Ölkonzern

Total soll Klimakrise heruntergespielt haben

Elf und Total waren seit den siebziger Jahre auf dem Laufenden, dass sich ihre Aktivitäten rund um fossile Brennstoffe schädlich auf das Klima auswirken.

Total soll Klimakrise heruntergespielt haben

wü Paris –

Sie wussten es seit langem – und haben doch alles dafür getan, um Zweifel an den Erkenntnissen zu säen. Das ist das Fazit einer Studie, die das Wissenschaftsmagazin „Global Environmental Change“ jetzt zu dem Bewusstsein des Ölkonzerns Total und des vor 21 Jahren mit ihm fusionierten Konkurrenten Elf im Hinblick auf den Klimawandel veröffentlicht hat. Demnach waren beide Unternehmen seit den siebziger Jahre auf dem Laufenden, dass sich ihre Aktivitäten rund um fossile Brennstoffe schädlich auf das Klima auswirken.

Für die Studie haben der Wissenschaftshistoriker Christophe Bonneuil vom Forschungsinstitut Centre national de la recherche scientifique (CNRS), der Soziologe Pierre-Louis Choquet vom Institut d’Études Politiques und der Historiker Benjamin Franta von der US-Universität Stanford die Firmenarchive, interne Zeitschriften und Interviews des inzwischen in TotalEnergies umbenannten Konzerns untersucht. Dabei haben sie herausgefunden, dass erste Zweifel zu den klimaschädlichen Auswirkungen ihrer Aktivitäten bereits 1971 aufgekommen sind. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe setze enorme Mengen an Kohlendioxid frei und erhöhe die Menge an Kohlendioxid in der Atmosphäre, heißt es in einem in dem Jahr in einer Firmenzeitschrift erschienen Beitrag. Diese Zunahme sei ziemlich beunruhigend. Dennoch hat Total damals Stillschweigen über seine Zweifel bewahrt und später sogar versucht, bewusst Zweifel an dem von Menschen verursachten Klimawandel zu schüren.

In den letzten zehn Jahren hätten amerikanische Wissenschaftler offengelegt und untersucht, mit welchen Strategien amerikanische Konzerne versucht haben, Umweltauflagen zu vermeiden und zu verzögern, erklärt Bonneuil. In Frankreich habe es dagegen bisher eine Tendenz gegeben, zu denken, französische Unternehmen seien in dieser Hinsicht tugendhafter als ExxonMobil, sagte er „Le Monde“.

Die von ihm und seinen beiden Co-Autoren veröffentlichte Studie führe nun vor Augen, dass die französischen Ölkonzerne zumindest von 1987 bis 1994 ebenfalls ein doppeltes Spiel getrieben hätten. Sie sollen erfolgreich Druck auf Politiker ausgeübt haben, die versuchen wollten, Treibhausgase zu reduzieren. Parallel dazu haben sie damit begonnen, sich selber ein grünes Image zu geben.

Für TotalEnergies kommt die Studie zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, da Konzernchef Patrick Pouyanné das Unternehmen in diesem Jahrzehnt zu einem der fünf größten Produzenten erneuerbarer Energie umbauen will. Die wahre Frage sei jetzt, ob Total so gehandelt habe, um Zweifel zu säen und die Regierung dazu zu bringen, nichts oder nicht genügend gegen den Klimawandel zu tun, meint der auf Umweltrecht spezialisierte Rechtsanwalt Arnaud Gossement. So bald eine Verflechtung der beiden offensichtlich sei, sollte eine parlamentarische Untersuchungskommission eingesetzt werden, empfiehlt er. Man könne das Problem nicht nur auf die damaligen Führungskräfte von Total beschränken.

Ob Total und Elf genau wie ExxonMobil eine wichtige Rolle bei der Desinformationskampagne im Hinblick auf den Klimawandel gespielt hätten, müsse in vertieften Untersuchungen analysiert werden, sagt Benjamin Frata, einer der Co-Autoren der Studie. Der US-Konzern hat Mitte der 80er Jahre über die Umweltgruppe der Ölindustrie Ipieca (International Petroleum Industry Environmental Conservation Association) eine Führungsrolle bei einer internationalen Kampagne übernommen, die die Klimaforschung in Frage stellte und die Kontrollen fossiler Brennstoffe schwächen sollte. Der damalige Umweltdirektor von Total soll 1984 während einer Ipieca-Sitzung vom Ausmaß der Klimaerwärmung erfahren haben. Die Aktie von TotalEnergies schloss Mittwoch nahezu unverändert mit 44,87 Euro.