RWE fordert Staatshilfe für Kraftwerke

Vorstandschef Schmitz: Kapazitätsmarkt ist "nicht teurer, aber sicherer" - Kosten werden auf jährlich 2 Mrd. Euro geschätzt

RWE fordert Staatshilfe für Kraftwerke

Für die Energiewende werden konventionelle Kraftwerke gebraucht. Sie gleichen die schwankende Ökostromerzeugung aus. Dieses Back-up will RWE liefern, fordert dafür aber eine staatliche Entlohnung. Ein solcher “Kapazitätsmarkt” würde 2 Mrd. Euro im Jahr kosten, schätzt Vorstandschef Rolf Martin Schmitz.cru Düsseldorf – RWE setzt für die Zukunft voll auf das Geschäftsmodell, die kontinuierliche Stromversorgung mit konventionellen Kraftwerken abzusichern – und fordert dafür eine staatlich abgesicherte Vergütung, einen sogenannten Kapazitätsmarkt. “Das ist nicht teurer als andere Lösungen, aber dafür sicherer”, sagte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung in Düsseldorf. Die jährlichen Kosten für einen Kapazitätsmarkt – den der ehemalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als “Hartz IV für Kraftwerke” abgelehnt hatte – beziffert der Manager auf jährlich rund 2 Mrd. Euro.Mit diesem Geld würden die Betreiber konventioneller Kraftwerke dafür entlohnt, dass sie Kapazitäten bereithalten, obwohl die Kraftwerke wegen der Energiewende kaum noch Gewinn abwerfen. Das Problem: Die Kraftwerksreserven werden für die Stabilität des Stromnetzes benötigt, um die schwankende Ökostromeinspeisung an Tagen auszugleichen, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Meist geschieht das im Winter und wird als “Dunkelflaute” bezeichnet.Kapazitätsmärkte gibt es bereits in Frankreich, Großbritannien und Russland. Sie funktionieren dort nach Einschätzung von RWE-Chef Schmitz gut. In Deutschland dagegen hat sich die Bundesregierung bisher für eine andere Lösung entschieden: An Tagen mit knapper Stromversorgung sollen extreme Preisspitzen zugelassen werden. Das Bundeskartellamt bereitet gerade einen Leitfaden vor, um die genauen Konditionen zu regeln. Flankierend dazu sorgt die Bundesnetzagentur mit Eingriffen in den Strommarkt für die Netzstabilität. Zuletzt hat dies rund 1 Mrd. Euro gekostet, die ausgegeben werden, um die Kraftwerksbetreiber zu entschädigen. Mehr Notreserve nötigIn Deutschland müssen zudem im nächsten Winter 2017/18 deutlich mehr Kraftwerke als Notreserve für eine sichere Stromversorgung bereitgehalten werden. Der Bedarf werde dann bei 10 400 Gigawatt liegen und damit fast doppelt so hoch sein wie zuletzt, kündigte der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, an. Zum Vergleich: Die gesamte konventionelle Kapazität liegt bei etwa 80 Gigawatt.RWE-Chef Schmitz kritisierte das – als Alternative zu einem Kapazitätsmarkt geplante – Preisspitzenmodell. “Das wird nicht dazu führen, dass in Kraftwerke investiert wird.” Dafür seien die Einnahmen aus Preisspitzen zu unberechenbar. Damit lasse sich keine Finanzierung neuer, flexibler Kraftwerke darstellen. Banken und Investoren wollten mehr Sicherheit haben.Es sei gefährlich, auf Engpässe zu warten – “und die wird es schon sehr bald geben”, warnte Schmitz. Deutschland sei als Industrienation stark abhängig von einer jederzeit sicheren Stromversorgung. Die Kraftwerksbetreiber hätten jedoch immer mehr unrentable Anlagen zur Abschaltung angemeldet. Außerdem werde mit dem Ende der Atomkraftwerke im Jahr 2022 eine größere Menge an Kapazität aus dem Markt genommen. Die Knappheit, die in wenigen Jahren eintreten werde, sei schon jetzt absehbar. Bis 2022 gingen 30 Gigawatt aus dem Markt.Trotz der derzeit unrentablen konventionellen Kraftwerke steht RWE laut Schmitz nicht unter Druck, die Anteile an der florierenden, seit Oktober börsennotierten Stromverteilnetztochter Innogy zu verkaufen. “Es gibt keine Begründung, derzeit irgendetwas zu ändern an der Beteiligungshöhe, weil wir keinen Kapitalbedarf haben”, sagte Schmitz. Die Anteile müssten gegen etwas eingetauscht werden, das besser sei als Innogy. Jede Investition müsse sich an der Rendite von Innogy messen – und dort liege die Dividendenrendite über 5 %. RWE sei mit seiner Beteiligung sehr zufrieden. RWE hält an Innogy festRWE hält 76,8 % an der Tochter. Derzeit nutze RWE die Dividende von Innogy, um die Rückstellungen für die Kernenergie zu bedienen. Für 2016 hatte RWE rund 680 Mill. Euro an Dividenden von Innogy erhalten. Schmitz schloss nicht aus, dass sich die Lage in ein paar Jahren ändern könnte. “So ist es auf längere Sicht sinnvoller ein breiter gestreutes Finanzportfolio aufzubauen, als nur auf eine Gesellschaft zu setzen, was ein vernünftiger Rentenfonds auch machen würde.”