WERTBERICHTIGT

Staatsanwälte auf dem Irrweg

Börsen-Zeitung, 8.11.2016 Das Grundgesetz kommt mit rund 50 Seiten aus. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat sich sogar auf ein halbes Dutzend Seiten beschränkt. So kurz macht es die Bibel nicht, aber sie transportiert mit 1 282 Seiten...

Staatsanwälte auf dem Irrweg

Das Grundgesetz kommt mit rund 50 Seiten aus. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte hat sich sogar auf ein halbes Dutzend Seiten beschränkt. So kurz macht es die Bibel nicht, aber sie transportiert mit 1 282 Seiten (in der Gutenberg-Fassung) immerhin das Narrativ einer kompletten Gesellschaftslehre. Wenn auf insgesamt rund 1 340 Seiten ein Staat, eine Kultur und eine Religion begründet werden können, sollte eine geringere Seitenzahl ausreichen, in einem Rechtsstreit zu formalen Fragen Stellung zu beziehen. Eigentlich. Die Staatsanwaltschaft München ist anderer Meinung. Ihre Revision vor dem Bundesgerichtshof, mit der sie gegen den Freispruch für ehemalige Topmanager der Deutschen Bank durch einen Strafsenat vorgeht, umfasst 3 487 Seiten. Auch wenn die Unterlagen, auf die sich die Revision bezieht, beigelegt werden mussten: Dieses Volumen illustriert den Irrsinn, in den das Verfahren rund um den Ex-Medienkonzern Kirch ausgeartet ist. Die Ankläger, deren Argumentation die Richter zerrissen hatten, lähmen mit derlei Materialschlachten das Rechtssystem.mic