Siltronic braucht langen Atem

Schon dritte Gewinnwarnung - US-Politik belastet - Hoffen auf Anziehen der Nachfrage im nächsten Jahr

Siltronic braucht langen Atem

Der Handelskrieg zwischen den USA und China belastet zunehmend auch deutsche Unternehmen. Siltronic, der Hersteller von Wafern für die Halbleiterindustrie, muss jetzt zum dritten Mal für 2019 die Prognose kürzen. Denn die weltweiten Unsicherheiten drücken die Nachfrage in der Branche.wb Frankfurt – “Neutral” empfehlen Credit Suisse und UBS, “Hold” rät Kepler Chevreux, Mainfirst ist gar beim “Outperform”: Die Gewinnwarnung des Waferherstellers Siltronic stößt bei Equity-Analysten auf ein gemischtes Echo. Klar ist: Das laufende Jahr ist für den Zykliker gelaufen – und zwar schlecht. Für 2020 herrscht aber eine ordentliche Portion Zuversicht. Die Nachfrage sollte wieder anziehen, sagen die Auguren voraus und erwartet das Siltronic-Management. Je nach Ausmaß der Erholung sollen dann die Produktionskapazitäten der großen Hersteller wieder gut ausgelastet sein, lauten die Stimmen der Hoffnung. Optimisten schauen auf das schwierige Jahr 2009, dem sehr schnell eine starke Erholung im Absatz folgte.Bei dem seit 2015 gelisteten Münchner MDax- und TecDax-Unternehmen sind die guten Zeiten noch nicht lange her: Ende 2018 herrschte praktisch Vollauslastung. Von da an ging’s bergab, rasend schnell, so dass am Montagabend die dritte Gewinnwarnung hereinkam.Die Aktie brach gestern bis zu 15 % ein, ging aber dank des positiven Marktumfelds mit -7,7 % bei 53,22 Euro aus dem Handel. Damit schrumpfte die Marktkapitalisierung auf 1,6 Mrd. Euro. Der Kurs lag im März 2018 bei noch bei 160 Euro und ist auf das Niveau von Anfang 2017 zurückgefallen. Die mit 31 % an Siltronic beteiligte Wacker Chemie, die in Polysilizium einen Ebitda-Verlust ausweist und aus dem MDax absteigt, gab minimal nach. Chiphersteller betroffenSiltronic spürt die sinkende Nachfrage von Endkunden – vor allem Autohersteller und Smartphoneproduzenten- über sinkende Aufträge der Chiphersteller, die sie mit ihren Wafern beliefert. Dieses Jahr sind es die schwächelnde Autoindustrie und vor allem die von der US-Politik induzierten Probleme der Halbleiterbranche – Stichwort Huawei -, die das Geschäft belasten. Viele Halbleiterunternehmen sitzen in China, wo sie die Wafer (kleine Siliziumscheiben) zu Chips verarbeiten. Die Folgen sind hohe Lagerbestände bei den Endkunden und Halbleiterproduzenten , oft auch im Zwischenhandel, was neue Orders verhindert. Die Kunden versuchten kaum die Preise zu senken, aber sie verschieben die Lieferungen, ist zu hören. Die Musik spielt heute bei den 300-Millimeter-Wafern, wo Siltronic etwa 2 000 Spezifikationen für ihre Kunden anbietet. Bei diesen Produkten, die für zwei Drittel des Siltronic-Geschäfts stehen, gibt es besonders langfristige Verträge. Den Markt teilen sich im Wesentlichen fünf Anbieter, Siltronic kommt als Nummer 3 auf etwa 15 %. Auf die Top-10-Abnehmer, zu denen Samsung, Infineon und Micron zählen, entfallen 75 % ihres Absatzes. Gerade erst hat die kalifornische Broadcom wegen der von Washington verhängten Restriktionen gegen Huawei vor einem Nachfrageeinbruch gewarnt.Siltronic, die sich als “Technologieführer in der Waferindustrie” bezeichnet, setzt darauf, dass die langfristigen Trends ungeachtet der Delle intakt sind: Für E-Mobilität, Digitalisierung, Big Data, künstliche Intelligenz oder autonomes Fahren werden mehr Chips und damit auch Wafer benötigt. Insofern benötigen die Investoren einen langen Atem.Credit Suisse rechnet für 2019 mit einem Siltronic-Umsatz von 1,36 (i.V. 1,46) Mrd. Euro, einem Ebitda von 483 (589) Mill. und einem Nettoergebnis von 278 Mill. nach 373 Mill. Euro. Die Dividende dürfte den Analysten zufolge um 10 % auf 4,50 Euro sinken. Kepler Chevreux geht von 4 Euro für 2019 aus. Für 2018 wurden 40 % des Gewinns ausgeschüttet. 2020 höherer Cash-flowSchon im April musste Siltronic zurückrudern, und die Ansage im Februar wurde als Gewinnwarnung interpretiert. Die geopolitischen Unsicherheiten und Exportbeschränkungen der US-Regierung gegenüber chinesischen Technologieunternehmen führen zu einer anhaltenden Nachfrageschwäche in der Halbleiterbranche, beobachtet CEO Christoph von Plotho. Dies treffe indirekt wichtige Kunden von Siltronic, die deshalb Aufträge fürs zweite Halbjahr deutlich reduziert hätten.Von Plotho und sein CFO Rainer Irle gehen nun bei leicht steigenden Durchschnittserlösen in Euro davon aus, dass der Umsatz 10 bis 15 % unter dem des Vorjahres liegt. Bisher wurde ein Minus von 5 bis 10 % erwartet. Die operative Marge (auf Ebitda-Basis) soll zwischen 30 und 35 % (bisher 33 und 37 %) landen. Der Netto-Cash-flow werde “klar positiv”, jedoch um 180 Mill. Euro niedriger als 2018 mit 240 Mill. 80 Mill. Euro waren es im ersten Quartal, so dass es im Rest des Jahres einen Abfluss geben wird. Der Cash-flow soll 2020 “deutlich steigen”.