Swatch schreibt erstmals rote Zahlen

Pandemie macht dem Schweizer Uhrenhersteller schwer zu schaffen

Swatch schreibt erstmals rote Zahlen

dz Zürich – “Ich bin eigentlich ein kreativer Typ und habe normalerweise viel Fantasie. Aber ich habe nie gedacht, dass wir in einer freien Welt per Regierungsbeschluss gezwungen werden könnten, unsere Betriebe zu schließen.” In einer Videobotschaft aus dem Bieler Hauptsitz gab Swatch-Chef Nick Hayek am Dienstag einen vertieften Einblick in die Verwüstungen, welche die Pandemie im ersten Halbjahr beim weltgrößten Uhrenhersteller verursacht hat.1,9 Mrd. sfr weniger Umsatz (-43 %), 723 Mill. sfr weniger Gewinn, ein erstmaliger Reinverlust von 308 Mill. sfr und eine Werteinbuße an der Börse im Umfang von über 3,5 Mrd. sfr seit Anfang des Jahres. Das Coronavirus hat dem Schweizer Vorzeigeunternehmen in der Tat mächtig zugesetzt. Über 80 % aller Geschäfte, in denen die Firma ihre Zeitmesser verkauft, hätten in den vergangenen Monaten mindestens vorübergehend geschlossen werden müssen. Aktuell sind von den über 2 000 eigenen Läden des Konzerns noch 260 zu. Darunter befinden sich gemäß Hayek allerdings viele “CK”-Stores, die möglicherweise nie mehr aufmachen werden. Die Swatch Group hatte im Oktober das Ende der Zusammenarbeit mit dem Modelabel Calvin Klein angekündigt.Eindrückliche Zahlen zeigte Hayek zum Umsatzverlauf in dem für die Swatch Group wichtigsten Einzelmarkt China. Nach zweistelligen Wachstumsraten 2019 brachen die Verkäufe in den eigenen Läden im Zuge des Lockdowns im Februar fast vollständig ein (- 83 %). Ebenso spektakulär verlief die Gegenbewegung nach der Öffnung. Seit Mai nehmen die Direktverkäufe in China um 60 % bis über 70 % zu, und dies im Vergleich zu durchaus wachstumsstarken Vorjahresmonaten.Deutlich langsamer erholen sich dagegen die Verkäufe im Großhandel. Die von der Swatch Group zu beliefernden Uhrenhändler sitzen offensichtlich noch immer auf erheblichen Lagerbeständen, so dass die Bestellungen erst seit Juni wieder zaghaft zunehmen. Andere Märkte wie die USA oder Europa befinden sich im Vergleich zu China noch einige Monate im Rückstand, so dass die Erholung der Verkäufe bei Swatch im Verlauf der nächsten Monate an Dynamik gewinnen sollte.Die kommenden Monate versprechen für die hart geprüfte Uhrenbranche etwas Entspannung. “Global gesehen hat die Aktivität wieder zugenommen”, stellt Uhrenverbandspräsident Jean-Daniel Pasche fest. Auch die Swatch Group rechnet mit einem “starken” zweiten Semester und einem positiven Betriebsergebnis fürs Gesamtjahr. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Konzern in den sechs Monaten bis zum Jahresende mindestens 327 Mill. sfr Betriebsgewinn erarbeiten. Das scheint mit Blick auf das zweite Halbjahr 2019 (476 Mill. sfr) kein allzu schwieriges Unterfangen darzustellen. Doch dieser Eindruck täuscht. Die Swatch Group wird auch im zweiten Semester weit weg von ihrem normalen Umsatzniveau bleiben, was in der Produktion deutlich höhere Stückkosten bedeutet.