RWE wäscht sich mit Eon-Deal grün

Europas größter Kohleverstromer wird bis 2040 klimaneutral - Mehr als die Hälfte vom Gewinn kommt ab 2020 aus den Erneuerbaren

RWE wäscht sich mit Eon-Deal grün

Erst trennte sich RWE vom Atommüll, bald folgt die Braunkohle. Von 2020 an will CEO Rolf Martin Schmitz mehr als die Hälfte des Gewinns aus Wind- und Sonnenstrom ziehen. Der Anteil der konventionellen Kraftwerke am operativen Ergebnis sinkt dann auf ein Fünftel. Bis 2040 will der Konzern klimaneutral sein.cru Essen – RWE will sich nach dem Milliarden-Deal mit Eon schrittweise von Europas größtem Kohleverstromer zum reinen Ökostromerzeuger wandeln. Als Erstes wird im März 2020 das letzte britische RWE-Kohlekraftwerk Aberthaw vom Netz gehen. Und schon bald könnten die Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Entschädigung für die Abschaltung von 3 Gigawatt Braunkohlekapazität im Rheinischen Revier bis 2022 abgeschlossen werden, wobei RWE rund 1,5 Mrd. Euro Entschädigung je Gigawatt fordert. Das kündigte Vorstandschef Rolf Martin Schmitz am Montag anlässlich der Vorstellung der strategischen Neuausrichtung in der gerade neu gebauten Konzernzentrale in Essen an. Schmitz fordert mehr Tempo bei den gesetzlichen Regelungen für den Kohleausstieg. “Mich befremdet es auch etwas, dass es länger braucht, es umzusetzen, als es zu erfinden”, sagte der Manager, der noch kürzlich die Rodung des Hambacher Waldes hart durchziehen wollte. “Das sollte vielleicht die Bundesregierung mehr beunruhigen als uns.”Für 2020 peilt RWE-Finanzchef Markus Krebber, dem 2021 Chancen als Nachfolger von Schmitz eingeräumt werden, ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von mehr als 3 Mrd. Euro an. Davon stammen rund 60 % aus den beiden Ökostromsparten von Eon und Innogy. Die Sparte von Eon hat RWE gerade am 30. September übernommen. Die Innogy-Öko-stromsparte folgt erst später – wegen der noch laufenden Herausdrängung und Abfindung der Innogy-Minderheitsaktionäre. Kohle verliert an BedeutungNur noch 20 % vom operativen RWE-Gewinn kommen künftig aus der konventionellen Stromerzeugung mit Atom, Braunkohle, Steinkohle und Gas. Jeweils 10 % steuern der Energiehandel und die Finanzbeteiligungen bei, darunter vor allem die Beteiligung an Europas größtem Stromverteiler Eon mit knapp 17 %.Zur strategischen Neuausrichtung von RWE gehört auch, den CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren drastisch zu senken. Der dreistufige CO2-Minderungsplan sieht – nach einem Rückgang um ein Drittel seit 2012 – bis 2030 eine Verringerung um 70 % vor. Bis 2040 sollen die Emissionen ganz aufhören. Die Gaskraftwerke, die RWE dann noch betreibt, sollen mit aus Ökostrom erzeugtem Wasserstoff befeuert werden. “2040 wird RWE zu 100 % klimaneutral sein”, kündigte Schmitz an. Künftig will RWE jedes Jahr 1,5 Mrd. Euro in neue Windräder und Solaranlagen stecken. Zusammen mit Finanzierungspartnern könnten es 3 Mrd. Euro sein. Geld für die Investitionen soll auch aus der Beteiligung von 17 % am bisherigen Rivalen Eon kommen, wie Finanzchef Krebber sagte. Durch die Übernahme der Ökostromsparten von Eon und der ehemaligen RWE-Tochter Innogy wird der Kohlekonzern zum weltweit zweitgrößten Meereswindparkbetreiber und zu Europas drittgrößtem Ökostromerzeuger hinter Enel und Iberdrola. Weltweit steht RWE bei grünem Strom auf Platz vier.”Wir wollen die Energiewende voranbringen. Dabei orientieren wir uns nicht an Landesgrenzen”, sagte Schmitz. Den größten Teil des Ökostromgeschäfts macht der Konzern derzeit mit Windrädern an Land in den USA. Zwei Drittel von den 9,5 Gigawatt Erneuerbaren-Kapazität des Konzerns entfallen auf Windräder an Land. Gut ein Drittel der Erneuerbaren-Kapazität befindet sich in den USA. Vor der Ostküste Englands entsteht mit Triton Knoll ein Meereswindpark mit 860 Megawatt, der 2021 in Betrieb geht. Börsenwert verdoppeltDie Dividende werde langfristig mindestens gleich bleiben, so Krebber, aber eher steigen. Der Kurs der RWE-Aktie notierte am Montag zeitweise nahezu unverändert bei 28,62 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich seit März 2017 verdoppelt auf 16,5 Mrd. Euro.Ursache für das Kursplus ist unter anderem die Vorfreude der Investoren auf hohe Entschädigungen. Im Rheinischen Revier und in der Lausitz werden schon jetzt für den Klimaschutz zwei Braunkohle-Kraftwerksblöcke abgeschaltet: Sie gehen offiziell zum 1. Oktober für vier Jahre in eine Sicherheitsbereitschaft für Notfälle. Danach werden die Anlagen endgültig stillgelegt. Die Entschädigung dafür liegt bei etwa 500 Mill. Euro je Gigawatt. Für die Braunkohlekraftwerke, die RWE jetzt abschalten soll, verlangt der Konzern dreimal so viel. – Wertberichtigt Seite 6