Robotiksparte schiebt ABB an

Verkauf der Stromnetze sorgt für Gewinnrückgang - Dividende steigt trotzdem - Aktienkurs knickt ein

Robotiksparte schiebt ABB an

Der schwedisch-schweizerische Elektrotechnik- und Maschinenbaukonzern ABB zeigt überraschend starkes Wachstum in der Robotiksparte, wo er direkt mit der deutschen Kuka konkurriert. Fürs laufende Jahr lässt sich der Siemens-Rivale, der gerade seine Stromnetzsparte an Hitachi verkauft hat, nicht in die Karten blicken und verweigert eine konkrete Prognose. Der Aktienkurs gab zeitweise kräftig nach.ds Zürich – ABB ist vor allem dank eines starken Geschäfts mit Industrierobotern im vierten Quartal vorangekommen. Konzernweit stiegen die Erlöse von Oktober bis Dezember um 9 % auf 7,4 Mrd. Dollar, während der Nettogewinn um 19 % auf 317 Mill. Dollar in die Knie ging. Die Robotiksparte legte bei den Erlösen auf vergleichbarer Basis um 11 % zu, während Elektrifizierungsprodukte nur ein anämisches Wachstum von 3 % zeigten und die Industrieautomation stagnierte.Die solide Entwicklung der Robotik, die die operative Marge (Ebita) im Quartal um 1,2 Punkte auf 15 % steigerte, kontrastiert mit zuletzt gedämpften Tönen vom Konkurrenten Kuka, der in chinesischer Hand ist, sowie vom japanischen Weltmarktführer Fanuc. “Wir wachsen mit Robotik bei den Automobilherstellern”, sagte Sami Atiya, der die ABB-Robotik führt, bei der Zahlenvorlage in Zürich. Zudem sei man besser positioniert als die Konkurrenz, da man etwa auch die Nahrungsmittelindustrie bediene und ein breiter diversifiziertes Portfolio habe. “Das ist das Geheimnis, dass wir stärker als der Markt wachsen.”Auf der Robotik, die im ABB-Konzern einst ein Sanierungsfall war, dürften auch die größten Wachstumshoffnungen liegen. Hier rechnen die Schweizer mit einem Marktwachstum von 6 % pro Jahr, das ist doppelt so viel wie in den übrigen drei Sparten Elektrifizierungsprodukte, Industrieautomation und Motoren, mit denen sich die Zürcher künftig aufstellen.Im Gesamtjahr hat ABB die Erlöse konzernweit um 10 % auf 27,7 Mrd. Dollar hochgefahren, wobei das operative Ergebnis (Ebita) nur um 7 % auf 3 Mrd. Dollar zulegte. Unterm Strich sackte der Gewinn um 2 % auf 2,2 Mrd. Dollar ab – vor allem weil im vierten Quartal Belastungen durch den Verkauf der Stromnetze an Hitachi verbucht wurden. Trotz des Gewinnrückgangs werden auf die Dividende nochmals 2 Rappen auf nun 0,80 sfr draufgepackt – es ist der zehnte Dividendenanstieg in Folge, wie CEO Ulrich Spiesshofer stolz vermerkte, der mit dem schwedischen Aktivisten Cevian (5,3 %) im Nacken und dem langfristig engagierten schwedischen Familienaktionär Wallenberg (10,7 %) im Rücken agiert. Viel schlanker als SiemensABB ist durch die Trennung von der Stromnetztechnik, die für 9,1 Mrd. Dollar an Hitachi geht, künftig noch schlanker aufgestellt als Siemens. Die Münchner haben zwar keine Roboter im Angebot, dafür aber unter anderem noch konventionelles Kraftwerksgeschäft, Windkraft (zusammen mit Gamesa), Medizintechnik (Healthineers) und das mit Alstom konkurrierende Zuggeschäft. Trotz der sehr unterschiedlichen Aufstellung haben sich die Aktien von ABB und Siemens zuletzt im Gleichschritt entwickelt. Während die ABB-Papiere binnen Jahresfrist rund 13 % verloren, büßten Siemens 12 % ein. Auf Sicht von drei Jahren steht bei beiden ein Plus von rund 13 % zu Buche.Am Donnerstag gaben ABB-Papiere zeitweise 3 % ab. Die trotz der jüngsten Portfoliomaßnahme schwache Kursentwicklung ficht den 54-jährigen Spiesshofer, der seit fünfeinhalb Jahren als ABB-Chef amtiert, nicht an. “Ich habe 75 % der Aktionärsbasis besucht und das Feedback bekommen, dass wir das Richtige machen”, sagte er. Anders als andere Konzernlenker verkneift sich Spiesshofer, der auf konkrete Fragen oft ausweichend antwortet und glattgeschliffene Formulierungen bevorzugt, einen konkreten Ausblick auch auf das laufende Jahr, was er dieses Mal unter anderem pauschal begründete mit Marktunsicherheiten und den Veränderungen, durch die ABB gehe. Durch den Stromnetzverkauf wird Spiesshofer künftig einen deutlich geschrumpften Konzern führen, denn die Einnahmen sollen vollständig an die Aktionäre zurückfließen. Geld fließt abDies kann man kaum anders interpretieren, als dass insbesondere die Großaktionäre Cevian und Wallenberg Mittel von ABB abziehen wollen. Von großen Zukäufen und großen Wachstumsambitionen ist bei dem Konzern, der sich erklärtermaßen zum “Technologieführer für digitale Industrien” entwickeln und vom Trend zum Elektroauto oder dem Wachstum bei Datencentern profitieren will, nicht die Rede.ABB, die die Sparanstrengungen verschärfen will, kündigte zudem einen Managementwechsel an. Sylvia Hill (59) wird per 1. Juni als Personalchefin in die Konzernleitung berufen. Sie ersetzt dort den erst 55-jährigen Jean-Christophe Deslarzes.