Tennet-Stromnetz-Deal nun auch offiziell geplatzt
Tennet-Deal mit Bund nun offiziell geplatzt
Niederländischer Stromnetzkonzern will deutsche Aktivitäten an Investoren verkaufen
cru Frankfurt
Nun ist der 22 Mrd. Euro schwere Tennet-Deal auch ganz offiziell geplatzt: Die Bundesregierung habe die Verhandlungen über den milliardenschweren Kauf der in Deutschland gelegenen Stromautobahnen des staatlichen niederländischen Übertragungsnetzbetreibers Tennet Holding beendet. Das teilte der Konzern am Donnerstag mit, „nachdem die deutsche Bundesregierung dem niederländischen Staat mitgeteilt hat, dass sie die geplante Transaktion aufgrund von Haushaltsproblemen nicht durchführen kann“. Die Bundesregierung sei bereit, alternative Lösungen zu unterstützen, so Tennet. Das Unternehmen halte an der Umsetzung seiner großen Investitionspläne in beiden Ländern fest.
Damit ist der Weg für den Einstieg privater Infrastrukturinvestoren wie Macquarie, KKR oder Brookfield bei Tennet Deutschland frei – sofern ihnen die von der Bundesnetzagentur gewährte Eigenkapitalverzinsung genügt. Die Leitungen des Konzerns transportieren hierzulande den Strom von den Windrädern im Norden zu den Fabriken im Süden.
Auch ein Börsengang wäre nun möglich. „Tennet bereitet konkrete Optionen für einen Privatverkauf, einen Teilverkauf oder einen Börsengang von Tennet Deutschland vor“, erklärte der niederländische Finanzminister Steven van Weyenburg in einem Brief an das Parlament. Der belgische Mutterkonzern Elia des Netzbetreibers 50Hertz ist an der Börse notiert.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigte sich enttäuscht über das Scheitern der Verhandlungen mit Tennet. Er bedauere, dass es nicht gelungen sei, die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und Transnet BW in einer Gesellschaft zusammenzufassen, sagte der Grünen-Politiker am Rande einer Ostasien-Reise in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul.
Investitionen in bisher nicht da gewesenem Umfang
Dieser Plan zur Fusion der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber wird seit Jahren unter dem Stichwort „Deutsche Netz AG“ diskutiert. Die Staatsbank KfW ist auch bereits mit einem Minderheitsanteil an der EnBW-Netztochter Transnet BW beteiligt – ebenso wie an 50Hertz aus Berlin. Eine solche Minderheitsbeteiligung wird nun auch für Tennet Deutschland überlegt, nachdem die Komplettübernahme gescheitert ist.
Am 16. Mai hatte Tennet bereits mitgeteilt, dass die rasche Beschleunigung des Netzausbaus sowohl an Land als auch auf See Investitionen in bisher nicht da gewesenem Umfang erfordere. Der kürzlich angekündigte Zehnjahres-Investitionsplan für den Zeitraum 2024 bis 2033 belaufe sich auf 160 Mrd. Euro. Er solle in erster Linie durch Fremdkapital, aber auch durch Eigenkapital finanziert werden.
Als mögliche Lösung für den Eigenkapitalbedarf in Bezug auf die deutschen Aktivitäten hat Tennet die Möglichkeit eines vollständigen Verkaufs der deutschen Aktivitäten an die KfW geprüft, aber keine Einigung erzielt. „Tennet beabsichtigt daher auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme des öffentlichen oder privaten Kapitalmarktes zu prüfen, um den Eigenkapitalbedarf für das deutsche Geschäft zu decken, und bereitet sich in enger Zusammenarbeit mit dem niederländischen Staat als alleinigem Anteilseigner auf ein zügiges Vorgehen vor“, hieß es schon im Mai. In der Zwischenzeit habe der Staat Tennet ein Gesellschafterdarlehen von 25 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, das die Finanzierung der Investitionen in den Niederlanden und Deutschland 2024/2025 sicherstellt. Darüber hinaus hat Tennet kürzlich mit einer grünen Hybridanleihe im Wert von 1,1 Mrd. Euro in zwei Tranchen den Hybridmarkt erschlossen. Damit kommt der Konzern der Umsetzung seines Investitionsprogramms in beiden Ländern nach.