Siemens spart 1 Mrd. Euro weniger als angekündigt

Medizintechnik mit höchstem Ergebnisbeitrag im vergangenen Geschäftsjahr - Konzern verfehlt Ziele

Siemens spart 1 Mrd. Euro weniger als angekündigt

mic Berlin – Der neue Siemens-Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser hat dem vergangenen Geschäftsjahr 2012/13 (30. September) die Note “insgesamt befriedigend” verliehen. Die Ergebnisse seien der versöhnliche Abschluss eines schwierigen Jahres. Jedoch sei Siemens mit einem Nettogewinn aus fortgeführten Aktivitäten von 4,2 Mrd. Euro deutlich unter der anfänglichen Prognose von 4,5 Mrd. bis 5,0 Mrd. Euro geblieben: “Wir müssen und können noch besser werden.”Tatsächlich ist der Turnus, der von Siemens einst als “Übergangsjahr” angekündigt wurde, durch das Verfehlen einer ganzen Reihe von Zielsetzungen geprägt. Siemens schrumpfte um 2 %, während die Wettbewerber ihren Umsatz um 1,6 % steigerten. Eigentlich wollen die Münchner mindestens im Tempo der Konkurrenz expandieren. Die Kapitaleffizienz bleibt mit 13,8 % unter dem angepeilten Korridor von 15 % bis 20 %. Zudem verfehlte die Hälfte der Sektoren ihre Ebitda-Ziele: Energie landete mit 9,9 % marginal unter der Bandbreite von 10 bis 15 %, Infrastruktur & Städte (I & C) hat mit 3,7 % noch einen weiten Weg zu den angepeilten 8 bis 12 % vor sich.Allerdings resultieren die Zielverfehlungen teils aus dem Restrukturierungsprogramm. Die Konzernspitze packte so viele Belastungen ins vierte Quartal, dass die kompletten Umbaukosten von 1,3 Mrd. Euro bereits im abgelaufenen Jahr verbucht wurden. Allerdings fallen die Einsparungen viel niedriger aus als angekündigt. Um Fehlschläge bei Projekten durch zu starke Kostensenkungen zu vermeiden, würden nun 5,2 bis 5,4 Mrd. Euro angepeilt, sagte Kaeser im Gespräch mit Analysten. Schon im August war die Vorgabe von 6,3 auf 5,7 Mrd. Euro gesenkt worden.Den größten Brocken des Umbauprogramms schulterte I & C mit 468 Mill. Euro. Dicht folgt der Sektor Industrie mit 424 Mill. Euro. Die Energie-Aktivitäten beanspruchten 301 Mill. Euro. Die Medizintechnik, deren Effizienzmaßnahmen länger liefen, ist nur mit 84 Mill. Euro dabei.Siemens musste nicht nur den Umbau verdauen, sondern auch wieder fehlgeschlagene Projekte finanzieren. Finanzvorstand Ralf Thomas erklärte, mit 900 Mill. Euro liege der Betrag um 200 Mill. höher als der mittelfristige Durchschnitt. Allein im vierten Quartal kostete die Netzanbindung von Offshore-Windparks weitere 37 Mill. Euro. Das Segment Metallurgie verbuchte in zwei Projekten 52 Mill. Euro.Fünf weitere Entwicklungen prägen das Geschäftsjahr. Erstens stieg der Auftragseingang auf vergleichbarer Basis um 10 %. Dies ist mit Ausnahme des Nach-Krisen-Ausreißers 2010/11 der höchste Anstieg seit dem Boomjahr 2007/08. Kaeser dämpfte die Hoffnung auf eine konjunkturelle Erholung allerdings mit dem Hinweis, großteils sei dies auf langfristige Großaufträge zurückzuführen. Zweitens macht der starke Euro auch Siemens zu schaffen. Im vierten Quartal drehte er ein Umsatzplus von 3 % in einen Rückgang von 1 % in absoluten Zahlen. Drittens gelingt Siemens kein Turnaround bei der Bruttomarge. Sie sank von 28,4 % auf 27,4 %; im traditionell schwachen vierten Quartal betrug sie nur noch 26,1 %.In der Analyse der einzelnen Aktivitäten fällt – viertens – insbesondere der Erfolg der Medizintechnik auf. Dem umsatzschwächsten Sektor gelang das Kunststück, mit 2,0 Mrd. Euro das höchste Ergebnis des Quartetts am Wittelsbacher Platz abzuliefern. Offenbar kommt auch das Problemkind Diagnostikgeschäft in die Spur. Im vierten Quartal beispielsweise hätte die bereinigte Marge 14,1 % betragen (berichtet 8 %).Eine historische Marke stellt – fünftens – der Positiv-Swing bei den nicht fortgeführten Aktivitäten dar. Sie erwirtschafteten einen Gewinn von 197 Mill. Euro. Dies sind die ersten schwarzen Zahlen seit dem Geschäftsjahr 2008/09. Im Vorjahr hatte der Verlust noch 360 Mill. Euro betragen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass die Konzentration von Siemens auf die Kernaktivitäten – vorerst – erfolgreich abgeschlossen ist.