Renault bemüht sich um Nissan
Für Jean-Dominique Senard hat die Verbesserung der angeschlagenen Beziehungen zu Renaults japanischem Allianzpartner Priorität. Der Verwaltungsratschef will jedoch auch den Einfluss des französischen Autobauers bei Nissan verteidigen und die Tür für neue Gespräche mit Fiat Chrysler offenlassen. wü Paris – Renault-Verwaltungsratschef Jean-Dominique Senard hat auf der ersten Aktionärsversammlung des Autobauers nach der Inhaftierung von Ex-Konzernchef Carlos Ghosn in Japan und dem zurückgenommenen Fusionsvorschlag von Fiat Chrysler (FCA) versprochen, die angespannten Beziehungen zu Allianzpartner Nissan verbessern zu wollen. Das angeschlagene Vertrauen zu dem japanischen Konzern wiederherstellen, lautet seine Priorität. Dafür seien jedoch Zeit, Geduld sowie Anstrengungen von beiden Seiten notwendig, erklärte er. “Vertrauen lässt sich nicht verordnen, es muss gewonnen werden.”Derweil kommt Nissan-Chef Hiroto Saikawa unter Druck. Die beiden einflussreichen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfahlen, auf der Hauptversammlung am 25. Juni gegen Saikawas Neubestellung zu stimmen. Nissan müsse mit der Vergangenheit brechen und brauche eine neue, starke Chefetage, hieß es in der Empfehlung von Institutional Shareholder Services (ISS).Senard ließ auf dem Aktionärstreffen auch die Tür für einen neuen Anlauf für einen Zusammenschluss mit FCA offen. Er zeigte sich sehr enttäuscht über den gescheiterten Fusionsversuch mit dem italienisch-amerikanischen Konkurrenten. Ziel sei es gewesen, einen europäischen Spitzenreiter in der Autobranche zu formieren, sagte der frühere Michelin-Chef. “Für Frankreich, für Renault und für Europa gab es ein perfektes Beispiel, um zu zeigen, dass wir fähig sind, etwas gemeinsam zu machen.”Nach Angaben Senards war es Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, der ihm vor ein paar Monaten dazu geraten hat, Kontakt zu der Führung von FCA aufzunehmen. Das habe er gemacht, so der Verwaltungsratschef von Renault. Der französische Staat hält 15 % des Renault-Kapitals. Senard machte den staatlichen Großaktionär jedoch nun auch für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich, die laut ihm zu Synergien geführt hätten, wie es sie selten in der Automobilbranche gebe. Er zumindest sei sehr von dem Projekt überzeugt gewesen. “Ich weiß nicht, ob es in Zukunft wiederbelebt werden kann.”Senard sei angeschlagen, hieß es nach dem zurückgenommenen Fusionsangebot von FCA. Sogar Gerüchte, er könne zurücktreten, hatten daraufhin die Runde gemacht. Auf dem Aktionärstreffen gab sich der Renault-Verwaltungsratschef jedoch kämpferisch und verteidigte die seit seinem Amtsantritt getroffenen Entscheidungen. Das kam an. Immer wieder gab es Applaus für ihn. Gleichzeitig stimmten 90 % der Renault-Anteilseigner für die Nominierung Senards.Dieser gab zu, dass die durch die Verhaftung von Ex-Chef Ghosn ausgelöste Krise die Allianz von Renault und Nissan stärker beschädigt habe, als zunächst zu erkennen gewesen sei. Nun müsse die Partnerschaft einen Neuanfang machen, der jedoch noch bestätigt werden müsse. Zuletzt hatte ein Brief Senards an Nissan für böses Blut gesorgt, dass Renault nicht für die geplante Reform der Unternehmensführung bei dem japanischen Autobauer stimmen werde. “Die beiden Verwaltungsratsmitglieder von Nissan sind in unseren Komitees vertreten”, sagte Senard. “Ich verlange nicht mehr, als dass dies auch umgekehrt der Fall sein soll.”