Salesforce greift SAP und Oracle an

US-Clouddienstleister bietet knapp 16 Mrd. Dollar für Analytiksoftware-Spezialist Tableau

Salesforce greift SAP und Oracle an

Während SAP versucht, mit milliardenschweren Zukäufen wie Qualtrics den Rückstand auf Salesforce im Geschäft mit Kundenbeziehungsmanagement-Software (CRM) zu verkürzen, greift der US-Rivale die Walldorfer in deren angestammtem Geschäft an. 16 Mrd. Dollar in Aktien will sich Salesforce den Analytikspezialisten Tableau kosten lassen.Von Sebastian Schmid, FrankfurtMietsoftwarekönig Salesforce greift tiefer denn je in die Tasche, um seine Analytiksoftware-Expertise zu erweitern. Für Tableau, einen Wettbewerber der Software-Giganten SAP und Oracle, bietet das US-Unternehmen 15,7 Mrd. Dollar in Aktien. Das entspricht dem 13-fachen Umsatz der vergangenen zwölf Monate und einem Aufschlag von 42 % auf den Schlusskurs vom Freitag. Es wäre mit Abstand der größte Zukauf, den sich das Unternehmen von Mitgründer und Co-CEO Marc Benioff bislang zugetraut hat. Erst 2018 war der Spitzenwert mit der 6,5 Mrd. Dollar schweren Akquisition von Mulesoft kräftig nach oben geschraubt worden. Benioff rechtfertigt das erneut hohe Multiple damit, dass Wettbewerber SAP zuletzt bei der Qualtrics-Übernahme ein noch höheres Multiple gezahlt habe. Die Preise seien aktuell eben einfach sehr hoch.Laut Bloomberg-Daten war zuletzt neben dem eigenen Mulesoft-Kauf und der Übernahme von Qualtrics durch SAP nur der Kauf von App Dynamics durch Cisco vor zwei Jahren noch kostspieliger bezogen auf das Umsatz-Multiple. Zudem waren die genannten Firmen auch etwas wachstumsstärker als Tableau, deren Erlösplus im ersten Quartal nur knapp 15 % betrug. Dies lag aber nicht zuletzt an der zunehmenden Präferenz der Kunden für Cloud-Verträge. Die jährlich wiederkehrenden Erlöse wuchsen daher zuletzt um 41 % auf rund 900 Mill. Dollar. Unter dem Strich verdoppelte sich der Quartalsverlust von Tableau auf knapp 90 Mill. Dollar. Seit 2014, dem ersten Jahr nach dem Börsengang, hat Tableau nie wieder schwarze Zahlen geschrieben.Mit Tableau greift Salesforce den Rivalen SAP im Analytikgeschäft direkt an. Die 2003 gegründete Tableau Software ist im Schatten großer Unternehmenssoftwarehäuser selbst zu einem Konzern herangewachsen, der 2018 erstmals die Umsatzmilliarde knacken konnte. Dabei setzt auch eine Teil der SAP-Kunden auf Tableaus Datenvisualisierungstools, anstatt etwa SAP Lumira zu verwenden – das Datenvisualisierungstool von SAP. Neben Europas größtem Software-Konzern zählt Tableau im Geschäftsbericht Amazon, Google, IBM, Microsoft, Oracle und die neue Muttergesellschaft Salesforce zu ihren Konkurrenten. Mit Lizenzgeschäft Anders als der rein auf das Cloud-Vertriebsmodell fokussierte Mietsoftware-Pionier Salesforce verfügt Tableau wie SAP auch über ein bedeutendes Software-Lizenzgeschäft. Das andere Geschäftsmodell und die Verbindung zu vielen Kunden von Wettbewerbern wie SAP oder Oracle dürften dazu beigetragen haben, dass Salesforce-Chef Benioff CEO Adam Selipsky bei Tableau auch nach der Übernahme am Ruder lassen will. Selipsky führt das vor sechs Jahren an die Börse gekommene Unternehmen seit 2016 und verantwortete zuvor beim Onlinehändler Amazon den rasanten Aufstieg von dessen Cloud-Tochter AWS mit. In den USA zählt Netflix, in Deutschland die Lufthansa zu den prominenteren Kunden von Tableau. Ein paar Tage zuvor hatte Google mit Looker ebenfalls ein Analytiksoftware-Unternehmen übernommen. Allerdings kostete dieses mit 2,6 Mrd. Dollar deutlich weniger.Die Tableau-Übernahme unterstreicht den Anspruch von Salesforce, sich von einer auf Software zum Management von Kundenbeziehungen (CRM) ausgerichteten Gesellschaft hin zu einem breiter aufgestellten Unternehmens-IT-Dienstleister zu entwickeln. Sanford-Bernstein-Analyst Zane Chrane zufolge stellt die Übernahme aber auch ein implizites Eingeständnis dar, dass die selbst entwickelten Analysesoftware-Produkte gefloppt seien. Auch SAP hatte 2018 im CRM-Geschäft kräftig zugekauft, nachdem eigene Initiativen nicht die gewünschten Resultate gezeitigt hatten.Während die SAP-Aktie am Dienstag leicht fester nahe dem Rekordhoch notierte, rutschte Salesforce 7 % unter den Freitagsschlusskurs.