IM GESPRÄCH: JOCHEN RUETZ

Sparmaßnahmen belasten GFT

Der Finanzvorstand des IT-Dienstleisters über die Gründe für den erwarteten Gewinnrückgang 2019

Sparmaßnahmen belasten GFT

Der IT-Dienstleister GFT Technologies rechnet für das laufende Jahr überraschend mit einem Gewinnrückgang. Grund dafür sind die Sparmaßnahmen des größten Kunden, der Deutschen Bank. An der Entwicklung der Bank hängt auch die nun ausgesetzte Mittelfristprognose für 2022. igo Stuttgart – Im vergangenen Jahr hat der IT-Dienstleister GFT Technologies zwar einen organischen Umsatzrückgang um 3 % auf 413 Mill. Euro verzeichnet. Der Jahresüberschuss stieg allerdings um rund 27 % auf 20 Mill. Euro, was vor allem den 2017 eingeleiteten Maßnahmen zur Effizienzsteigerung zu verdanken war. 2019 erwartet der Konzern eine genau entgegengesetzt Entwicklung, wie am Dienstagabend per Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben wurde. Bei einem leichten Umsatzplus soll das Vorsteuerergebnis von 22,6 Mill. auf 18 Mill. Euro sinken. Das bereinigte operative Ergebnis, das 2018 um 12 % auf 40 Mill. Euro kletterte, soll auf 35 Mill. Euro fallen (vgl. BZ vom 27. Februar).Grund für die Gewinnerwartungen, die allesamt unter den bisherigen Markterwartungen liegen, sind die beiden Großkunden Deutsche Bank und Barclays. Nach knapp zwei Monaten im laufenden Geschäftsjahr stand bei GFT fest, dass die bisherigen Umsatzerwartungen mit den beiden Banken nicht mehr realistisch sind. Knackpunkt ist vor allem die Deutsche Bank, die von GFT im Segment Americas & UK im Investmentbanking und im Segment Continental Europe im Retailgeschäft beraten wird. Im ersten Segment soll der Umsatz mit den beiden Banken knapp 30 Mill. Euro unter den Erlösen 2018 liegen, im Retailbereich erwartet GFT rund 22 Mill. Euro weniger. “Diese 52 Mill. Euro entfallen primär auf die Deutsche Bank. Gegen diese Entwicklung arbeiten wir mit Wachstum bei anderen Kunden an”, sagte GFT-Finanzvorstand Jochen Ruetz im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.GFT spürt die Investitionszurückhaltung im Investment Banking bereits seit einigen Quartalen (vgl. BZ vom 5.7.2018). Mit den Brexit-Unsicherheiten hat das Ruetz zufolge allerdings nur bedingt zu tun. “Der Brexit spielt hier vielleicht teilweise eine Rolle. Hauptsächlich aber sind es Sparmaßnahmen, daher greift die Entwicklung ja auch auf unser Retailgeschäft in Kontinentaleuropa über. Die Deutsche Bank spart derzeit überall”, sagte er. Dafür spreche auch, dass GFT in Großbritannien mit anderen Kunden durchaus wachse. “Grundsätzlich sind die Banken in Großbritannien bereit, in digitale Themen zu investieren”, so Ruetz. Mittelfristziel ausgesetztNeben der Prognose für das laufende Jahr beeinflusst die Entwicklung bei der Deutschen Bank auch die Mittelfristaussichten. Das nun ausgesetzte Ziel, bis 2022 den Umsatz auf 800 Mill. Euro nahezu zu verdoppeln, hätte ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 10 bis 11 % erfordert. “Wenn im laufenden Jahr 50 Mill. Euro Umsatz entfallen, dann ist das mathematisch schlicht nicht mehr möglich. Auch wenn wir mit den restlichen Kunden im laufenden Jahr ein Plus von 23 % anstreben”, so Ruetz.GFT hatte 2018 den kanadischen Wettbewerber V-Neo übernommen, der vor allem auf die Versicherungsbranche spezialisiert ist und im vergangenen Jahr 8,6 Mill. Euro zum Konzernumsatz beisteuerte. Durch den Ausbau dieses Bereichs und das wachsende Geschäft mit Industriekunden, die in sogenannten exponentiellen Technologien wie der Blockchain oder künstlicher Intelligenz beraten werden, will GFT die Schwankungen bei den Bankkunden perspektivisch ausgleichen. Dazu setzt der Konzern vor allem auf die hohen Margen in der Beratung neuer Technologien. “Bei den Industriekunden stammt das gesamte Geschäft aus exponentiellen Technologien, bei den Versicherern und den Banken liegt der Anteil bei knapp 30 %”, so Ruetz.Der Umsatzanteil des Versicherungsgeschäfts soll 2019 von derzeit 6 % auf 10 % steigen. Das Geschäft mit Industriekunden aus den Branchen Automobil, Maschinenbau, Logistik, Energie, Landwirtschaft und Bekleidung erreichte 2018 einen Umsatzanteil von 25 %. Allerdings werde die Deutsche Bank auch 2019 mit einem erwarteten Umsatz von rund 112 Mill. Euro der größte GFT-Kunde bleiben, so Ruetz. “Das ist grundsätzlich ein wichtiger Kunde, mit dem wir lange Jahre gewachsen sind. Wir erwarten mittelfristig eine Stabilisierung, aber der Zeitpunkt ist sehr schwer vorhersehbar”, sagte er.