IM INTERVIEW: MARTIN THIEL

TAG Immobilien hebt Prognose an

Der CFO des MDax-Konzerns zur operativen Entwicklung, Refinanzierung und zu einem Bewertungsgewinn

TAG Immobilien hebt Prognose an

Bei dem vor allem in Ostdeutschland aktiven Wohnungskonzern TAG Immobilien wächst die Zuversicht. Nach einer Steigerung der für Immobilienunternehmen wichtigen operativen Kenngröße FFO 1 (Funds from Operations) auf 36,1 (i. V. 30,9) Mill. Euro im zweiten Quartal erhöhen die Hamburger ihre Jahresziele. Finanzvorstand Martin Thiel erläutert die Perspektiven.- Herr Thiel, Sie haben die operative FFO- und die Dividendenprognose für 2018 angehoben. Was sind die Gründe?Wir haben uns sowohl operativ als auch von der Finanzierungsseite her im ersten Halbjahr 2018 besser entwickelt als ursprünglich geplant. Die neue FFO-Prognose ist um rund 6 Mill. Euro höher als die letzte im November 2017 veröffentlichte Prognose. Wesentliche Ursachen dafür sind ein um ca. 2,3 Mill. Euro besseres operatives Ergebnis, das im Wesentlichen aus dem guten Mietwachstum und weiteren Effizienzsteigerungen auf der Kostenseite resultiert, sowie die von uns im Juni 2018 durchgeführten Refinanzierungsmaßnahmen, die aus der Begebung von zwei neuen Unternehmensanleihen über insgesamt 250 Mill. Euro mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 1,5 % p. a. und dem Rückkauf einer bestehenden Unternehmensanleihe über 125 Mill. Euro, die mit 3,75 % p. a. verzinst wurde, bestanden, die mit rund 3,6 Mill. Euro zur Prognoseerhöhung beitragen.- Welche Erwartungen haben Sie für das Mietwachstum?Für das Mietwachstum gilt unverändert unsere Prognose aus dem November letzten Jahres, hier erwarten wir für das volle Geschäftsjahr 2018 einen Wert, inklusive der Effekte aus dem Leerstandsabbau, zwischen 2,5 % und 3,0 %.- Die Leerstandsquote in den Wohneinheiten der TAG lag zum 30. Juni höher als Ende 2017. Wie geht es weiter?Im Jahresverlauf 2017 haben wir insgesamt fast 5 000 Wohnungen mit einem durchschnittlichen Leerstand von 13,8 % erwerben können. Durch die Integration dieser Bestände in unser Portfolio ist die Leerstandsquote in unserem gesamten Wohnungsbestand dann von 4,8 % zum Jahresende 2017 auf – nun unter Einbeziehung dieser Wohnungen – 5,3 % angestiegen. Aktuell beläuft sich der Leerstand im Juni 2018 auf 5,5 %. Wir erwarten aber in der zweiten Jahreshälfte 2018 einen Rückgang der Leerstandsquote, da sich dann die aktuell in der Umsetzung befindlichen Modernisierungsprogramme zum Leerstandsabbau auswirken werden. Für das Gesamtportfolio gilt insofern weiterhin unsere Prognose aus dem November 2017, die einen Leerstandsabbau im Geschäftsjahr 2018 zwischen 0,3 und 0,5 Prozentpunkten unterstellt.- Welche Bedeutung hat die Verringerung der durchschnittlichen Fremdkapitalkosten durch jüngste Refinanzierungsmaßnahmen?Die Begebung der beiden Unternehmensanleihen war für uns, nach den bereits im Sommer 2017 durchgeführten umfangreichen Refinanzierungsmaßnahmen bei Bankkrediten und der damaligen Emission einer Wandelanleihe, ein wesentlicher Schritt, um uns die aktuell günstigen Zinskonditionen zu sichern und dabei zugleich unsere Laufzeiten zu verlängern. So haben wir in den letzten 18 Monaten unsere durchschnittlichen Fremdkapitalkosten von 3,15 % p. a. zu Jahresbeginn 2017 auf aktuell 1,99 % p. a. reduziert. Bei derzeit rund 2,4 Mrd. Euro Finanzverbindlichkeiten summiert sich das auf eine jährliche Zinsersparnis von fast 28 Mill. Euro. Zugleich haben wir die Laufzeiten unserer Finanzverbindlichkeiten weiter verlängern können, diese belaufen sich aktuell auf durchschnittlich 8,8 Jahre nach 8,3 Jahren zum Jahresbeginn 2017.- Inwieweit ist mit weiteren Entlastungen bei den Zinskosten zu rechnen?Auch wenn die wesentlichen Refinanzierungsmaßnahmen nun umgesetzt sind, besteht durchaus weiteres Einsparungspotenzial. So bestehen in den nächsten zweieinhalb Jahren Fälligkeiten beziehungsweise Zinsbindungsenden bei Bankkrediten in einer Gesamthöhe von 318 Mill. Euro. Die Verzinsung dieser Kredite liegt zwischen 2,6 % und 3,7 % p. a. Vor dem Hintergrund aktuell doch deutlich niedrigerer Zinssätze bei Refinanzierungen wird es also zu weiteren Zinsreduzierungen kommen. – Eine Neubewertung Ihres Portfolios zum 30. Juni hat zu einem Bewertungsgewinn von 230 Mill. Euro geführt. Wie beurteilen Sie das künftige Wertsteigerungspotenzial?Unser Portfolio ist aktuell mit rund 895 Euro je qm bewertet, dies entspricht dem 14,9-Fachen der derzeitigen jährlichen Miete. Das ist unseres Erachtens immer noch ein moderates Niveau, gerade im Vergleich zu Transaktionspreisen, die wir momentan im Markt beobachten. Gerade in unseren Standorten, die sich meist im Umfeld großer Städte und in wachsenden Mittelstädten in Ostdeutschland befinden, sehen wir eine kontinuierlich steigende Nachfrage, nicht nur im Mietmarkt, sondern auch auf der Investmentseite.- Die Prognose des Vorsteuergewinns haben Sie reduziert. Weshalb?Das ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass wir im Rahmen des vorzeitigen Rückkaufs der Unternehmensanleihe eine einmalige Sonderzahlung an die Inhaber dieser Anleihe von 9,5 Mill. Euro entrichtet haben, was wirtschaftlich für uns sehr sinnvoll war, da wir zugleich wesentlich günstiger refinanzieren konnten. Diese Sonderzahlung belastet das Vorsteuerergebnis, wird jedoch beim FFO als Sondereffekt außer Betracht gelassen.- Wie beurteilen Sie die Aussichten von TAG über 2018 hinaus?Wir fühlen uns mit unserem Geschäftsmodell, das aus der langfristigen Vermietung von preisgünstigem Wohnraum besteht, sehr gut aufgestellt. Gerade aktuell zeigt sich, dass die von uns vor einigen Jahren eingeschlagene Strategie, in renditestarke ostdeutsche Portfolien mit Potenzialen zum Leerstandsabbau zu investieren, richtig ist. Hier haben wir uns in der Vergangenheit viel Know-how aufgebaut und im richtigen Moment gekauft, das zeigt sich nun in guten Ergebnissen und einer attraktiven Dividende.- Sind Adjustierungen an der strategischen Ausrichtung absehbar?Wir werden unsere grundsätzliche Strategie nicht ändern, dazu ist diese im Moment offen gesagt einfach zu erfolgreich. Aber wir beschäftigen uns natürlich permanent damit, wie wir weiteren Wert für unsere Mieter und Aktionäre aus dem bestehenden Portfolio schaffen können. Der bereits in Gang befindliche Ausbau des Servicegeschäftes ist nur ein Beispiel dafür. —-Das Interview führte Carsten Steevens.