Immobilienkrise

S&P befürchtet Zahlungsausfall von Signa Development

Standard & Poor’s hegt immer stärkere Befürchtungen hinsichtlich eines Zahlungsausfalls beim Immobilienprojektentwickler Signa Development Selection AG. Das Rating der 300 Mill. Euro schweren Anleihe sinkt auf "CCC" mit negativem Ausblick. Österreichische Banken haben 2,2 Mrd. Euro im Feuer.

S&P befürchtet Zahlungsausfall von Signa Development

S&P befürchtet Zahlungsausfall bei Signa Development

Bonitätswächter senken Rating des Immobilienprojektentwicklers auf "CCC" mit negativem Ausblick – Gruppe engagiert Rothschild als Berater

cru/hek Frankfurt

Es wird immer unwahrscheinlicher für die Anleihegläubiger der Signa Group des österreichischen Immobilienmagnaten René Benko, ihr Geld wie vereinbart zurückzuerhalten. Die Analysten der Ratingagentur Standard & Poors haben die Bonitätsnote des Immobilienprojektentwicklers Signa Development Selection AG von bisher „B−“ auf jetzt „CCC“ mit „negativem Ausblick“ herabgestuft. „Der negative Ausblick spiegelt unsere Ansicht wider, dass bei dem Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten aufgrund eines Liquiditätsengpasses ein Zahlungsausfall droht, wenn keine zusätzlichen Liquiditätsquellen erschlossen werden“, urteilt S&P-Analystin Manish Kejriwal in Dublin in ihrem jüngsten Report.

Liquiditätsknappheit eingestanden

Die Liquiditätsknappheit hatte Signa Development Anfang November eingestanden. Einen weiteren kräftigen Liquiditätsabfluss dürfte es laut S&P dann geben, wenn die Signa-Gesellschaft die längst fällige Dividende für das Jahr 2021 von 113,5 Mil. Euro endlich an die Anteilseigner auszahlt.

Die Anleihe der Signa Development mit einem Gesamtumfang von 300 Mill. Euro wird inzwischen nur noch bei 30 Cent pro Euro gehandelt. Der Hedgefonds Arini, der vom ehemaligen Credit-Suisse-Anleihehändler Hamza Lemssouguer gegründet wurde, gehört zu den größten Gläubigern der Signa-Development-Anleihe. S&P schätzt den Anteil der Summe, der im Falle eines „Default“ zurückgezahlt würde, auf rund 40%. Als Kreditausfall (Default) wertet S&P, wenn Unternehmen ihren Gläubigern einen Kapitalschnitt aufdrängen (Distressed Exchange Offer) oder Zins und Tilgung nicht wie vereinbart zahlen – oder wenn sie Insolvenz anmelden.

White & Case beauftragt

Für die Restrukturierung des Immobilienkonglomerats hat Signa inzwischen neben dem erfahrenen Karstadt-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz auch die Investmentbank Rothschild und die Anwaltskanzlei White & Case als Berater engagiert. Das wird aus Finanzkreisen bestätigt.

S&P beziffert den Bruttoentwicklungswert (Gross Development Value) der Immobilienprojekte der Signa Development Selection auf 8,3 Mrd. Euro. Doch fertig ist fast nichts. 20% des Volumens befinden sich im Bau und 80% sind noch in der Planungsphase.

Die Signa Development Selection AG hat auch selbst Finanzforderungen, weil sie in den vergangenen Monaten zunehmend Liquidität an andere Unternehmen weitergereicht hat – vermutlich an Schwestergesellschaften aus dem Signa-Imperium, einem Netz von österreichischen, Schweizer und Offshore-Gesellschaften, in deren Hintergrund eine Stiftung in Liechtenstein steht. S&P beziffert das Gesamtvolumen dieser Finanzforderungen auf rund 660 Mill. Euro, nachdem es Ende 2022 noch rund 450 Mill. Euro waren. Dieses Geld fehle auch zur Finanzierung der laufenden Bauprojekte.

Viele Wahrzeichen wie das KaDeWE und das Chrysler-Building im Portfolio

Die Signa-Gruppe hat Wahrzeichen wie die Luxustempel KaDeWe in Berlin oder Selfridges in London ebenso im Portfolio wie das New Yorker Chrysler Building oder den in Hamburg entstehenden Elbtower, der Deutschlands drittgrößter Wolkenkratzer werden soll, dessen Bauarbeiten aber stillstehen. In den zwölf Monaten ab Mitte 2023 fließen bei Signa Development Selection nicht nur die ausstehenden 113,5 Mill. Euro Dividenden ab, sondern auch 50 Mill. Euro für das Betriebskapital und 19 Mill. Euro an Schuldenrückzahlungen. In Summe ist das deutlich mehr als die 32 Mill. Euro in der Kasse sowie die ungefähr 27 Mill. Euro freier operativer Cashflow, die hereinkommen.

Nach zwei Jahrzehnten aggressiver Expansion setzen steigende Zinssätze und sinkende Immobilienbewertungen Signa schwer zu. Am Mittwoch heuerte die Gruppe den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz als eine Art Generalbevollmächtigten an, um eine Umstrukturierung in die Wege zu leiten.

Hilfe von Klaus-Michael Kühne

Hilfe für das Signa-Konglomerat kommt vom Milliardär und Signa-Investor Klaus-Michael Kühne. Der Transportunternehmer übernimmt das Projekt Beam in Berlin komplett, wie die Bondholder von Signa Development in einem Investoren-Call erfuhren. Bisher hält Kühne 50% an dem Immobilienprojekt. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht.

Österreichische Banken haben bei der Signa-Gruppe ein Gesamt-Exposure von 2,2 Mrd. Euro im Feuer, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf einen Insider. Die Daten bezögen sich auf Mitte des Jahres. Die größten Kreditgeber seien die Raiffeisen Bank International (RBI), die ihr Engagement bei Signa in den vergangenen Jahren deutlich reduziert habe, und die zur italienischen Unicredit gehörende Bank Austria. Auf diese beiden Geldhäuser entfielen den Daten zufolge beinahe zwei Drittel des Kreditvolumens. Weitere Kreditgeber von Signa mit unterschiedlich hohen Exposures seien die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich und die Erste Group. Die Banken lehnten einen Kommentar ab.

EZB gab frühe Warnung

Banken stehen bei der Kreditvergabe schon seit einiger Zeit auf der Bremse, da die Europäische Bankenaufsicht der EZB genauer hinschaut. Sie wandte sich in einer Sonderabfrage an ausgewählte Banken und erkundigte sich nach Details zu den Engagements und den Kreditstandards. Das führte bei Geldhäusern dazu, ihr Exposure bei der Immobiliengruppe zurückzufahren.

Noch in diesem Monat will Signa nach eigenen Angaben einen Restrukturierungsplan vorlegen. "Ziel ist es, bis Ende des Monats November einen Plan für die wesentlichen Schritte der Restrukturierung zu erarbeiten und den Gesellschaftern zu präsentieren", teilte das österreichische Immobilien- und Handelsunternehmen am Freitag mit. Es gelte, alle Bereiche der Gruppe auf den Prüfstand zu stellen und langfristige Lösungen zu finden.

Schmitz wird Restrukturierungschef

Als zusätzliches Vorstandsmitglied der auf Immobilienprojekte spezialisierten Sparten Signa Prime und Signa Development sei nun der deutsche Unternehmensberater Ralf Schmitz an Bord, teilte das Unternehmen weiter mit. Schmitz fungiert als Restrukturierungschef. Der Sanierungsexperte Geiwitz, der Signa seit Mittwoch als Beiratsvorsitzender und Vorsitzender des Gesellschafter-Komitees führt, soll während der Sanierung auch die Interessen der Familie Benko Privatstiftung wahrnehmen, die nach früheren Angaben weiter größter Gesellschafter von Signa bleiben soll. Wie lange diese Restrukturierung dauere, lasse sich noch nicht abschätzen.

S&P hegt immer stärkere Befürchtungen über einen Zahlungsausfall beim Immobilienprojektentwickler Signa Development Selection AG. Das Rating der 300 Mill. Euro schweren Anleihe sinkt auf "CCC" mit negativem Ausblick. Österreichische Banken haben bei der Signa-Gruppe 2,2 Mrd. Euro im Feuer.