Telecom Italia lockt Käufer an
Nach dem Zerfall des Aktionärsbündnisses in der Telco Holding, die gut 22% an Telecom Italia (TI) hielt, ist der italienische Telekom-Konzern ins Visier von internationalen Investoren gerückt. Der ehemalige Telstra-Chef Sol Trujillo bastelt dem Vernehmen nach an einer Offerte zusammen mit Fondsinvestoren aus Katar und Abu Dhabi. Die TI-Aktie kletterte auf ein Dreimonatshoch von 0,96 Euro.hei Frankfurt – Telecom Italia, die in Brasilien im Kampf um die Übernahme des Breitbandanbieters GVT gegenüber Telefóncia den Kürzeren gezogen hat, ist nun selbst ins Visier potenzieller Käufer geraten. Der hoch verschuldete Konzern, dessen einzige wachstumsstarke Auslandstochter TIM do Brasil durch den Coup von Telefóncia in dem größten lateinamerikanischen Markt geschwächt ist, bringt es auf eine Marktkapitalisierung von gerade noch 12,4 Mrd. Euro. Der Moment ist also günstig. Informationen von Bloomberg zufolge arbeitet der ehemalige Telstra-Chef Sol Trujillo zusammen mit Staatsfonds aus Katar und Abu Dhabi denn auch bereits an einer Offerte über 7,5 Mrd. Euro, um einen Mehrheitsanteil an Telecom Italia zu übernehmen.Die Telecom Italia-Aktie, die im vergangenen Jahr auf ein Tief von 0,50 Euro abgesackt war, kletterte auf ein Dreimonatshoch von 0,96 Euro, gab jedoch im Tagesverlauf einen Teil der Gewinne wieder ab. Wie es weiter heißt, ist die Finanzierung eines Gebots noch nicht voll gesichert. Bei Telecom Italia hatten zuvor schon andere, darunter Hutchison Whampoa, der Eigentümer von 3 Italia, und der ägyptische Milliardär Naguib Sawiris angeklopft. Jedoch war das durch Umsatz- und Margendruck im Inland geschwächte Unternehmen jahrelang durch einen Aktionärspakt in der Kontrollholding Telco geschützt.Telco hielt 22,32 % an Telecom Italia und wurde ihrerseits von einem Aktionärsbündnis getragen. Dessen Mehrheit lag bei der spanischen Telefónica, die damit auch frühzeitig Avancen des Mexikaners Carlos Slim bei TI eine Abfuhr erteilte. Dieser hat sich in Europa bereits bei KPN und Telekom Austria eingekauft. Unteressen ist der Aktionärspakt bei Telco jedoch zerfallen. Das 22-Prozent-Paket an TI wurde unter den Telco-Gesellschaftern in eine Direktbeteiligung entsprechend ihren Telco-Anteilen gewandelt. Zu diesen Gesellschaftern gehören neben Telefónica der Versicherer Generali sowie Mediobanca und Intesa San Paolo. Alle Gesellschafter hatten nach dem Zerfall des Pakts ihre Bereitschaft zum Verkauf ihrer TI-Anteile erklärt.Telefónica hat bereits erste Schritte zum Abbau ihres Pakets eingeleitet. Über eine 750 Mill. Euro schwere Wandelanleihe sinkt ihr Anteil von 14,8 auf 8 %. Für die Spanier war die Beteiligung an TI zur doppelten Bürde geworden. Zum einen zwang der schwache Geschäftsverlauf des italienischen Konzerns Telefónica (und die anderen Telco-Aktionäre) wiederholt zu schmerzhaften Abschreibungen auf ihre Anteile. Zum anderen saßen Telefónica die brasilianischen Aufsichtsbehörden im Nacken, weil die Spanier ihrerseits eine Mobilfunktochter in Brasilien haben und zugleich über Telecom Italia Einfluss auf deren Tochter TIM do Brasil ausüben konnten.TI drückt seit längerem ein Schuldenberg in Höhe von mittlerweile 28 Mrd. Euro. Der Ertragsdruck im Inland hat die Nettoschulden im Verhältnis zum operativen Ergebnis so in die Höhe getrieben, dass die Ratingagenturen den Konzern als erstes Telekom-Unternehmen in Europa in den Junk-Status gedrückt haben. Dringend notwendige Investitionen in die Netzinfrastruktur sind aus Kapitalmangel unterblieben, die Abspaltung des Netzes ist gescheitert.Telekom-Veteran Trujillo, der vor Telstra an der Spitze von Orange gestanden hat, soll der italienischen Regierung einen Turnaround-Plan für Telecom Italia vorgelegt haben. Darin sollen auf Basis aufgerüsteter Netze bis 2020 Umsätze von 26 Mrd. Euro und ein operatives Ergebnis vor Steuern von 11 Mrd. Euro angepeilt werden. Die Nettoschulden sollen bis auf 16 Mrd. Euro zurückgedrängt werden.