RWE-Chef erwärmt sich für Industriestrompreis
RWE-Chef für Industriestrompreis
Aber nicht nach dem Gießkannenprinzip – Kritik an Brüssel
ab Düsseldorf
Um Deutschland und Europa vor der weiteren Deindustrialisierung zu schützen, hält RWE-Chef Markus Krebber die Einführung eines Industriestrompreises für richtig. Damit entfacht der Energiemanager eine fast tot geglaubte Debatte aufs Neue. Ähnlich wie Japan und Korea leide die hiesige energieintensive Industrie unter den international nicht wettbewerbsfähigen Strompreisen. Um diesen Nachteil abzumildern, brauche die Industrie Unterstützung beim Strompreis, sagte Krebber vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung.
Zwar sei mit dem Wegfall der Netzentgelte und der Reduzierung der Stromsteuern für einen begrenzten Berechtigtenkreis schon viel erreicht worden. Doch müsse das Konzept auf andere Industrien, beispielsweise die Chemieindustrie, ausgeweitet werden. Zudem benötigten die energieintensiven Industrien langfristig Sicherheit. „Am Ende werden wir nur glücklich sein, wenn es der Industrie gut geht“, sagte Krebber. Zugleich warnte der RWE-Chef davor, Subventionen „mit der Gießkanne“ auszuschütten, räumte jedoch ein, dass das politisch ein schwieriger Prozess sei.
Gestiegene Investitionskosten
Dass die Strompreise absehbar sinken, glaubt der RWE-Chef nicht. Dagegen sprächen die inflationsbedingten Kostensteigerungen samt gestiegener Zinsen. Das erhöhe die Investitionskosten. Hinzu kämen „signifikant steigende Netzkosten“. Auch RWE habe die Investitionsplanung an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst. „Investitionen, die sich lohnen, machen wir. Der Engpass sind verlässliche Rahmenbedingungen“, sagte Krebber.
Die neue Bundesregierung schlägt nach Krebbers Einschätzung mit dem Fokus auf Versorgungssicherheit und industrielle Wettbewerbsfähigkeit den richtigen energiepolitischen Kurs ein. Allerdings dränge die Zeit für den Bau von Reservekraftwerken. Wie bei der Vorgängerregierung „hängen die Gespräche in der Abstimmung mit Brüssel fest“. Der Green Industrial Deal sei das richtige Konzept – „wir warten auf Handlung“, verdeutlichte Krebber.
Kein Abschreibungsbedarf
Die Energiewirtschaft plädiert seit langem für einen zentralen, technologieoffenen Kapazitätsmarkt. Dessen Implementierung brauche aber Zeit. Daher müsse der Bau einiger Gaskraftwerke vorgezogen werden, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sagte Krebber. Sollte es zu weiteren Verzögerungen kommen, sei der Aufbau von Reservekapazitäten bis 2030 nicht mehr möglich.
Während Brüssel darauf beharre, dass die neuen Kraftwerke zum Stichtag X auf grünen Wasserstoff umgestellt werden, „macht das den Zubau wahnsinnig teuer“. Dabei gebe es mit dem Zertifikatehandel ein bewährtes Konzept, um den gewünschten Dekarbonisierungspfad zu beschreiten. Darüber hinaus brauche es keine Vorschriften zur CO2-Einsparung.
Doch nicht nur in Deutschland mangelt es an Verlässlichkeit. Erst Anfang der Woche hat die US-Regierung mit dem Baustopp für einen Offshore-Windpark der dänischen Orsted ein Exempel statuiert. Krebber sprach von einem „massiven Vertrauensbruch“. Für das eigene US-Geschäft habe das aber keine Folgen. Zwar haben auch die Essener ihr Offshore-Geschäft in den USA auf Eis gelegt, Abschreibungsbedarf gebe es jedoch keinen. „Wir warten auf die nächste (US-)Regierung.“ Zur Not werde das juristisch geklärt.