Sensorhersteller zieht Fühler zurück
wb Frankfurt – M&A gehört für die österreichische, in der Schweiz börsennotierte AMS zum Geschäft – ebenso wie Gewinnwarnungen in dem volatilen Geschäft oder auch das Übertreffen der eigenen Prognose. Ob die frühere Austriamicrosystems – daher der Name – für 220 Mill. Dollar in Texas Taos kaufte, 2016 Heptagon für 850 Mill. Dollar akquirierte oder 2014 eine “Fusion unter Gleichen” im Volumen von 3,4 Mrd. Euro mit dem Rivalen Dialog Semiconductor ansteuerte, die allerdings nach einer immerhin vierwöchigen Phase der Verhandlungen scheiterte.Im Fall von Osram ging es wesentlich schneller, nur knapp sechs Stunden nachdem der von den Finanzinvestoren Bain und Carlyle umworbene MDax-Konzern vorgeprescht war und das Interesse aus Österreich publik gemacht hatte, war das M&A-Licht schon wieder erloschen. Gelesen, gelacht, gelocht? Es ist ein rekordverdächtig kurzer Versuch, der eher unter die Rubrik Kurioses fällt. AMS begründet den Rückzieher nicht mit Problemen der Finanzierung, sondern damit, dass “potenzielle Gelegenheiten strategisch überzeugend und nachweislich wertsteigernd sein (müssen), damit AMS erwägen würde, eine M&A-Transaktion zu verfolgen”. Dies sei im Falle Osram nicht gegeben. Mit ihrem raschen Rückzug begeben sich die Österreicher der Möglichkeit, tiefer in die Osram-Bücher zu schauen.Doch AMS ist jetzt im Übernahmespiel, so dass sich ein Blick auf das Geschäft lohnt. Das von CEO Alexander Everke (seit 2016 CEO, zuvor Infineon und NXP) und Finanzchef Michael Wachsler-Markowitsch geführte Unternehmen aus Premstätten in der Steiermark entwickelt und produziert analoge integrierte Schaltkreisen und anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASICs). Es geht um Anwendungen in Sensoren und Sensorschnittstellen, Power Management und Wireless. Das Unternehmen entwickelt analoge integrierte Schaltkreise für Kunden in den Märkten Consumer – steht für 76 % des Volumens -, Industrie, Medizintechnik und Auto. Die rund 10 000 Beschäftigten sind in 10 Design-Centern in Forschung und Entwicklung tätig beziehungsweise produzieren in Österreich und Singapur für rund 8 000 Kunden.Der Börsenwert liegt nach dem gestrigen leichten Abschlag bei 3,4 Mrd. Euro. Die Aktie notiert bei 40,40 sfr gegenüber noch 114 sfr im März 2018. Etwa 92 % des Kapitals liegen im Streubesitz, 8 % halten das Management und ehemalige Taos-Eigner. Austriamicrosystems war 1993 von Voestalpine als erstes Halbleiterunternehmen Europas an die Wiener Börse gebracht worden. Sieben Jahre darauf wurde sie von Schroders Ventures, dem Vorgänger von Permira, übernommen und von dem Finanzinvestor 2004 an die Schweizer Börse gebracht. Zuletzt waren Pläne für eine Notiz in Hongkong zu den Akten gelegt worden. Begründet wurde dies neben dem volatilen Markt damit, dass AMS keinen zusätzlichen Kapitalbedarf habe.Im abgelaufenen Jahr steigerte AMS den Umsatz um ein Drittel auf 1,4 Mrd. Euro bei einer Bruttogewinnmarge von 27 (i. V. 39) %. Nach den um 12 % auf gut 230 Mill. Euro erhöhten F&E-Aufwendungen wurden vor Steuern und Zinsen 128 Mill. Euro (minus 24 %) verdient. Netto blieben mit 11 Mill. Euro 92 % weniger als 2017 hängen. Im ersten Quartal 2019 rutschte die jetzt in Dollar abrechnende AMS in die Verlustzone. Die Nettoschulden standen Ende März bei 1,4 Mrd. Dollar.