Streik trifft Frankreichs Staatsbahn hart

Offener Brief - Frachtsparte leidet besonders

Streik trifft Frankreichs Staatsbahn hart

wü Paris – Die Lage sei angesichts des anhaltenden Streiks gegen die Rentenreform äußerst ernst und beunruhigend, warnt Jean-Pierre Farandou, der neue Chef der staatlichen Bahn SNCF. In einem offenen Brief an den Eisenbahngewerkschaftsführer Laurent Brun bezifferte Farandou die wirtschaftlichen Auswirkungen zu Beginn der Woche mit rund 700 Mill. Euro. Dabei hat SNCF bereits 2018 durch einen monatelangen, immer wiederkehrenden Streik 800 Mill. Euro verloren. Die verlustreiche Frachtsparte des Bahnunternehmens trifft der am 5. Dezember begonnene Streik gegen die von Präsident Emmanuel Macron geplante Rentenreform besonders hart.So verliert SNCF Fret pro Streiktag rund 1 Mill. Euro. Nachdem die mit 5 Mrd. Euro verschuldete Frachtsparte, die auf einen Umsatz von nicht mal 1 Mrd. Euro pro Jahr kommt, bereits 2018 einen Verlust von 170 Mill. Euro verbucht hat, dürfte der Verlust letztes Jahr erneut deutlich mehr als 100 Mill. Euro betragen haben. In der ersten Streikwoche habe kein einziger Güterzug fahren können, berichtet SNCF-Fret-Chefin Sylvie Charles. Mittlerweile könne ungefähr die Hälfte aller eingeplanten Güterzüge fahren, bei privaten Güterzugbetreibern dagegen nur rund ein Viertel. Die Frachtsparte der SNCF kommt auf einen Marktanteil von 55 % in Frankreich. Doch gleichzeitig ist der Anteil von Zügen am Güterverkehr in dem Land in den letzten 20 Jahren von rund 20 % auf 9 % gesunken.Der Streik trifft die Frachtsparte der französischen Bahn so stark, weil ihre Züge lange Distanzen und entsprechend viele Weichen passieren. Es muss nur ein Weichensteller auf der Strecke streiken und schon ist alles lahmgelegt. Um nicht ihre größten Kunden zu bestrafen, hat SNCF Fret Vorkehrungen getroffen, damit Branchen während des Streiks bevorzugt bedient werden, die wie die Stahl-, die Chemie- und die Automobilindustrie nicht ohne schwere Gütertransporte funktionieren können.