Zahlungsunfähig

Signa Holding stellt Insolvenzantrag

Die Immobilien- und Einzelhandels-Holding Signa des österreichischen Unternehmers René Benko ist zahlungsunfähig und strebt ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an.

Signa Holding stellt Insolvenzantrag

Signa Holding stellt Insolvenzantrag

Handelsgericht Wien billigt Sanierung in Eigenverwaltung – Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs angestrebt

hek Frankfurt

Die Versuche, die schwer angeschlagene Signa-Gruppe des österreichischen Immobilien- und Kaufhaustycoons René Benko doch noch zu retten, sind gescheitert. In wochenlangen Verhandlungen hat sich kein Geldgeber gefunden. Am Mittwoch hat die Signa Holding einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung angekündigt. Das Handelsgericht Wien hat den Antrag inzwischen genehmigt. Ziel sei eine geordnete Fortführung des operativen Geschäftsbetriebs und eine Restrukturierung der Gesellschaft, teilte Signa Holding mit.

Trotz erheblicher Bemühungen habe man die nötige Liquidität nicht sicherstellen können, die man für eine außergerichtliche Restrukturierung gebraucht hätte, erklärte das Unternehmen. Zuletzt wurde nur noch mit dem US-Hedgefonds Elliott des aktivistischen Investors Paul Singer über eine Finanzspritze verhandelt. Der kurzfristige Geldbedarf wird auf rund eine halbe Milliarde Euro veranschlagt. Signa gehören neben Prestige-Immobilien wie das Chrysler Building in New York, das Luxuskaufhaus KaDeWe in Berlin und der Elbtower in Hamburg, der Deutschlands dritthöchster Wolkenkratzer werden soll, auch die Kaufhauskette Galeria und Beteiligungen am Handelskonzern Globus und an der britischen Luxuskette Selfridges.

Einzelhandel unter Druck

Die Insolvenz hatte sich abgezeichnet. Signa begründete den Schritt damit, dass vor allem der stationäre Einzelhandel stark unter Druck geraten sei. Die Investitionen in diesem Bereich hätten nicht den erwarteten Erfolg gebracht. Im Immobilienbereich hätten sich zuletzt externe Faktoren negativ auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt. Insbesondere die rasant gestiegenen Baukosten und Zinsen machen der Gruppe mit mehr als 1.000 Einzelfirmen zu schaffen. Hinzu kommt die fehlende Transparenz. Für Außenstehende ist das Firmengestrüpp kaum zu durchdringen. Die Firmen sind nicht nur durch komplexe gesellschaftsrechtliche Verflechtungen verbunden, sondern auch durch finanzielle Verpflichtungen.

Brancheninsider gehen davon aus, dass weitere Signa-Gesellschaften in Deutschland in die Insolvenz rutschen werden. Seit Tagen würden Insolvenzanträge für Projektgesellschaften vorbereitet, die einzelne Bauvorhaben umsetzen. Diese Einheiten sind laufend auf Liquidität angewiesen, um Rechnungen von Baufirmen und Handwerkern zu bezahlen. Große Projekte wie der Elbtower stehen still.

Neuordnung der Verbindlichkeiten

Am Freitag hatte mit Signa Real Estate Management Germany die erste Immobiliengesellschaft der Gruppe Insolvenzantrag gestellt. Zuvor waren der Online-Sporthändler Signa Sports United und etliche Tochterunternehmen im vergangenen Oktober kollabiert, nachdem die Signa Holding eine Finanzierungszusage über 150 Mill. Euro stoppte.

Bei einem Verfahren in Eigenverwaltung bleibt das Management an Bord, erhält aber einen sogenannten Sanierungsverwalter an die Seite gestellt, der Managemententscheidungen und Ausgaben der Gesellschaft überwacht. Zusammen mit dem Sanierungsverwalter will Signa nun eine Neuordnung der eigenen Verbindlichkeiten erreichen und die Werthaltigkeit der Beteiligungen erhalten. Beabsichtigt sei der Abschluss eines Sanierungsplans. Signa hatte vor Wochen den Sanierungsspezialisten Arndt Geiwitz angeheuert, der aber in einer Beraterrolle blieb, statt wie angekündigt den Vorsitz des Beirats und des Gesellschafterkomitees zu übernehmen. Er soll auf eine tragfähige Finanzierung einer Restrukturierung gepocht haben.

Prominente Mitgesellschafter

Nach Schätzungen aus Branchenkreisen hat das Konglomerat Verbindlichkeiten von rund 15 Mrd. Euro angehäuft. Nach einer Studie der Investmentbank J.P. Morgan summierten sich Ende 2022 die Schulden allein in den beiden großen Immobilientöchtern Signa Prime Selection und Signa Development Selection auf 13 Mrd. Euro. Die wichtigste Immobilien-Einheit Signa Prime spricht offenbar weiter mit Investoren über dringend benötigte liquide Mittel. Bei einem Fehlschlag drohe auch bei Prime ein Insolvenzantrag, heißt es. Eine Insolvenzwelle im Signa-Imperium würde neben Benko selbst vor allem seine Mitgesellschafter treffen, darunter einige der reichsten Familien Europas wie der österreichische Baumagnat Hans Peter Haselsteiner, Beraterlegende Roland Berger, die Peugeot-Familie, die Familie Rausing (Tetra Pak) und der Schweizer Kaffeemaschinenbauer Arthur Eugster.

Auch die Fondsgesellschaft Union Investment und die RAG-Stiftung sind als Miteigentümer von Tochtergesellschaften involviert. Im Feuer steht auch eine 300-Mill.-Euro-Anleihe von Signa Development, das einzige börsengehandelte Wertpapier des Konglomerats. Zu den größten Bondholdern gehört der Hedgefonds Arini, der vom ehemaligen Credit-Suisse-Anleihehändler Hamza Lemssouguer gegründet wurde.

Keine offiziellen Informationen gibt es zur Höhe der Darlehen, die einzelne Banken im Feuer haben. Die Kreditgeber halten sich mit Verweis auf das Bankgeheimnis bedeckt. Insgesamt gelten die Banken, die vor allem Kredite für einzelne Bauprojekte und für Akquisitionen vergeben haben, als vergleichsweise gut gesichert. Die Aktien von Julius Bär waren allerdings abgestürzt, nachdem die Privatbank eine steigende Risikovorsorge bekanntgemacht hatte. Die Schweizer haben ein Kreditrisiko von gut 600 Mill. sfr bei einer Unternehmensgruppe – vermutlich Signa – eingeräumt.

Landesbanken involviert

Zu den führenden Geldgebern gehören österreichische Institute und deutsche Landesbanken. Erstere haben laut Daten von der Mitte des Jahres ein Gesamt-Exposure von 2,2 Mrd. Euro, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unlängst. Beinahe zwei Drittel des Volumens entfielen auf die Raiffeisen Bank International und die zur italienischen Unicredit gehörende Bank Austria. Das Signa-Engagement der hessisch-thüringischen Landesbank Helaba soll sich auf einen mittleren dreistelligen und das der Nord/LB auf einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag belaufen. Auch bei der
BayernLB soll das Engagement einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen. Das Exposure des genossenschaftlichen Spitzeninstituts DZ Bank wird auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag veranschlagt.

Der Versicherer Signal Iduna ist nach eigenen Angaben bei mehreren Signa-Projekten mit grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen in 1A-Lagen involviert. Die Kredite seien auskömmlich gesichert. Die österreichische Versicherung Uniqa hängt bei Benko mit 80 Mill. Euro drin, und zwar mit einer 2017 begebenen Anleihe mit 30 Jahren Laufzeit. Auch einzelne Sparkassen gehören zu den Geldgebern, etwa die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen.

Galeria baut auf Weihnachtsgeschäft

Die Signa-Tochter Galeria sieht sich von dem Insolvenzantrag zunächst nicht betroffen. Denn die Einnahmen aus dem wichtigen Weihnachtsgeschäft dürften für die nötige Liquidität sorgen. Allerdings hat Signa dem aus der Fusion von Karstadt und Kaufhof entstandenen Kaufhauskonzern im Zuge der Sanierung 200 Mill. Euro frisches Kapital zugesagt. Unwahrscheinlich, dass dieses Geld noch fließt. Galeria erwägt nun, Mietzahlungen für Warenhausimmobilien, die Signa gehören, auszusetzen. Der Konzern kämpft schon lange mit Problemen und hat gleich zweimal eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchlaufen.

Mehr zum Thema:
So läuft ein Sanierungsverfahren in Österreich ab
Kommentar zur Insolvenz der Signa Holding

Die Immobilien- und Handels-Holding Signa des österreichischen Unternehmers René Benko ist zahlungsunfähig. Trotz wochenlanger Verhandlungen hat sich kein neuer Geldgeber gefunden. Nun soll das Geschäft über eine Sanierung in Eigenverwaltung fortgeführt werden. Das Handelsgericht Wien hat den Antrag gebilligt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.