Tata Steel wirft Auge auf Stahlsparte von Thyssen

Fortgeschrittene Gespräche über Gemeinschaftsunternehmen - Stahlwerte an der Börse im Aufwind

Tata Steel wirft Auge auf Stahlsparte von Thyssen

ab Düsseldorf – In die häufig geforderte Aufspaltung von Thyssenkrupp scheint Bewegung zu kommen. Wie die “Rheinische Post” unter Verweis auf Berliner Regierungskreise berichtete, sucht der indische Stahlkonzern Tata Steel, der erst vor wenigen Tagen den Rückzug aus Großbritannien ankündigte, im europäischen Stahlmarkt den Schulterschluss mit Thyssenkrupp. Favorisiert werde dabei zunächst die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Schon im Januar hatten Analysten der Berenberg Bank eine Kombination von Tata Steel mit Thyssenkrupp ins Gespräch gebracht, stellen aber auf einen Börsengang der kombinierten Stahlgeschäfte ab.Auch wenn sich Thyssenkrupp erwartungsgemäß nicht zu den Spekulationen äußerte, sieht der Vorstand des deutschen Konzerns nicht zuletzt wegen der massiven Überkapazitäten in Europa schon seit längerem eine Konsolidierung als sinnvoll an. Thyssenkrupp wolle sich daran aus einer Position der Stärke beteiligen, werden Vorstandschef Heinrich Hiesinger und Finanzchef Guido Kerkhoff nicht müde zu betonen.Die Hoffnung auf den Startschuss für die Branchenkonsolidierung sorgte am Freitag bei den europäischen Stahlwerten für Auftrieb. Thyssenkrupp legten in einem schwächeren Gesamtmarkt in der Spitze um 8,2 % zu. Zum Handelsende verblieb mit 19,16 Euro ein Plus von 4,9 %. ArcelorMittal, der weltgrößte Stahlhersteller, legte um 4,4 % zu, die österreichische Voestalpine profitierte mit einem Kurszuwachs von mehr als 1 %. Selbst Salzgitter, die die Anfangsgewinne im Verlauf zunächst wieder abgeben musste, ging mit einer Kurssteigerung um 0,7 % in das Wochenende. HerausforderungenDie europäischen Stahlhersteller werden seit geraumer Zeit von mehreren Seiten in die Zange genommen. Neben den Überkapazitäten sind dabei vor allem die Billigimporte aus China sowie die in der EU geplante Verschärfung des Emissionsrechtehandels zu nennen. Gemäß einer Prognos-Studie wäre in der Branche bis 2030 mit einem Produktions- und Beschäftigungsrückgang um 60 % zu rechnen, sollten die EU-Pläne in ihrer jetzigen Form Realität werden. Die Beschäftigten der vor- und nachgelagerten Branchen eingerechnet stünden sogar 380 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.In Europa gibt es derzeit nur zwei Firmen – Thyssenkrupp und Voestalpine -, die im Stahlgeschäft kein Geld verbrennen. Nicht umsonst unterzieht Thyssenkrupp die Sparte Steel Europe fortwährend Effizienzsteigerungsprogrammen. Da die Not so groß sei, spreche jeder mit jedem. Bislang sei dabei aber nichts von Substanz herausgekommen, sagte ein Insider. Am Ende komme es immer auf die Bewertung an.Sollten die nach dem Zeitungsbericht weit fortgeschrittenen Gespräche zum Zusammenschluss führen, drohten insbesondere der deutschen Belegschaft am Standort Duisburg harte Einschnitte. Denn Tata Steel besitzt an dem von Duisburg gar nicht so weit entfernten Standort IJmuiden in den Niederlanden eines der profitabelsten Stahlwerke in Europa. Aufgrund der direkten Anbindung an die Nordsee entfallen dort hohe Transportkosten.Es wirkt beinahe mehr als zufällig, dass die IG Metall für den 11. April einen Stahlaktionstag in Duisburg veranstaltet. Dort wollen sich auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zu Wort melden.