Ringen um Standards für Nachhaltigkeitsberichte geht weiter
Ringen um Standards für Nachhaltigkeitsberichte geht weiter
Ringen um Standards für Nachhaltigkeitsberichte
Marktteilnehmer sehen EFRAG-Vorschläge zu Erleichterungen positiv – Engere Abstimmung mit ISSB gefordert
Der europäische Standardsetzer EFRAG hat Marktteilnehmer um Rückmeldung zu den vorgeschlagenen Erleichterungen im Nachhaltigkeitsreporting gebeten. Nun liegen die Feedbacks vor. Ein zentraler Punkt wird gleich mehrfach gewünscht: eine bessere Abstimmung mit globalen Rechnungslegungsstandards.
Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll für Unternehmen einfacher werden. Das ist der Auftrag, den die EU-Kommission an den Standardsetzer, die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), erteilt hat. Im Sommer hat die EFRAG erste Vorschläge vorgelegt, wie sich die europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichte (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) verschlanken lassen, etwa indem die Zahl der zu erhebenden Datenpunkte reduziert wird. In dieser Woche endete die Konsultationsfrist, während Marktteilnehmer Rückmeldung zu den Vorschlägen geben konnten. Ihr Feedback soll helfen, die ESRS „praktikabler zu gestalten“, erklärte Patrick de Cambourg, der Vorsitzende des EFRAG Sustainability Reporting Board, im Vorfeld der Konsultation.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) begrüßt die Bemühungen der EFRAG zur Vereinfachung. Allerdings wünscht es sich mehr Klarheit im Zusammenspiel zwischen den europäischen Nachhaltigkeitsregelungen der ESRS und den globalen Standards, die vom International Sustainability Standards Board (ISSB) entwickelt wurden. „Auch wenn die Bemühungen zur Steigerung der Interoperabilität mit den ISSB Standards erkennbar sind, sieht das IDW hier noch deutliches Verbesserungspotential“, heißt es.
IDW und DRSC beziehen Stellung
Auch bei der Einführung des „undue cost or effort“-Prinzips wünscht sich das IDW eine stärkere Anlehnung an die Sprachregelungen in den globalen Rechnungslegungsregeln der International Financial Reporting Standards (IFRS). Die von der EFRAG vorgeschlagenen Formulierungen seien nicht konsistent. Das Prinzip erlaubt es Unternehmen, bestimmte Angaben zu schätzen oder sich auf Sekundärquellen zu berufen, wenn eine direkte Datenerhebung unverhältnismäßig teuer oder aufwendig wäre – etwa wenn es um die Ermittlung von ESG-Daten entlang der Wertschöpfungskette geht. Dieses Vorgehen soll jedoch streng begrenzt bleiben und muss begründet werden.
Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), der nationale Standardsetzer auf dem Gebiet der Konzernrechnungslegung, kommt nach Sichtung der EFRAG-Vorschläge zu dem Schluss, „dass zwar deutliche strukturelle und inhaltliche Verbesserungen erzielt werden konnten, jedoch wesentliche Konzepte noch nicht ausreichend klar und verständlich sind“. Im Austausch mit Praktikern habe man einige Punkte identifiziert, „die zu erhöhtem Aufwand für die Ersteller führen können“. Kritisch sieht das DRSC beispielsweise, dass der Entwurf an einzelnen Stellen die Erhebung zusätzlicher Datenpunkte vorsieht – auch wenn das übergeordnete Ziel lautet, den Erhebungsaufwand zu verringern.
Das DRSC schätzt die bisherigen Arbeiten der EFRAG, die in einem sehr engen zeitlichen Korsett erbracht wurden.
Georg Lanfermann, DRSC
Auf der anderen Seite beinhalte der Konsultationsentwurf einige Aspekte, die den Unternehmen die Aufstellung von Nachhaltigkeitsberichten „mittelfristig“ erleichtern könnten, bilanziert das DRSC. Dazu zähle etwa die Bereinigung redundanter Berichtsteile. „Das DRSC schätzt die bisherigen Arbeiten der EFRAG, die in einem sehr engen zeitlichen Korsett erbracht wurden“, kommentiert DRSC-Präsident Georg Lanfermann. Die EFRAG habe „gute Vorschläge vorgelegt, die jedoch insbesondere auch der Cost-Benefit-Analyse standhalten müssen.“
Kritik an Konzept zu finanziellen Auswirkungen
Kritisch sieht das DRSC die Vorschläge zu den erwarteten finanziellen Auswirkungen („anticipated financial effects“). Dieses Konzept, das sich auf die erwarteten Konsequenzen von ESG-Risiken bezieht, sei „noch nicht klar ausgearbeitet“. Gerade bei quantifizierten Angaben hat das Komitee Zweifel, wie valide diese überhaupt sein können.
Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) ist vom Konzept der erwarteten finanziellen Auswirkungen ebenfalls noch nicht überzeugt. Es fehlten bislang „Leitlinien oder Hinweise zur Berechnung der finanziellen Auswirkungen“. Die Datenlage sei oft unklar, Abgrenzungen seien schwierig. Daher wäre eine Offenlegung anfällig für Fehlinterpretationen, fürchtet das Aktieninstitut.
Es spricht sich vor diesem Hintergrund dafür aus, die erwarteten finanziellen Auswirkungen erst einzuführen, wenn es dazu „eine sinnvolle Methodik gibt“. Wie diese aussehen könnte, sollten EFRAG und ISSB gemeinsam prüfen, um eine stärkere Interoperabilität zu erreichen.
Sprachliche Angleichung
Das DAI fordert, dass die Berichterstattung gemäß ESRS auch die Standards des ISSB berücksichtigen sollten, um doppelte Berichterstattung zu vermeiden. Noch gebe es an manchen Stellen sprachliche Abweichungen. Wenn Definitionen oder Konzepte aus den ISSB-Standards in die ESRS übernommen werden, „fordern wir die EFRAG auf, diese 1:1 zu übernehmen und keine abweichenden Formulierungen zu verwenden“. Nur so könne künftig Konsistenz zwischen den beiden Standards gewährleistet werden.
Nach Abschluss der öffentlichen Konsultation hat die EFRAG nun bis zum 30. November Zeit, ihre Empfehlungen an die EU-Kommission zu übermitteln. Bisherigen Angaben zufolge rechnet die EU-Kommission damit, dass die finalisierte Version der ESRS erstmals im Geschäftsjahr 2027 angewendet werden kann.