IM INTERVIEW: WOLFGANG SCHÄFER

Rohmaterial-Preise verleihen Rückenwind

Continental-CFO: Interior nur kurzzeitig schwächer

Rohmaterial-Preise verleihen Rückenwind

– Herr Schäfer, Continental hat die Jahresprognose für die bereinigte Ebit-Marge auf über 11 % angehoben. Ist die günstige Preisentwicklung bei wichtigen Rohmaterialien der Hauptgrund dafür?Die positive Umsatz- und Margen-Entwicklung im Reifenbereich hat uns in der Tat zuversichtlicher gestimmt. Auch Contitech ist besser unterwegs, weil die Integration des 2015 übernommenen US-Kautschukunternehmens Veyance sehr gut verlaufen ist. Wir spüren 50 Mill. Euro mehr Rückenwind bei den Rohmaterialpreisen. Die Entlastung für die Rubber Group durch geringere Rohstoffkosten erwarten wir deshalb jetzt im Gesamtjahr bei rund 150 Mill. statt 100 Mill. Euro.- Die gute Entwicklung der Rubber-Division im ersten Halbjahr spiegelt sich in der Automotive Group derzeit nicht wider. Wie ist hier die Lage?Die Automotive-Division hat sich im zweiten Quartal wie erwartet deutlich besser entwickelt als in den ersten drei Monaten. Das um Konsolidierungskreis- und Währungskurskurseffekte bereinigte Umsatzwachstum lag bei 5 % nach 2,5 % in den ersten drei Monaten. Damit hat sich der Bereich auch wieder deutlich stärker entwickelt als die zugrunde liegende Automobilproduktion. Wir sind zurück in der Spur. Und das, obwohl die Division Interior von einem Lieferengpass bei Renesas in Japan betroffen ist. Dies hat den Automotive-Bereich im zweiten Quartal rund 1 % Wachstum gekostet.- Das Ergebnis fällt aber auch im zweiten Quartal schwächer aus als vor Jahresfrist. Die bereinigte operative Marge liegt vor allem im Bereich Interior niedriger.In zwei von unseren drei Automotive-Divisionen haben wir auch das Ergebnis gesteigert. Interior wurde allerdings durch sehr hohe Entwicklungskosten belastet, weil auch im zweiten Halbjahr große Projekte neu anlaufen. Dies hat das Ergebnis im zweiten Quartal gedrückt.- Wie geht es weiter?Interior sollte zum Jahresende wie gewohnt wachsen und verdienen.- Also sind Sorgen bei einigen Investoren übertrieben?Ein schnelleres Wachstum der Automotive Group wurde durch einen vergleichsweise schleppenden Produktionsstart bei einigen Hauptkunden zu Jahresbeginn verzögert. Dazu kam, dass wie schon vor zwei Jahren das erste Quartal schwächer ausfiel, weil alte Projekte ausgelaufen und Nachfolgeprojekte noch nicht vollständig hochgefahren waren. Die Kumulation dieser beiden Effekte hat das Wachstum gebremst – ein Effekt, den der Markt aus meiner Sicht etwas überschätzt hat.- Wie beurteilen Sie derzeit die Entwicklung der Autoproduktion?Die Autoproduktion in China ist im ersten Halbjahr 2016 mit 6 % gewachsen, wobei die Bestände im Juni hochgelaufen sind. Aber 6 % Wachstum ist eine schöne Zahl.- Die auf staatlichen Kaufanreizen basiert, die zum Jahresende auslaufen.Ja. Allerdings ist offen, ob sie nicht doch verlängert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Steuererleichterungen für bestimmte Fahrzeuge auf Dauer gewährt werden, wird aber als eher gering eingeschätzt. Wir erwarten, dass der Markt in China im zweiten Halbjahr um rund 4 % wachsen wird, womit eine jährliche Wachstumsrate von 4 bis 5 % möglich wäre.- Was erwarten Sie in Nordamerika und Europa?In den USA bewegt sich der Automarkt weiter auf einem sehr hohen Niveau. Die Produktion wird aber im zweiten Halbjahr etwas niedriger als im ersten Halbjahr erwartet. Das Wachstum in Europa wird sich abschwächen. Das versetzt uns aber nicht in Alarmstimmung. Weltweit ist 2016 weiterhin mit einem Produktionszuwachs von 1 bis 2 % zu rechnen.- Wie wirkt sich das Brexit-Votum auf die Entwicklung in Europa aus?Die Pkw-Nachfrage in Großbritannien dürfte sinken, in Europa entwickelt sie sich 2016 aber insgesamt positiv.- Wie stark tangiert Continental das absehbare Ausscheiden Großbritanniens aus der EU?Großbritannien ist für uns mit einem Umsatzanteil von weniger als 4 % kein großer Markt. Es bleibt nun insgesamt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen über Einzelabkommen zur künftigen Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und der EU entwickeln. Diese werden letztlich über die langfristigen wirtschaftlichen Folgen bestimmen.—-Das Interview führte Carsten Steevens.