Springer kauft Zeit. Aber was kauft KKR?

Von Walther Becker, Frankfurt Börsen-Zeitung, 14.6.2019 Auch wenn es KKR ist, die bei Axel Springer Großaktionär werden will - nach deren Paradedisziplin Leveraged Buy-out sieht es bisher nicht aus. Klar ist, dass sich der Medienkonzern mit dem...

Springer kauft Zeit. Aber was kauft KKR?

Von Walther Becker, FrankfurtAuch wenn es KKR ist, die bei Axel Springer Großaktionär werden will – nach deren Paradedisziplin Leveraged Buy-out sieht es bisher nicht aus. Klar ist, dass sich der Medienkonzern mit dem US-Finanzinvestor Zeit kaufen will, um die digitalen Geschäfte ohne Rücksicht auf Quartalsergebnisse auszubauen. Unklar ist aber, wie KKR auf eine für Private Equity übliche Rendite von mindestens 15 % gemessen am IRR (Internal Rate of Return) kommen kann. Denn finanziert wird das Übernahmeangebot an den Streubesitz, das bis zu 3,0 Mrd. bzw. 3,7 Mrd. Euro ausmachen kann(je nachdem, ob die Springer-Enkel verkaufen), nach allem, was bekannt ist, vornehmlich mit Eigenkapital aus Fonds und Bilanz. Eine “Holdco”, die von Dividenden gespeist wird und die Verschuldung aufnimmt, ist nicht geplant. Doch das kann sich ändern. Derzeit ist auch der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag – noch? – kein Thema, ebenso wenig Squeeze-out oder Delisting.Das Akquisitionsmodell des Leveraged Buy-out (LBO) ist somit kaum übertragbar. Um die üblichen Renditen zu erzielen, müsste sich der Kurs der Aktie – so es diese denn dann noch gibt – bis 2024 mehr als verdoppeln. So zeigt der Deal, dass die enormen Summen, mit denen Institutionelle die Fonds überschütten, nur mit Profitabstrichen zu investieren sind.Private Equity wälzt die Lasten der Fremdfinanzierung üblicherweise auf die erworbene Gesellschaft ab, (“Debt Push-down”), wobei zwei Verfahren angewendet werden: Das Unternehmen wird selbst Darlehensnehmer unter der Finanzierungsvereinbarung, oder es wird nach dem Erwerb auf das Akquisitionsvehikel verschmolzen. Beide Wege sind bei börsennotierten Gesellschaften mit außenstehenden Aktionären vor einem Squeeze-out oder Beherrschungsvertrag nicht oder im Falle der Verschmelzung allenfalls bei Erreichen der satzungsändernden Mehrheit von 75 % und unter kaum kalkulierbaren Verfahrenskosten und -dauer möglich. Zumal in diesem Fall das Einfallstor für aktivistische Hedgefonds à la Elliott geöffnet wird, die auf eine Garantiedividende lauern. Bei ProSieben und Hugo Boss gab es insofern eine Holdco-Konstruktion. Ein anderer Weg ist die Ausschüttung von “Superdividenden”. Doch dies kommt für Springer kaum in Frage, da es um Wachstum geht.KKR und Permira hatten bei der über die Haltezeit gelisteten ProSiebenSat.1 ihren Einsatz grob gerechnet mit dem Faktor 1,3 gemehrt – was für die Jahre von 2006 bis 2014 nicht eben lukrativ war. Eine mit dem aktuellen Deal teils vergleichbare Transaktion fädelte Philipp Freise, der auch Springer für KKR führt, 2016 beim Marktforscher GfK ein. Hier war der GfK Verein der Verbündete. 2017 kam der Squeeze-out.Gäbe es dereinst einen Beherrschungsvertrag mit einer Holding aus KKR, Friede Springer und CEO Mathias Döpfner, dann kann sich die Public-to-Private-Mechanik mit einer Struktur mit zum Beispiel 24,9 % Streubesitz, der eine Garantiedividende erhält, auszahlen. Diese wird als schuldenähnliche Finanzierung betrachtet und reduziert den Eigenkapital-Scheck der Investoren. Damit ist der IRR höher als im Fall eines üblichen LBO, aber das aufs eingesetzte Eigenkapital gerechnete Geld-Multiple etwas niedriger.Mit dem Angebot von KKR wechseln bloß Aktien den Besitzer. Einen Wachstumsschub bedeutet das nicht. Die Management-, Strategie- und Kapitalstruktur soll sich Stand heute nicht grundlegend ändern. Klar ist, dass selbst dann, wenn KKR im öffentlichen Angebot die Mehrheit erhalten sollte, der Einfluss der Verlegwitwe Friede Springer bleibt. Das heißt, dass auch die Flaggschiffe der analogen Verlagswelt, also “Bild” und “Welt”-Gruppe, nicht abgetrennt werden dürften. Eine solche Separierung und Fokussierung gehört üblicherweise zum Werkzeug von Finanzinvestoren. Die traditionellen Geschäfte werden vom Wachstum der Digitalaktivitäten an den Rand gedrängt, verwässern aber im Ergebnis. 71 % des Umsatzes und 84 % des Ebitda stammen von neuen Sparten.Einzig der Weg über den Ausbau des Rubrikengeschäfts kann zum Erfolg führen – und erfordert wohl Finanzspritzen für M&A. Vergleichsanbieter sind Scout24, wo sich Private Equity jüngst die Zähne ausbiss, sowie Autotrader und Rightmove in Großbritannien. Deren Aktien handeln zum Doppelten des für 2019 geschätzten Springer-Ebitda-Multiple von 11,3. Da geht noch was.——Ohne Schuldenhebel ist eine für Private Equity übliche Rendite nur schwer zu erzielen.——