Roche-Chef teilt gegen US-Preisverhandler aus
Roche-Chef teilt gegen US-Preisverhandler aus
Thomas Schinecker: „Kann nicht sein, dass 50 Prozent der Gewinne an Pharmacy Benefit Manager gehen“ – Konzern erwägt Direktvertrieb zur Preissenkung
Donald Trump will gegen die hohen Medikamentenpreise in den USA vorgehen und sieht dabei auch jene Akteure als Problem, die die Preise zwischen Arzneimittelherstellern und Apotheken aushandeln. Der Schweizer Konzern Roche überlegt nun, diese Firmen via Direktvertrieb zu umgehen. Er ist damit nicht allein.
kro/Bloomberg Frankfurt
Der Schweizer Pharmakonzern Roche sucht nach Wegen, um der Trump-Forderung nach einer Senkung der US-Medikamentenpreise nachzukommen. Man habe der US-Regierung vorgeschlagen, die sogenannten Pharmacy Benefit Manager (PBM) – also jene Unternehmen, die die Medikamentenpreise zwischen den Herstellern, Krankenkassen und Apotheken aushandeln – durch die Etablierung eines Direktvertriebs zu umgehen, sagte CEO Thomas Schinecker am Donnerstag bei der Vorlage von Halbjahreszahlen. Die Kosten für besonders teure Medikamente, die etwa zur Behandlung von Multipler Sklerose, Augenkrankheiten oder Krebs angeboten werden, könnten dadurch „ziemlich schnell sinken“, erklärte der Manager.
Pharmacy Benefit Manager stehen in den USA seit Jahren in der Kritik. Anders als in Deutschland, wo die Preisbildung für rezeptpflichtige Medikamente staatlich reguliert ist, können Pharmahersteller ihre Preise in den USA frei mit den jeweiligen Kostenträgern verhandeln. In diesen Verhandlungen sind die PBM-Konzerne meist als Vermittler zwischengeschaltet. Weil sich drei von ihnen – namentlich CVS Caremark, OptumRx und Express Scripts – den milliardenschweren Markt weitgehend untereinander aufteilen, gelten sie als mächtige Verhandlungspartner.
Laut einem „Fortune“-Bericht sind die als „Big Three“ bekannten Firmen für rund 80% der abgewickelten Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente zuständig. Zusammen kamen sie 2023 auf einen Umsatz von 430 Mrd. Dollar. Zum Vergleich: Der US-Markt für verschreibungspflichtige Medikamente an sich war laut dem IQVIA Institute im gleichen Jahr 435 Mrd. Dollar schwer.
Weil Patienten in dem Land so viel mehr für Medikamente zahlen als in anderen Ländern (laut dem Thinktank Rand Corporation knapp das Dreifache des OECD-Durchschnitts), gelten die Staaten als weltweit wichtigster Markt für die Pharmaindustrie. Roche hat im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte seines Konzernumsatzes von 60,5 Mrd. sfr in den USA eingefahren. Wegen der hohen Kosten fiel es 28% der Amerikaner zuletzt „etwas schwer“ oder „sehr schwer“, ihre verschreibungspflichtigen Medikamente zu bezahlen, wie eine Umfrage ergeben hat.

Einsparer oder Kostentreiber?
Doch statt die Kosten mit ihrer Verhandlungsmacht für die Patienten zu senken, sehen sich PBM in den USA regelmäßig dem Vorwurf ausgesetzt, die Preise eher in die Höhe zu treiben. Etwa, indem sie einen Teil der ausgehandelten Rabatte für sich einbehalten oder unnötig teure Medikamente auf die Erstattungslisten nehmen. Außerdem gelten die Firmen in ihren Verhandlungstaktiken als sehr intransparent.
US-Präsident Trump will schon länger dagegen vorgehen. Im Dezember hatte er angekündigt, die Zwischenhändler „auszuschalten“. Ins gleiche Horn bläst nun auch Roche-Chef Schinecker: Es müsse etwas gegen diese Leuten getan werden, sagte er am Donnerstag. „Es kann nicht sein, dass 50% der Profite an Zwischenhändler fließen, die Null Risiko eingehen.“ Auf der anderen Seite würden sowohl Hersteller, als auch die Patienten darunter leiden: Beim Multiple Sklerose-Mittel Ocrevus etwa hätten die PBM-Konzerne Aufschläge verlangt, nachdem Roche dieses unterhalb vergleichbarert Therapien anderer Hersteller bepreist habe.
Die PBM selbst sehen sich freilich als eine Art Schutzinstanz für amerikanische Verbraucher. „Wir helfen den Menschen dabei, sich im Gesundheitswesen zurecht zu finden, indem wir den Zugang verbessern, die Kosten senken und ihnen in allen wichtigen Momenten rund um ihre Gesundheit als vertrauenswürdiger Partner zur Seite stehen", heißt es bei CVS Caremark. Pro Mitglied hätten PBM zuletzt im Schnitt 1040 Dollar jährlich an Einsparungen bei Medikamenten erzielt.
Kritik an Online-Portalen
Vor Roche haben zuletzt auch andere Pharmakonzerne wie Pfizer und Eli Lilly damit begonnen, ihre Medikamente in den USA über Onlineportale zu verkaufen. Hier gab es zuletzt wiederum Kritik von Verbraucherschützern und Rechtsanwälten. Sie befürchten, dass Patienten über die Webseiten dazu gebracht werden, unnötige und teure Medikamente zu kaufen. Die Pharmakonzerne wiesen diese Kritik zurück.
Trump will die Branche derweil nicht nur dazu zwingen, die Preise im Land zu senken, sondern auch mehr in den USA zu produzieren und weniger zu importieren. Der Republikaner hat deswegen wiederholt mit hohen Zöllen für die Industrie gedroht – zuletzt war von einem möglichen Satz von etwa 200% die Rede.
Eine Reihe von Pharmakonzernen haben in dem Zusammenhang in den vergangenen Wochen große Investitionen angekündigt, darunter auch Roche: Die Schweizer wollen in den kommenden fünf Jahren 50 Mrd. Dollar in den USA investieren und so mehr als 12.000 neue Jobs schaffen. Die Gelder sollen in den Ausbau von Fabriken sowie Entwicklungs- und Vertriebszentren in Indiana, Pennsylvania, Massachusetts und Kalifornien fließen. Unter anderem AstraZeneca, Novartis, Eli Lilly, und Johnson & Johnson kündigten ebenfalls Milliarden-Investitionen an.