Verdacht der Bilanzmanipulation

Staatsanwälte ermitteln gegen frühere Vorstände der Baywa

Die schwere Krise des Münchner Agrarhandelskonzerns hat ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen frühere Vorstände. Es geht um den Geschäftsbericht 2023. Ein Vorstandsmitglied von damals ist heute noch dabei.

Staatsanwälte ermitteln gegen frühere Vorstände der Baywa

Staatsanwälte ermitteln gegen frühere Vorstände der Baywa

Verdacht der Bilanzmanipulation – Geschäftsbericht 2023 im Visier – Scharfe Kritik am Aufsichtsrat auf Hauptversammlung

jh München

Das Finanzdesaster der Baywa ist jetzt auch ein Fall für die Strafjustiz. Der Aufsichtsratsvorsitzende Gregor Scheller berichtete auf der Hauptversammlung des Münchner Agrar- und Baustoffhandelskonzerns, die Staatsanwaltschaft München habe ein Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Vorstände eröffnet. Namen nannte er nicht. Grund sei der Lagebericht im Geschäftsbericht 2023 der Baywa. Die Ermittlungen bezögen sich auf die Darstellung der Liquiditätslage.

Die Untersuchung stehe im Zusammenhang mit einer Prüfung der Finanzaufsicht BaFin im November 2024. Die Aufsicht hatte diese damals für den Jahresabschluss 2023 angeordnet. Weitere Informationen könne er zu dem laufenden Verfahren nicht geben, sagte Scheller. Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC) hatten dem Abschluss von 2023 ein uneingeschränktes Testat erteilt.

Fünf im Vorstand von 2023

Vorstandsvorsitzender der Baywa war damals Marcus Pöllinger, Finanzvorstand Andreas Helber. Von beiden trennte sich die Baywa – Pöllinger ging im vergangenen Herbst, Helber in diesem Frühjahr. Marlen Wienert, die für einige Geschäftsfelder und das Marketing verantwortlich ist, gehört nach wie vor dem Vorstand an. Reinhard Wolf, seit 2013 Vorstandsmitglied, ist im Juni dieses Jahres ausgeschieden. Klaus Josef Lutz war bis Ende März 2023 Vorstandschef und gut zwei Monate später zum Aufsichtsratschef gewählt worden.

Untersuchung läuft noch

Für eine Antwort auf die Frage nach der Verantwortung für die schwere Krise der Baywa müsse er noch um Geduld bitten, sagte Scheller an die rund 900 Aktionäre gerichtet. Eine in Auftrag gegebene externe Untersuchung werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Scheller, ehemals Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, ist seit Mai 2024 Aufsichtsratschef der Baywa.

Frank Hiller, der im März dieses Jahres als Vorstandsvorsitzender zu dem Unternehmen kam, sprach von einer existenzbedrohenden Lage, in die die Baywa geraten war. Zur Untersuchung der Verantwortung dafür sagte er: "Wir werden die Vorfälle aufklären und Konsequenzen ziehen.“ Regressansprüche würden geprüft – auch gegenüber den Wirtschaftsprüfern. Zudem geht es nach Hillers Worten in diesem Zusammenhang um die an Lutz gezahlte Abfindung von 6,7 Mill. Euro.

„Alle Augen zugedrückt“

Daniela Bergdolt, die Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, kritisierte den Aufsichtsrat und die Wirtschaftsprüfer. Das Sanierungsgutachten zeige, „dass der Aufsichtsrat und die Wirtschaftsprüfer viel zu lange alle Augen zugedrückt haben, anscheinend dem Vorstand alles geglaubt haben und ein Risikomanagement anscheinend nicht vorhanden war“.

Die internationale Expansion des Unternehmens sei selbstherrlich und strategisch zumindest zweifelhaft gewesen. "Das hierfür aufgenommene Fremdkapital hätte der Baywa aufgrund der ansteigenden Zinsen fast das Genick gebrochen“, sagte Bergdolt.

„Der Bavaria-Filz“

Der verantwortliche Aufsichtsrat sitze bis auf eine Ausnahme auf seinen Stühlen wie mit Pattex festgeklebt: „Haben Sie keinen Anstand, haben Sie kein Ehrgefühl?“ Nach Meinung von Bergdolt hätte jetzt ein komplett neuer Aufsichtsrat gewählt werden sollen. „Aber Größenwahn kommt vor dem Fall“, fügte sie hinzu. „Und der Bavaria-Filz feiert fröhlich Urständ.“ Auch Paul Petzelberger von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger forderte eine Erneuerung des Aufsichtsrats: „personell, inhaltlich und glaubwürdig“. Er warf dem Gremium eklatantes Führungsversagen vor.

Mitglieder im Aufsichtsrat sind unter anderem die CSU-Politikerin Monika Hohlmeier, Abgeordnete im Europaparlament, und Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbands.

Wirtschaftsprüfer bleibt noch

Mit Blick auf PwC stellte Bergdolt die Frage, warum die Wirtschaftsprüfer nicht früher festgestellt hätten, dass die Baywa angesichts ihrer hohen Verschuldung und der steigenden Zinsen in Schwierigkeiten geraten könnte.

Die Prüfung des Abschlusses für 2026 hat die Baywa neu ausgeschrieben. Für 2025 wurde jedoch abermals PwC vorgeschlagen. Aufsichtsratschef Scheller begründete dies damit, dass ein sofortiger Wechsel „eine Unwucht im Sanierungsprozess“ verursachen könne. Zudem begleite PwC die Kapitalerhöhung, die gut 200 Mill. Euro einbringen soll.