Sartorius verschreckt Anleger mit erneuter Gewinnwarnung
Sartorius vergrault Anleger
Zweite Gewinnwarnung seit Juni – Lagerbestandsabbau bei Kunden dauert an – Mittelfristziele vor Aktualisierung
Sartorius hat Anleger mit einer zweiten Gewinnwarnung in diesem Jahr sowie mit der Rücknahme der Mittelfristziele verschreckt. Die Aktie des Life-Science-Konzerns fiel am Freitag um bis zu 15%. Der Lagerbestandsabbau bei Kunden dauert nach dem Pandemieende länger als gedacht, die Nachfrage erholt sich nur zögerlich.
ste Hamburg
Der Biopharmazulieferer und Laborausrüster Sartorius hat Anleger am Freitag mit einer am Vorabend veröffentlichten Gewinnwarnung – der zweiten in diesem Jahr – in die Flucht geschlagen. Die Vorzugsaktie des Göttinger Dax-Konzerns sackte in der Spitze um 15,2% auf 272,50 Euro ab, den niedrigsten Stand seit Anfang Mai 2020. Im Tagesverlauf wurde ein Teil der Verluste aufgeholt, doch nach einem Rückgang um knapp 38% im vergangenen Jahr liegt das Papier 2023 erneut mit bislang fast 25% im Minus.
Sartorius rechnet für das laufende Jahr nur noch mit einer um Sondereffekte bereinigten operativen Rendite (Ebitda-Marge) von etwas über 28 (i.V. 33,8)%. Im Juni hatte das Unternehmen die Vorgabe bereits auf rund 30% gesenkt. Ursprünglich war eine Marge in etwa auf dem Niveau des Vorjahres avisiert worden. Die neue Prognose beruht auf einem nochmals stärkeren Umsatzrückgang als zunächst erwartet. So sollen die 2022 wechselkursbereinigt um 15% und nominal um 21% auf 4,17 Mrd. Euro gestiegenen Erlöse im laufenden Turnus um etwa 17% geringer ausfallen. Im Juni war auf Basis konstanter Wechselkurse ein Rückgang im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich in Aussicht gestellt worden, nachdem Sartorius für 2023 zu Jahresbeginn von einer Erlössteigerung im unteren einstelligen Prozentbereich ausgegangen war. Akquisitionen sollen im laufenden Geschäftsjahr nach wie vor mit rund 2 Prozentpunkten zum Umsatz beitragen.
Dem Life-Science-Konzern, der im Verlauf der Coronakrise von einer Sonderkonjunktur profitiert hatte, macht nach dem Pandemieende ein Lagerbestandsabbau bei Kunden zu schaffen, der länger andauert als gedacht. Dass nach Vorlage vorläufiger Zahlen der Umsatz der Kernsparte Bioprocess Solutions (BPS) in den ersten neun Monaten 2023 um wechselkursbereinigt 18% und nominal um 19% auf 2,47 Mrd. Euro sank, lag Unternehmensangaben zufolge ferner an einem relativ niedrigen Produktionsniveau bei einigen Kunden. Als weitere Ursachen für den Rückgang werden das entfallende Russlandgeschäft sowie eine gedämpfte Investitionstätigkeit bei einigen Kunden vor allem in China und den USA genannt. Das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen fiel in der BPS-Sparte aufgrund von geringeren Erlösen und Produktmixeffekten auf 592 Mill. Euro, die Ebitda-Marge landete bei rund 30 (i.V. 35,7)%.
Nachfrageerholung zögerlich
Seit Mitte des Jahres sei die Erholung der Nachfrage zwar sichtbar, entwickle sich jedoch nur zögerlich, so Sartorius zu den kurzfristigen Perspektiven der BPS-Sparte. Für 2023 wird im Kernsegment mittlerweile ein Umsatzrückgang von etwa 18% erwartet, ohne Berücksichtigung des Coronageschäfts von rund 13%. Die bereinigte BPS-Ebitda-Marge soll anstatt bei rund 31% bei etwas über 29% landen. Für die kleinere Laborsparte sollen es etwas über 25 (i.V. 26,2)% werden.
Sartorius unterstrich in der Mitteilung seinen „grundsätzlich positiven mittel- und langfristigen Marktausblick“, man sehe sich „unverändert in einer starken Wettbewerbsposition“. Gleichwohl stellte das Unternehmen seine im Juni noch bekräftigten Mittelfristziele in Frage, die bislang für 2025 einen Konzernumsatz von 5,5 Mrd. Euro sowie eine bereinigte Ebitda-Marge von rund 34% vorgesehen hatten. Die Mittelfristziele würden aktuell überprüft, so Sartorius. Mit der Vorlage der Gesamtjahreszahlen 2023 im Januar will das Unternehmen sowohl eine Prognose für das kommende Geschäftsjahr nennen als auch einen aktualisierten Mittelfristausblick geben.
Die Privatbank Berenberg meinte, die Rücknahme der mittelfristigen Ziele, der im Januar möglicherweise eine erhebliche Herabstufung folgen könne, sei im Aktienkurs bereits eingepreist. Die Marktgrundlagen blieben abgesehen von China, wo der Druck 2024 nachlassen könne, intakt. Die Bank rät bei einem Kursziel von aktuell 380 Euro weiterhin zum Kauf der Sartorius-Aktie. Die französische Großbank Société Générale setzte ihre Anlageempfehlung ebenso wie Warburg Research von „Kaufen“ auf „Halten“ zurück. Barclays („Equal Weight“), UBS („Buy“), J.P. Morgan („Overweight“) ließen ihre jeweiligen Einstufungen unverändert.