RWE-Aktionäre stoßen sich an Vorratsbeschlüssen
RWE-Aktionäre uneins
Vorratsbeschlüsse in der Kritik
ab Düsseldorf
Daran gemessen, dass die Hauptversammlung von RWE für gewöhnlich ein Sammelplatz für Klimaschützer und Umweltaktivisten ist, verlief das virtuelle Aktionärstreffen dieses Jahr in vergleichsweise sachlichen Bahnen. Neben der Diskussion über den Rückzug aus der Kohleverstromung – hierfür erntete der Vorstand gleichermaßen Lob und Kritik – standen auch die von RWE beantragten Vorratsbeschlüsse für Kapitalmaßnahmen (Aktienrückkauf, Schaffung bedingten und genehmigten Kapitals) im Zentrum der Debatte.
Nachdem sich RWE im vorigen Herbst mit der Bundesregierung und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen darauf verständigt hatte, bis 2030 aus der Braunkohle im Rheinischen Revier auszusteigen, sei derzeit keine weitere Beschleunigung beim Ausstieg vorgesehen, hieß es auf Nachfrage. Ingo Speich, der bei Deka den Bereich Sustainability und Corporate Governance leitet, bezeichnete die CO2-Emissionsbilanz von RWE als “kläglich” und forderte die Abspaltung der Kohleaktivitäten. Die im Koalitionsvertrag der Ampelregierung angesprochene Stiftungslösung sei im Zusammenhang mit den Gesprächen zum vorgezogenen Kohleausstieg erneut thematisiert worden, erklärte Vorstandschef Markus Krebber. Allerdings stehe für die Regierung nach wie vor die Sicherung der Versorgungssicherheit im Vordergrund. RWE sei gesprächsbereit, sobald die Politik den Dialog starten wolle, versicherte der RWE-Chef.
Uneins waren die Aktionäre auch mit Blick auf den Dividendenvorschlag. Während Vertreter der Kleinaktionärsvereine SdK und DSW sowie Hendrik Schmidt von der DWS die Ausschüttung von 0,90 Euro je Aktie als zu gering monierten, beantragten die Vertreter des Dachverbands der kritischen Aktionäre, auf die Dividendenzahlung zu verzichten. Das Geld solle stattdessen den Kohlerückstellungen zugeführt werden. Außerdem sprach sich der Dachverband gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat aus.
Gegenantrag von Enkraft Capital
Wie der Aufsichtsratsvorsitzende Werner Brandt ausführte, werden Erhard Schipporeit, Hans-Peter Keitel und Ulrich Sierau, deren Mandate 2024 auslaufen, nicht mehr für den Aufsichtsrat kandidieren. Der Nominierungsausschuss beschäftige sich bereits mit der Nachbesetzung. Sollte der neue Großaktionär Qatar Investment Authority einen Wahlvorschlag unterbreiten, werde dieser geprüft. Ob er selbst 2025 noch einmal kandidiere, ließ Brandt derweil offen. “Wir werden uns rechtzeitig mit dem Thema auseinandersetzen”, versprach der Oberkontrolleur.
Ein Gegenantrag von Enkraft Capital richtete sich gegen die von der Verwaltung beantragte Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- und/oder Optionsanleihen. Zwar unterstützt der Investor nach eigenen Angaben grundsätzlich Maßnahmen für eine angemessene Kapitalausstattung, um die “Growing Green”-Strategie zu realisieren. Allerdings forderte Enkraft ein Bezugsrecht für die Bestandsaktionäre ein. Auch Henrik Pontzen, Leiter Nachhaltigkeit/ESG bei Union Investment, kündigte an, gegen den betreffenden Tagesordnungspunkt sowie gegen die Ermächtigung zur Schaffung eines genehmigten Kapitals zu stimmen. Der Grund: Der Umfang der Maßnahmen überschreite die Grenzen der festgelegten Abstimmungsrichtlinien.
Speich kündigte an, den beiden Tagesordnungspunkten zuzustimmen, um die Transformation zu unterstützen, sprach in diesem Zusammenhang jedoch von einem Vertrauensvorschuss. Er wandte sich allerdings gegen die Ermächtigung zum Aktienrückkauf, die RWE erneuern ließ. Finanzvorstand Michael Müller sagte, dass es keine konkreten Vorhaben zur Nutzung der Kapitalermächtigungen gebe.
Im Abstimmungsergebnis kamen die unterschiedlichen Sichtweisen allerdings nicht zum Ausdruck. Alle elf Tagesordnungspunkte wurden mit überwältigender Mehrheit angenommen. Selbst die in der Debatte umstrittene Satzungsänderung, um die Hauptversammlung auch künftig im virtuellen Format durchführen zu können, wurde mit 87,2% der Stimmen bei einer Präsenz von 67,76% des Grundkapitals angenommen.