EU-FUSIONSKONTROLLE STOPPT DEUTSCHE KONZERNE

Siemens-Alstom-Ehe untersagt

Brüssel gibt Unternehmen Schuld am Scheitern und sieht keine Gefahr durch Wettbewerber aus China

Siemens-Alstom-Ehe untersagt

Die EU-Kommission hat wie erwartet die Zugfusion von Siemens und Alstom untersagt. Diese hätte nach Ansicht Brüssels zu großen Wettbewerbsproblemen auf den Märkten für Signalanlagen und Höchstgeschwindigkeitszüge geführt. Die Konzerne seien nicht bereit gewesen, die Bedenken auszuräumen, hieß es.ahe Brüssel – Der von Siemens angestrebte Zusammenschluss mit dem französischen Wettbewerber Alstom ist gescheitert. Die EU-Wettbewerbsbehörde untersagte die Transaktion, weil sie durch den Zusammenschluss höhere Preise für Signalanlagen und für die nächsten Generationen von Höchstgeschwindigkeitszügen sowie weniger Auswahl für Kunden und insgesamt geringere Innovationen erwartet. Nach Ansicht von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hätte die Fusion dennoch gelingen können, aber keines der Unternehmen habe angemessene Abhilfemaßnahmen angeboten, um die Probleme zu lösen.Die von Siemens und Alstom gemachten Zugeständnisse, die zuletzt vor zwei Wochen noch einmal aktualisiert worden waren, waren nach Angaben von Vestager nicht mit strukturellen Veräußerungen vergleichbar gewesen, wie es sie in früheren Fusionsfällen gegeben hatte – wie etwa bei der Übernahme des Solvay-Nylongeschäfts durch BASF, im Linde-Praxair-Fall, bei Bayer/Monsanto oder auch bei der Übernahme der Stromerzeugungs- und Übertragungsanlagen von Alstom durch den GE-Konzern.Im Bereich der Eisenbahn-Signalanlagen hatten Siemens und Alstom dagegen eine komplexe Transaktion von Vermögenswerten vorgeschlagen, bei der einige Assets ganz oder teilweise übertragen und andere lizenziert oder kopiert werden sollten. Die Käufer der Assets wären dann aber weiter von dem fusionierten neuen Konzern abhängig gewesen. Und im Bereich der Höchstgeschwindigkeitszüge boten die Konzerne nur an, einen nicht zu diesem Segment gehörenden Zug oder alternativ eine Lizenz zu veräußern. Mit Airbus nicht vergleichbarVestager verwies bei der Vorstellung ihrer Entscheidung gestern in Brüssel darauf, dass die angebotenen Abhilfemaßnahmen durch Markttests überprüft worden seien, das Feedback der Marktteilnehmer aber äußerst negativ gewesen sei. Bereits während der Untersuchung habe es Beschwerden von Kunden, Wettbewerbern, Industrieverbänden und Gewerkschaften gegen die Fusion gegeben.Die Gefahr, dass Siemens und Alstom jetzt im globalen Wettbewerb – vor allem mit dem chinesischen Konkurrenten CRRC – ins Hintertreffen geraten werden, sieht die EU-Wettbewerbsbehörde nicht. 90 % des Geschäfts von CRRC würden in China getätigt, so Vestager. Außerhalb des Landes habe das Unternehmen bislang wenig Erfolg gehabt, auch wenn es deutlich größer sei als die Zugsparten von Siemens und Alstom zusammen. Im Bereich der Signalanlagen hätten es chinesische Unternehmen bislang noch nicht einmal versucht, an einer Ausschreibung in Europa teilzunehmen. Es werde wohl noch “sehr lange” dauern, bis sie sich als glaubwürdiger Anbieter etablieren könnten. Und auch im Bereich der Höchstgeschwindigkeitszüge halte es die EU-Kommission für “höchst unwahrscheinlich”, dass neue Wettbewerber aus China in absehbarer Zukunft Druck auf Siemens und Alstom ausüben könnten. Zudem sei das Kartellrecht beim Schutz europäischer Unternehmen im globalen Wettbewerb nicht unbedingt das richtige Instrument, betonte Vestager in Brüssel.Auch einen Vergleich mit Airbus wollte sie nicht zulassen: Der Airbus-Zusammenschluss habe den Wettbewerb im Flugzeugbau verstärkt – Siemens/Alstom würde den Wettbewerb im Schienenverkehrssektor dagegen verringern, sagte sie. “Anstatt zwei europäischer Champions hätten wir nach der Fusion nur noch einen.”In den vergangenen zehn Jahren hatte die EU-Kommission mehr als 3 000 in Brüssel angemeldete Fusionen erlaubt, wenn auch zum Teil erst nach Zugeständnissen der Unternehmen. Lediglich sieben waren untersagt worden. Mit Siemens/Alstom und Wieland/Aurubis (siehe unten) sind es jetzt neun Fälle.Die Entscheidungen stützten sich auf die EU-Kartellregeln und auf gründliche Untersuchungen, wies Vestager Kritik an ihrer Arbeit zurück. Im Fall Siemens/Alstom seien unter anderem 800 000 Dokumente durchgearbeitet worden.