Thyssenkrupp startet Ausverkauf

Aufsichtsrat berät Mittwoch über erste Offerten für Aufzugssparte - Infos an Investoren zum Anlagenbau

Thyssenkrupp startet Ausverkauf

Es wird voraussichtlich der größte M&A-Deal in Deutschland im Jahr 2020: Dem Thyssenkrupp-Aufsichtsrat liegen für die Aufzugssparte milliardenschwere Offerten von Finanzinvestoren vor. Auch der Verkauf des Großanlagenbaus kommt voran. Ende Januar wird Informationsmaterial an Kaufinteressenten verschickt.cru Frankfurt – Der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp berät am morgigen Mittwoch über den Verkauf von großen Teilen des angeschlagenen Unternehmens. Die erst im Oktober aus dem Kontrollgremium an die Konzernspitze gewechselte Vorstandschefin Martina Merz wird dann dem neuen Aufsichtsratschef und Ex-Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm über Fortschritte beim Umbau berichten: Am Montag haben vier Konsortien von Finanzinvestoren ihre erstmals detaillierter ausgearbeiteten Offerten für das Kerngeschäft mit Aufzügen abgeliefert, dessen Wert auf 15 Mrd. bis 20 Mrd. Euro geschätzt wird.Der Deal dürfte somit die größte M&A-Transaktion in Deutschland im Jahr 2020 werden. Die beiden strategischen Interessenten – der finnische Aufzugshersteller Kone im Verbund mit dem britischen Finanzinvestor CVC sowie der japanische Bieterkonkurrent Hitachi – haben dem Vernehmen nach noch Zeit bis Ende Januar für ihre Angebote. Zu den interessierten Finanzinvestoren zählt ein Konsortium aus Advent mit Cinven sowie dem Staatsfonds von Abu Dhabi. Blackstone bietet zusammen mit Carlyle und dem Canada Pension Plan Investment Board. Ebenfalls im Rennen sind die kanadische Brookfield Asset Management und 3G Capital. Geboten wird – je nach Bieter – für einen Komplettverkauf oder auch für einen Minderheitsanteil.Mit der Auktion beauftragt sind die Investmentbanken J.P. Morgan, Goldman Sachs und Deutsche Bank. Alternativ bereiten die Banker auch einen Börsengang der Sparte vor, der aber als unwahrscheinlich gilt, weil er zu wenig Geld einbringt. Kone und CVC werden von Bank of America und Citigroup beraten. Angelockt werden die Investoren, weil die Aufzugssparte mit 50 000 Beschäftigten und 8 Mrd. Euro Umsatz rund die Hälfte der Einnahmen verlässlich im Voraus mit der Instandhaltung verdient. Die einflussreichen Gewerkschafter der IG Metall dürften dem Deal nicht allzu stark im Wege stehen, da nur 5 000 Beschäftigte der Sparte in Deutschland arbeiten und somit als zahlende Mitglieder in Frage kommen. Citigroup als BeraterEbenfalls Ende Januar soll der Verkauf der Thyssenkrupp-Sparte für Großanlagenbau namens Plant Technology starten. Das wird aus Finanzkreisen bestätigt. Zum Auftakt werden Informationspakete zu dem Geschäft an potenzielle Kaufinteressenten verschickt. Welchen Wert die Sparte haben könnte, ist laut Investmentbankern schwer einzuschätzen.Der Umsatz, der zum größten Teil mit dem Geschäft als Generalunternehmer im Bau von Chemieanlagen erzielt wird, liegt bei knapp 3 Mrd. Euro. Zuletzt machte die Sparte mehr als 160 Mill. Euro Verlust vor Zinsen und Steuern. Die drei Teile der Sparte für Düngemittelfabriken, Bergbauanlagen und Zementfabriken können als drei einzelne Teile oder auch als Ganzes an neue Eigentümer gehen. Nicht mehr zu der Sparte gehören seit kurzer Zeit der Kriegsschiffbau Marine Systems mit den U-Booten und der Bereich Plant Engeneering. Mit der Entwicklung strategischer Perspektiven – sprich: dem Verkauf von Plant Technology – wurde die Citigroup beauftragt.Da zugleich auch für die Automobilzuliefersparte und für den Werkstoffhandel Fusionspartner oder Käufer gesucht werden, bliebe am Ende von Thyssenkrupp nicht mehr übrig als die Stahlsparte, die einst das Kerngeschäft des 200 Jahre alten Ruhrgebietskonzerns bildete. Der Ausverkauf hat begonnen.Thyssenkrupp und der Rivale Salzgitter haben zurückhaltend auf Gerüchte über Sondierungen zu einer möglichen Stahlfusion reagiert. “Die Umsetzung der im Dezember angekündigten Stahlstrategie steht für uns im Vordergrund”, erklärte ein Sprecher. Thyssenkrupp will die Stahlsparte umbauen, dabei 2 000 von 27 000 Stellen streichen und einzelne Anlagen schließen.Thyssenkrupp braucht dringend Geld. Den Konzern drücken Pensionslasten von 8,5 Mrd. Euro, und jedes Jahr müssen 500 Mill. Euro an Pensionen in bar ausgezahlt werden; ein großer Teil der milliardenschweren Mittelabflüsse ist darauf zurückzuführen. Auch die Finanzschulden sind mit 5 Mrd. Euro etwa doppelt so hoch wie das Eigenkapital. Cevian wünscht sich Kone Der Kurs der Thyssenkrupp-Aktie legte am Montag um 2,3 % auf 12,15 Euro zu. Nach drei Gewinnwarnungen, zwei Strategiewechseln und zwei Chefwechseln hat sich der Börsenwert des Konzerns, der aus dem Dax in den MDax abgestiegen ist und dessen Anleihen auf Ramschniveau bewertet werden, seit Anfang 2018 auf 7,56 Mrd. Euro halbiert. Haupteigentümer sind die Krupp-Stiftung mit 21 % und der schwedische Finanzinvestor Cevian mit 18 %, der einen Verkauf der Aufzugssparte an Kone wünscht.