Reimann-Holding schluckt Dr Pepper

Gut 23 Mrd. Dollar inklusive Schuldenübernahme - Offerte von JAB über den US-Kaffeespezialisten Keurig

Reimann-Holding schluckt Dr Pepper

In der größten Übernahme des jungen Jahres geht der zu JAB, der Holding der verschwiegenen deutschen Milliardärsfamilie Reimann, gehörende Kaffeespezialist Keurig den Kauf der auf Kaltgetränke wie 7UP fokussierten Dr Pepper Snapple an. Kostenpunkt: 23 Mrd. Dollar inklusive Schuldenübernahme.Von Walther Becker, FrankfurtWährend in M & A Konzentration aufs Kerngeschäft und Spin-offs im Trend liegen, geht die deutsche Milliardärsfamilie Reimann mit ihren Co-Investoren den entgegengesetzten Weg. Über die JAB-Vehikel (Joh. A. Benckiser) wird das Kaffeeimperium auch mit Kaltgetränken ausgebaut. Mit einer Bewertung von 23,3 Mrd. Dollar (laut Dealogic) geht der US-Softdrinkkonzern Dr Pepper Snapple Group an den Kaffeespezialisten Keurig Green Mountain. JAB macht damit nicht nur Nestlé im Kaffee-Geschäft Konkurrenz, sondern auch Coca-Cola bei Kaltgetränken.Es ist das größte Investment, das die drei Partner und Konsumgüterveteranen Peter Harf, Bart Becht und Oliver Goudet mit den Mitteln des verschwiegenen Reimann-Clans, ihrem eigenen Geld und dem von Partnern angehen. Dabei ist auch diesmal die Merchantbank BDT Capital Partners aus Chicago, die von einem früheren Banker von Goldman Sachs und langjährigen Vertrauten von Warren Buffett gegründet worden war. Mit Informationen zur Finanzierung ist JAB derweil stets zurückhaltend.Dr Pepper Snapple aus Texas, bis 2008 Cadbury Schweppes Americas Beverages, geht an den Kaffeekapselproduzenten Keurig Green Mountain, den Reimanns über ihre JAB-Vehikel 2016 für 13,9 Mrd. Dollar geschluckt hatten. Keurig beziffert das Equity-Investment von JAB Holding und ihren Partnern auf 9 Mrd. Dollar. Ein maßgeblicher Anteilseigner der neuen Keurig Dr Pepper (KDP) werde die Kraft-Abspaltung Mondelez, mit der JAB 2014 ihr Kaffeegeschäft zusammengelegt hatte. JAB hat mit ihrem aus Luxemburg gesteuerten Konglomerat in den USA in wenigen Jahren mehr als 50 Mrd. Dollar investiert. Der Deal von Keurig ist global die größte dieses Jahr angekündigte Übernahme.Gemäß den Bedingungen der Vereinbarung, die den Informationen zufolge einstimmig vom Board von Dr Pepper Snapple genehmigt wurde, erhalten die Aktionäre 103,75 Dollar je Aktie in Form einer Sonderdividende und behalten 13 % des kombinierten Unternehmens. Der Bardividendenanteil bewertet Dr Pepper mit 18,7 Mrd. Dollar, was einer Prämie von 8,5 % auf den Schlusskurs vom Freitag entspricht. Die Aktie stieg vorbörslich um 42 % auf 136 Dollar pro Aktie. Die Finanzierung stellen J.P. Morgan, Bank of America Merrill Lynch und Goldman Sachs, die neben BDT und AFW auch Berater sind. Credit Suisse steht Dr Pepper zur Seite. Kalt & heißDamit kommen zwei kultige Getränkeunternehmen zusammen mit komplementären Marken für Kalt- und Heißgetränke wie Dr Pepper, 7Up, Snapple, A&W, Mott’s und Sunkist sowie der Kaffeemarke Green Mountain Coffee Roasters und dem Single-Serve-Kaffeesystem sowie weiteren 75 Marken. KDP komme für 2017 auf einen kombinierten Umsatz von etwa 11 Mrd. Dollar pro forma. Dr Pepper setzte 2017 rund 6,7 Mrd. Dollar um und verdiente operativ 1,4 Mrd. Dollar. Keurig kam den Angaben zufolge auf 4,1 Mrd. resp. 1,1 Mrd. Dollar.Bob Gamgort, CEO von Keurig, meint, im Interesse der Konsumenten zu handeln: Aus der Kombination entstehe ein Getränkeunternehmen, “das den heutigen Bedürfnissen der Verbraucher gerecht wird” mit einer “beispiellosen Vertriebskapazität, um praktisch jeden Verbraucher überall zu erreichen”. JAB-Partner Becht, der auch Keurig-Chairman ist, freut sich über die Aussicht, die Getränkeindustrie herauszufordern. Man wolle dabei das Investment-Grade-Rating behalten.Keurig Dr Pepper möchte bis 2021 Synergien von 600 Mill. Dollar auf Jahresbasis realisieren. KDP erwartet für das erste Quartal eine ordentliche Kursdividende von 0,58 Dollar pro Aktie. Nach Abschluss der Transaktion erwartet das Unternehmen 0,60 Dollar je Aktie.Das Unternehmen werde einen starken Cash-flow generieren und den Abbau der Verschuldung beschleunigen, mit einem angestrebten Nettoverschuldungsgrad (Net debt/Ebitda) von unter 3,0 innerhalb von zwei bis drei Jahren nach dem Abschluss der Transaktion. KDP geht davon aus, dass die Gesamtnettoverschuldung zum Closing bei etwa 16,6 Mrd. Dollar liegt.Dr Pepper/7Up entstand 1986 aus einer Fusion; die Rechte an der Marke 7Up gehören außerhalb der USA nach wie vor zu Pepsico. 1995 schluckte die britische Cadbury Schweppes dann Dr. Pepper/7Up. Cadbury ging 2012 an Mondelez. 2003 entstand Cadbury Schweppes Americas Beverages aus dem Zusammenschluss von Dr Pepper/7Up, Snapple Beverage, Mott’s und Bebidas Mexico. 2008 gliederte Cadbury Schweppes die Getränkesparte aus, die seitdem eigenständig agiert.Die Standbeine von der JAB sind das Kaffeegeschäft, die maßgeblichen Beteiligungen an den börsennotierten Konzernen Reckitt-Benckiser und Coty sowie das vergleichsweise kleine Luxussegment, das zuletzt den Highheelsanbieter Jimmy Choo verkauft und Bally-Schuhe ins Schaufenster gestellt hat. Heute verwaltet JAB knapp 80 Mrd. Euro, wobei das Eigenkapital der eigentlichen Reimann-Holding, also das Familienvermögen, bei 18 Mrd. Euro liegt. Den großen Rest steuern unter anderem Staatsfonds und andere europäische Familien zu. Düfte, Kaffee & Brot1992 kaufte das Ludwigshafener Chemieunternehmen Benckiser Jahre nach dem Tod des Industriellen Albert Reimann Pfizer für 440 Mill. Dollar dessen Parfümsparte Coty ab, um das eigene Duftgeschäft dort zu integrieren. 2016 erwarb Coty Wella von Procter & Gamble für 15,5 Mrd. Dollar. 1999 fusionierte Benckiser mit der britischen Reckitt & Coleman. Jüngeren Datums ist die beispiellose Expansion im Kaffeegeschäft: Erst wurde Douwe Egberts Master Blenders (Senseo) 2013 für 7,5 Mrd. Euro übernommen. Es folgten das Joint Venture mit Mondelez, mehrere Kaffeehausketten in den USA sowie Krispy Kreme und Keurig. Zuletzt kündigte JAB 2017 die Akquisition der US-Bäckereikette Panera Bread für 7,5 Mrd. Dollar an.