Sinkende Konsumlaune setzt dem Handel zu
md Frankfurt
Schlechte Nachrichten für den Einzelhandel: Das Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland ist den vierten Monat in Folge gesunken, was der HDE insbesondere auf die Verschärfung der Anti-Corona-Maßnahmen Mitte Dezember zurückführt. Bedeutende Impulse im privaten Konsum seien in den nächsten Monaten nicht zu erwarten. Aufhellen könnte sich die Verbraucherstimmung nach Ansicht des Verbandes erst mit einem Anstieg der Zahl der Geimpften, rückläufigen Infektionszahlen und damit verbundenen Lockerungen.
Im Vorjahr verlief die Entwicklung im Einzelhandel „extrem unterschiedlich“. Mit dieser Aussage bezieht sich der HDE auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Gemäß Destatis erzielte die Branche insgesamt ein Umsatzplus von preisbereinigt 3,9% (nominal 5,1%) im Vergleich zu 2019; das ist der höchste Zuwachs seit Jahren – und das trotz der schwersten Rezession in der Nachkriegsgeschichte.
Für diese robuste Entwicklung sind nach Angaben der DWS Group mehrere Faktoren verantwortlich. Erstens seien dank zahlreicher staatlicher Maßnahmen die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte gestiegen und nicht etwa gesunken, wie man es eigentlich erwartet hätte. Zweitens sei aufgrund der Tätigkeiten im Homeoffice mehr eingekauft worden, u.a. Lebensmittel und Einrichtungsgegenstände. Drittens hätten die Konsumenten Geld dadurch „gespart“, dass sie über weite Teile des Jahres weder in Urlaub fahren noch ins Kino, Theater oder Restaurant gehen konnten. Damit blieb laut DWS genügend Geld in der Tasche für den eigentlichen Gewinner der Pandemie, den Internethandel.
Denn aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ging bei der Erlösentwicklung ein Riss durch die Branche: So sprangen die Umsätze im Nichtlebensmittelbereich in der Kategorie Internet- und Versandhandel um real 24,1%, während die Kategorie Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren 23,4% einbüßte.
Katastrophe für Modehändler
„2020 war für viele Unternehmen aus den Bereichen Online-Handel und Lebensmittel ein gutes Jahr“, meint daher HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Auch bei Möbeln und für Baumärkte sei es besser als erwartet gelaufen. „Für die meisten Modehändler dagegen bleibt das vergangene Jahr als Katastrophe in Erinnerung.“
Insgesamt setzte der Einzelhandel in Deutschland 2020 nach Berechnungen des HDE 577,4 (i.V. 546,2) Mrd. Euro um. Dabei habe der Online-Handel seine Umsätze um rund 21% auf 71,5 Mrd. Euro erhöht, während der stationäre Einzelhandel ein Plus von etwa 4% auf 506 Mrd. Euro verzeichnet habe.
Deutlich schwächer als für das Gesamtjahr sehen die vorläufigen Zahlen für Dezember 2020 aus. Insgesamt setzten die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland laut Destatis im Jahresvergleich real 1,5% (nominal: 2,6%) weniger um; im Vergleich zum Vormonat waren es kalender- und saisonbereinigt real 9,6% weniger. Dieser Rückgang – es ist der stärkste im Vergleich zu einem Vormonat seit 1994 – lässt sich mit dem erneuten Lockdown erklären, der eine Teilschließung des Einzelhandels ab dem 16. Dezember und somit einen teilweisen Wegfall des Weihnachtsgeschäfts bedeutete. Besonders hart traf es wieder die Kategorie Textilien, deren Erlöse im Jahresvergleich um 40% einbrachen.
Aufgrund der akuten Notlage vieler Handelsunternehmen fordert der HDE von der Politik eine schnelle Anpassung und Auszahlung der Überbrückungshilfen sowie konkrete Festlegungen, wann und unter welchen Rahmenbedingungen eine Wiedereröffnung der Geschäfte erfolgen kann. „Wenn die Bundesregierung jetzt nicht entschlossener als bisher ihre Unterstützungsprogramme an die Realitäten im Einzelhandel anpasst, dann treibt die Coronakrise viele Handelsunternehmen in die Insolvenz“, warnt Genth.
Zudem fordert der HDE eine langfristig tragfähige Strategie zum Umgang mit der Pandemie. „Wir benötigen einen transparenten Plan für einen Ausstieg aus dem Lockdown, der sich an realistischen und fundierten Indikatoren orientiert.“