Die Überraschung ist Werner Baumann gelungen: Mitte Mai, nur wenige Wochen nach seinem Wechsel an die Vorstandsspitze von Bayer, kündigte der 54-Jährige die größte Übernahme der Firmengeschichte an, die den Konzernumsatz um nahezu 40 % auf gut 47 Mrd. Euro erweitern wird. Baumann sozusagen als Regenmacher.Allerdings hatte der bis dato als fleißiger und akribischer Arbeiter bekannte Manager kurz zuvor noch vollmundig verkündet: “Sie sollten nicht davon ausgehen, dass sich Bayer in eine vollkommen andere Richtung entwickelt.” Zumindest in puncto Kommunikation ist da wohl manches schiefgelaufen, wie nicht zuletzt die verheerende Kursreaktion zeigte.Sicher lässt sich darüber streiten, ob der Erwerb des weltgrößten Saatgutherstellers Monsanto dem Einschlagen einer völlig neuen Richtung gleichkommt, verfügen die Leverkusener doch auch heute schon über ein ansehnliches Pflanzenschutzgeschäft. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Gewichte im Konzern spürbar verschieben werden. Entfiel auf Bayer Cropscience zuletzt knapp ein Drittel des Konzernumsatzes, entstammt künftig etwa die Hälfte der Erlöse dem Geschäft mit Agrochemikalien und Saatgut – sofern die Kartellwächter dem Megadeal zustimmen. Die Monsanto-Aktionäre hatten die Übernahme kürzlich mit überwältigender Mehrheit durchgewunken. Mitspielen oder aussteigenWeitaus mehr Kopfzerbrechen bereitet den Investoren aber die Finanzierung der 66 Mrd. Dollar schweren Übernahme, welche die Verschuldung des Konzerns auf ein nie zuvor dagewesenes Niveau hieven wird. Baumann, einige Jahre für die Finanzen des Life-Science-Konzerns zuständig, lässt sich dadurch jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Bei der Übernahme von Schering sei der Verschuldungshebel ähnlich weit hoch gezogen gewesen, verteilt der gebürtige Krefelder Beruhigungspillen.Umgekehrt zeugt Baumanns Schritt jedoch auch von Weitsicht, ist die letzte Runde im Konsolidierungsprozess der globalen Agrochemie doch längst eingeläutet. Wer jetzt nicht mitmacht, riskiert, dauerhaft aus dem zukunftsträchtigen Markt gedrängt oder zumindest auf eine Position “unter ferner liefen” verdrängt zu werden.Baumann ist – auf dem Gipfel seiner Karriere angekommen – ein hohes Risiko eingegangen. Klappt die Übernahme, geht er zweifelsohne in die Annalen der Firmengeschichte als der Vorstandschef ein, der Bayer mit nur einem Schritt in eine neue Liga befördert hat. Scheitert der Zusammenschluss dagegen an kartellrechtlichen Einwänden oder schlimmer noch an der Integration, dürfte es für Aufsichtsratschef Werner Wenning schwer werden, seinen Ziehsohn in der Spitzenposition zu halten.