Regionalflieger Flybmi und Flybe in Finanznöten
bet London – In Europa kämpfen kleinere Fluggesellschaften mit Turbulenzen; Großbritannien bildet da keine Ausnahme. Durch den Brexit bekommt der Trend eine besondere Note: Unter anderem mit Verweis auf den nahenden EU-Ausstieg des Vereinigten Königreichs hat sich die Regional-Airline Flybmi am Wochenende überraschend für insolvent erklärt. Wie vom britischen Recht bei Zahlungsunfähigkeit vorgeschrieben, stellte sie per sofort den Flugbetrieb ein. Hunderte Passagiere strandeten und mussten nach einer alternativen Beförderung suchen. Wie die Gesellschaft erklärte, habe die Brexit-Unsicherheit die Buchungslage und die Aussichten sehr belastet und die Aufrechterhaltung des vollständigen Flugbetriebs gefährdet. Seit 2013 jedes Jahr Verlust Flybmi flog mit 17 Regionalflugzeugen Verbindungen zwischen 25 europäischen Städten, und das nicht nur von Britannien auf den Kontinent, sondern auch innerhalb des Festlands. Auch an zahlreichen deutschen Regionalflughäfen war sie präsent, darunter Hamburg, Rostock und Saarbrücken. Insgesamt beförderte Flybmi, deren Name auf die Vorgängergesellschaft British Midland International (BMI) zurückgeht, im Vorjahr rund 522 000 Fluggäste, darunter viele Geschäftsreisende. Allerdings schrieb sie laut Standard & Poor’s trotz anhaltenden Umsatzwachstums mindestens seit 2013 Verluste, was vor allem den hohen Kosten geschuldet war.Schon im Geschäftsjahr per Ende März 2017 – jüngere Zahlen liegen nicht vor – verhinderte ein Wachstum um fast 11 % auf 79 Mill. Pfund (90 Mill. Euro) nicht, dass das Minus auf 4 Mill. Pfund wuchs. Als weiteren Grund für den Kollaps nannte Flybmi daher höhere Treibstoffkosten, den Ausschluss britischer Airlines vom EU-Emissionsrechtehandel und allgemeine Branchenprobleme. Diese Sorgen, wie Überkapazitäten und niedrige Ticketpreise, hatten Anfang Februar zum Aus der deutschen Rivalin Germania beigetragen. Billigflieger Ryanair schrieb von Oktober bis Dezember einen Verlust, und Reiseveranstalter Thomas Cook stellt seine Airline-Sparte zum Verkauf. In dieser Gemengelage sorgt der Brexit für zusätzliche Kopfschmerzen. Zwar haben die EU und Großbritannien Notfallabkommen vorbereitet, mit denen im Fall eines unkontrollierten EU-Ausstiegs Ende März der Flugbetrieb zwischen der Insel und dem Festland aufrechterhalten bleibt. Doch um Verbindungen innerhalb der künftigen EU anzubieten, muss eine Airline mehrheitlich von Aktionären aus der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kontrolliert werden. Das bereitet nicht nur Flybmi Kopfschmerzen, sondern auch Ryanair, Easyjet und der zur IAG-Gruppe gehörenden Iberia. Konsolidierung beschleunigtDer Brexit trägt zu einer weiteren, aufsehenerregenden Konsolidierung bei. Großbritanniens größte Regionalfluggesellschaft Flybe, die trotz des Namens nichts mit Flybmi zu tun hat, sollte zum Preis von nur 1 Pence pro Aktie den Besitzer wechseln – so offerierte es Mitte Januar Connect Airways, ein Konsortium unter Beteiligung von Virgin Atlantic, der Airline von Milliardär Richard Branson. Flybe ist in einer verzweifelten Finanzlage: Den letzten Gewinn schrieb man 2015, und seit November 2018 wird ein Käufer gesucht. Die Firma unterstützt das Angebot – auch mit Verweis auf die Brexit-Unsicherheit. Ein Kollaps wäre schwerwiegender als bei Flybmi: Flybe beförderte zuletzt 8 Millionen Passagiere pro Jahr und flog 210 Verbindungen in 15 Ländern, womit die Gesellschaft im Geschäftsjahr 2017/18 (31. März) rund 750 Mill. Pfund umsetzte.Die geringe Höhe der Offerte von 2,2 Mill. Pfund wird zum Teil durch die zu übernehmenden Nettoschulden von 99 Mill. Pfund erklärt, die rund dem Dreifachen von Flybes Betriebsgewinn (Ebitda) entsprechen. Dennoch brach der Aktienkurs seit der Ankündigung um mehr als 75 % ein. Seither tobt ein Streit mit fast der Hälfte der Aktionäre, die bessere Übernahmekonditionen fordern. Allerdings hat Connect Airways das Angebot nur um 600 000 Pfund aufgebessert, womit es immer noch deutlich unter der derzeitigen Marktkapitalisierung liegt. Die Übernahmefrist läuft bis Ende der Woche.