IM INTERVIEW: DIRK K. MARTIN

Serviceware drängt ins Ausland

Der CEO des IPO-Kandidaten will mit dem inhabergeführten Softwarehaus in Europa expandieren

Serviceware drängt ins Ausland

Die Serviceware SE aus Bad Camberg will in Kürze bei ihrem IPO mit einer Kapitalerhöhung rund 60 Mill. Euro einnehmen. CEO Dirk K. Martin spricht im Interview der Börsen-Zeitung über die Positionierung des Softwarehauses aus dem Hintertaunus.- Herr Martin, Serviceware beschreibt sich selbst als “führenden Anbieter von Softwarelösungen für den Enterprise Service Management Markt”. Damit gewinnen Sie jedes Bullshit-Bingo. Bitte in zwei verständlichen Sätzen für den eiligen Investor: Was macht Ihre Firma?Unsere Software hilft Unternehmen dabei, Serviceprozesse auf einer einheitlichen Plattform digitalisiert zu managen und schneller und effizienter zu machen. Konkret geht es darum, die Servicequalität zu verbessern und die Kosten so zu steuern, dass man mit Services Geld verdienen kann.- Machen Sie bitte ein Beispiel.Wenn zum Beispiel im Facility Management eine Anfrage von einem Mieter kommt, weil etwa Schimmel an der Wand ist, soll das Problem in 48 Stunden gelöst sein, inklusive Dokumentation. Heute laufen solche Prozesse meist über Papier oder Excel. Wir bieten dafür einen durchgängigen, digitalen, kostentransparenten Prozess an.- Wer sind Ihre größten Kunden?Wir haben mehr als 500 Kunden in Deutschland und dem übrigen Europa, darunter vier der sieben größten deutschen Industrieunternehmen sowie neun Kunden, die im Dax sind.- Der Umsatz im Jahr 2016/17 betrug nach Ihren Angaben 44,3 Mill. Euro, das Betriebsergebnis (Ebit) lag bei 5,6 Mill. Euro. Wann sind Sie bei 100 Mill. Euro Umsatz und über 10 Mill. Euro im Ebit?Wir sind in der Vergangenheit über 20 Jahre lang jedes Jahr profitabel gewachsen und wollen auch weiterhin überdurchschnittlich wachsen. Deshalb gehen wir an die Börse.- Wer sind Ihre Konkurrenten?Die US-Konzerne Servicenow und Apptio, die beide börsennotiert sind, sind teilweise in einem ähnlichen Markt unterwegs. Wir bieten als einziges Unternehmen Servicemanagement und Financial Management in einer Plattform an.- Der Erlös aus dem Börsengang soll unter anderem zur Finanzierung des Wachstums durch M & A verwendet werden. Wie viel der IPO-Erlöse wollen Sie in Zukäufe stecken, und welche Art von Unternehmen schauen Sie sich dabei an? Der größte Teil der Kapitalerhöhung soll für Akquisitionen verwendet werden. Wir schauen in drei Bereichen: IT-Service, Kundenservice und Non-IT-Shared-Service, also Personalwesen, Facility Management und Finanzwesen.- Wieso wird Serviceware nicht im Börsensegment Scale gelistet sein? Wir fühlen uns im Prime Standard wohler, zumal wir nicht nur nationale, sondern auch internationale Investoren anstreben.- An börsennotierten Unternehmen und an Neuemissionen herrscht wahrlich kein Mangel. Wieso muss ein Investor Ihrer Ansicht nach Serviceware im Portfolio haben?Am internationalen IT-Markt haben große Softwareunternehmen ihren Platz, und wir bieten dem Anleger die Möglichkeit, hier zu investieren. Wir streben als komplett eigentümergeführtes deutsches Softwareunternehmen die europäische Marktführerschaft an.- Zusammen mit dem Mitgründer Harald Popp halten Sie vor dem IPO 97 % der Aktien. Wie wird Ihre Beteiligung nach dem IPO aussehen und wie in zehn Jahren?Wir haben das Unternehmen vor 20 Jahren gegründet, und beide Gründer hängen mit extremem Herzblut an dem Unternehmen, so dass wir weiterhin die Mehrheit halten werden. Das gilt sowohl jetzt als auch in Zukunft. – Sie haben 20 Jahre lang darauf verzichten können, dass Ihnen externe Investoren in Ihre Pläne hineinreden. Mit dem IPO geben Sie diese Unabhängigkeit auf. Fällt das schwer?Nein, das ist eine sehr bewusste Entscheidung. Wir sehen viele positive Effekte durch die Anregungen der Investoren. Wir schlagen mit dem IPO ein neues Kapitel auf. Als meinem Mitgründer und mir vor 20 Jahren während des Wirtschaftsingenieurstudiums auf einer Bank im Central Park in New York die Idee zur Gründung unseres Unternehmens kam, hätten wir nicht gedacht, dass wir einmal mehr als 280 Beschäftigte haben würden und eine internationale Expansion anstreben.—-Das Interview führte Daniel Schauber.