Steag hofft auf üppige Entschädigungen für Kohlekraftwerke
cru Essen – Der Essener Steinkohleverstromer Steag hofft ebenso wie der größere Rivale RWE auf üppige Entschädigungen für die Abschaltung von Kraftwerken im Zuge des beschleunigten Kohleausstiegs. “Ich denke, rund 600 Mill. Euro je Gigawatt wären eine angemessene Größenordnung”, sagte Vorstandschef Joachim Rumstadt am Dienstag anlässlich der Bilanzvorlage in Essen. Je nach Typ der Anlage sei das aber vielleicht auch nur eine Untergrenze. RWE-Chef Rolf Martin Schmitz hatte mindestens 1,2 Mrd. Euro je Gigawatt gefordert – allerdings ging es dabei um Braunkohlekraftwerke, bei denen auch die Renaturierung des Tagebaus finanziert werden muss.Rumstadt ließ offen, über welches Kapazitätsvolumen das Unternehmen mit der Bundesregierung verhandelt, die zunächst mit RWE und Uniper sprechen will. Insgesamt verfügt Steag über 5,5 Gigawatt Kraftwerke im Ruhrgebiet und im Saarland, wobei ein Teil auf Kraft-Wärme-Kopplung und die Netzreserve entfällt und deshalb voraussichtlich nicht abgeschaltet wird, weil die Kraftwerke besonders umweltfreundlich oder systemrelevant sind. Einzelverträge bevorzugtLaut Rumstadt schlägt die Kohlekommission der Bundesregierung Stilllegungsprämien vor, die es entweder im Rahmen einzelvertraglicher Regelungen oder eines öffentlichen Auktionsverfahrens geben soll. “Dessen konkrete Ausgestaltung muss jetzt erfolgen”, forderte der Manager. “Als Unternehmen bevorzugen wir einzelvertragliche, weil differenzierende Lösungen.”Rumstadt kritisierte das Plädoyer der Kohlekommission, bis 2022 die ostdeutsche Braunkohle komplett zu verschonen: “Dies ist keine ökonomische, keine ökologische, sondern eine rein politische Entscheidung.” Hier werde offenbar Rücksicht auf die bevorstehenden Landtagswahlen genommen.Unterdessen rechnet Steag in den kommenden Jahren durch den Atomausstieg und das allmähliche Ende der Kohleverstromung mit deutlich anziehenden Preisen. “Weniger Kapazität führt zu höheren Preisen”, sagte Rumstadt. “Wir erwarten deutlich steigende Ergebnisse aus unseren Inlandskraftwerken”, fügte Finanzchef Michael Baumgärtner hinzu. 45 Mill. Euro AusschüttungEigentümer der Steag ist die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) – ein Konsortium, in dem sich sechs Stadtwerke zusammengeschlossen haben, die ganz oder mehrheitlich den Städten Dortmund, Duisburg, Bochum, Oberhausen, Dinslaken und Essen gehören. An die Eigentümer schüttet Steag für das Jahr 2018 unverändert 45 Mill. Euro aus – was dem nach HGB bilanzierten Gewinn entspricht und für die Kommunen mutmaßlich ausreicht, um den Zins für die Kredite von einst 1,2 Mrd. Euro zu bedienen, die sie für den Kauf der Steag an Krediten aufgenommen haben. Bis Mitte 2020 braucht die Eigentümerin KSBG eine Anschlussfinanzierung der Banken für 400 Mill. Euro.Nach IFRS-Regeln ist der Konzerngewinn um fast 80 % auf 13 Mill. Euro geschrumpft. Nach der Stilllegung etlicher Kraftwerke in Deutschland wird das Auslandsgeschäft immer wichtiger. Im Jahr 2018 stammten 57 % des um ein Fünftel auf 161 Mill. Euro gesunkenen operativen Ergebnisses aus dem Betrieb von Kohlekraftwerken in Kolumbien, der Türkei und auf den Philippinen sowie von Windparks und Dienstleistungen im Ausland, wie der Versorger am Dienstag in Essen berichtete. Im Jahr zuvor betrug der Auslandsanteil 50 %, 2019 soll er auf 60 % steigen.