Thyssenkrupp-Aufzüge stecken fest

Vor Börsengang der Elevator-Sparte schrumpft die Marge - Stahlgeschäft kommt ebenfalls unter Druck

Thyssenkrupp-Aufzüge stecken fest

Thyssenkrupp verbrennt Geld. Der freie Cash-flow liegt nach der ersten Hälfte des Geschäftsjahres mit 2,5 Mrd. Euro im Minus. Auch die lukrative Aufzugssparte, die ab Oktober reif für einen Teilbörsengang sein soll, hat an Glanz verloren: Anstatt wie angekündigt zu steigen, ist die Marge unter 11 % gesunken.cru Düsseldorf – Thyssenkrupp sieht nach der gerade erst verkündeten strategischen Kehrtwende von Vorstandschef Guido Kerkhoff bei der Auftragslage und dem Barmittelzufluss in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres etwas besser aus als befürchtet. Die konjunkturelle Abkühlung hat aber die Nachfrage im Automobilkomponentengeschäft und in der Stahlsparte gedrückt, den Verlust im Großanlagenbau erhöht und den bereinigten operativen Gewinn (Ebit) der fortgeführten Aktivitäten in den Monaten Januar bis März um 25 % auf 212 Mill. Euro verringert. Das war etwas weniger schlimm als zuletzt befürchtet. Ursache dafür ist laut Bankhaus-Metzler-Analyst David Varga, dass die Automobilkomponentensparte trotz der Schwäche der Autoindustrie um 3 % wuchs und weiter Kosten in der Konzernzentrale eingespart wurden.”Die Performance unserer Geschäfte ist heute immer noch nicht dort, wo wir sie haben wollen”, hatte Vorstandschef Kerkhoff am Freitag nach der Ankündigung der Strategiewende in einer Telefonkonferenz eingeräumt. “Vom Stahlzyklus kommt zusätzlicher Gegenwind. Die Ergebnissituation beim Stahl ist aktuell sehr schlecht. Darüber hinaus wird uns die erwartete Kartellstrafe zusätzlich erheblich belasten.”Zu dem geplanten Börsengang der Aufzugssparte gab es am Dienstag keine Neuigkeiten. Kerkhoff will ab dem im Oktober beginnenden neuen Geschäftsjahr so weit sein, einen Teil an die Börse zu bringen. Den genauen Zeitpunkt hält er offen.Allerdings sind die Margenerwartungen für diese Sparte laut J.P.-Morgan-Analyst Luke Nelson “enttäuschenderweise” zurückgenommen worden. Der Preisdruck und hohe Materialkosten führten dazu, dass die Marge mit 10,6 % um 1,2 Prozentpunkte unter dem Vorjahreszeitraum lag. Im zweiten Halbjahr sei dort aber eine deutliche Verbesserung zu erwarten, so dass die Marge im Gesamtjahr gegenüber dem Vorjahreswert von 11,5 % auch dank Restrukturierungs- und Effizienzmaßnahmen stabil bleiben werde. Zuvor hatte Thyssenkrupp allerdings noch eine Erhöhung in Aussicht gestellt.Mit dem Börsengang der Aufzugssparte wird laut Kerkhoff “die Kapitalbasis von Thyssenkrupp substanziell gestärkt”. “Der erwartete Erlös gibt uns die Flexibilität, alle Geschäfte konsequent weiterzuentwickeln, zu restrukturieren, aber auch Bestehendes in Frage zu stellen.” Im Gesamtjahr VerlustInsgesamt schrumpfte der operative Gewinn des Konzerns (bereinigtes Ebit) im Halbjahr um 27 % auf 685 Mill. Euro. Er soll im Gesamtjahr zwischen 1,1 Mrd. und 1,2 Mrd. Euro liegen – und damit 15 % niedriger, als noch am Donnerstag vergangener Woche erwartet worden war. Unter dem Strich wird Thyssenkrupp laut neuer Prognose einen Verlust einfahren.Der Konzern nannte eine lange Liste von Problemen als Begründung: Von der schwachen Nachfrage der Autoindustrie über fallende Stahlpreise und steigende Lohnkosten bis hin zum niedrigen Pegelstand des Rheins, der die Schifffahrt behindert. Unter dem Strich rutschte der Konzern im zweiten Quartal mit 99 Mill. Euro in die roten Zahlen – nach einem Gewinn von 240 Mill. Euro im Vorjahr -, so dass im Halbjahr netto nur 56 Mill. Euro übrig blieben, unter anderem wegen höherer Rückstellungen für eine erwartete Kartellstrafe in der Stahlsparte. Positiv überrascht hat laut Goldman-Sachs-Analyst Eugene King der freie Cash-flow vor M&A der fortgeführten Aktivitäten mit einem Plus von fast 100 Mill. Euro. Dagegen hält Barclays-Analyst Lars Brorson die “schwache Entwicklung der Barmittel für auffällig” – mit einem freien Cash-flow, der mit knapp 2,5 Mrd. Euro im Minus liegt.Zudem brach das Ergebnis der wieder in den Konzern integrierten Stahlsparte in den ersten sechs Monaten auf 84 Mill. Euro Verlust ein – und auch die vor dem Teilbörsengang stehende Aufzugssparte, die mit einem geschätzten Wert von 15 Mrd. Euro als Ertragsperle und Kronjuwel des Konzerns gilt, stagnierte.Die schwachen Zahlen werden die Kritik der großen Investoren verschärfen, dass das Unternehmen schlecht geführt werde. “Es ist klar, dass Thyssenkrupp mit seiner bisherigen Strategie gescheitert ist”, hatte Lars Förberg, Chef des mit 18 % am Konzern beteiligten schwedischen Finanzinvestors Cevian, am Freitag nach der Absage der Stahlfusion mit Tata und der Absage der Aufspaltung des Konzerns gesagt. “Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass eine fundamentale Neuausrichtung jetzt dringend notwendig ist, um den Geschäftssparten von Thyssenkrupp eine Zukunft zu geben.” Darüber entscheiden wird der Aufsichtsrat in der Sitzung am Dienstag (21. Mai). Details zum geplanten Konzernumbau will Kerkhoff im August nennen. Aktienkurs knickt einDer Kurs der Thyssenkrupp-Aktie schwankte am gestrigen Dienstag zeitweise stark zwischen Gewinnen und Verlusten und notierte am Nachmittag um 4 % schwächer bei 12,55 Euro. Am Vortag waren die Aktien um fast 9 % gefallen und hatten damit einen Teil der Kurs-Rally vom Freitag abgegeben. Seit Anfang 2018 hat sich der Börsenwert des Konzerns auf 8 Mrd. Euro halbiert. Damit steht der Verbleib im Dax auf der Kippe. Haupteigentümerin ist die Krupp-Stiftung mit 21% der Anteile.