Trendwende in der Uhrenindustrie
dz Zürich – Der schweizerisch-südafrikanische Luxusgüterkonzern Richemont seine Verkäufe im Weihnachtsgeschäft steigern können. Das Unternehmen erhöhte den Umsatz im Quartal von Oktober bis Dezember um 5 % auf 3,1 Mrd. Euro. Eine so positive Entwicklung hatten offensichtlich die wenigsten Investoren erwartet. Im Durchschnitt rechneten Finanzanalysten mit einem stagnierenden Umsatz. Dementsprechend euphorisch reagierte die Börse. Die Aktien quittierten den Zwischenbericht mit einem Kursgewinn von nahezu 9 %. Allerdings bewegen sich die Titel im Mehrjahresvergleich immer noch auf niedrigem Niveau.Mitgezogen durch die Richemont-Zahlen wurden auch die Aktien der Swatch Group, des größten Schweizer Uhrenherstellers. Die Swatch-Papiere kletterten um mehr als 5 %. René Weber, Uhrenspezialist bei der Zürcher Bank Vontobel hält diesen Zweitrundeneffekt allerdings für “übertrieben”. Bei Richemont hätten die starken Schmuckverkäufe (Cartier) den Ausschlag für den guten Quartalsbericht gegeben. Diese machen mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen aus. Bei der Swatch Group sei ein solcher Effekt schon deshalb nicht zu erwarten, weil die in der Schweizer Uhrenhauptstadt Biel beheimateten “Seeländer” zu 90 % vom Uhrengeschäft lebten.Dennoch sind die Richemont-Zahlen auch für die seit zwei Jahren unter stark rückläufigen Verkaufszahlen leidende Schweizer Uhrenindustrie ein hoffnungsvolles Zeichen. Während der Konzern im zurückliegenden Geschäftsjahr in den größten Weltregionen rückläufige Verkaufszahlen hinnehmen musste (Europa – 17 %, Asien – 8 %, Amerika – 5 %), sind die Veränderungsraten zum Vorjahr im Berichtsquartal in diesen wichtigen Märkten wieder durchweg positiv. Läger geleertEin gutes Zeichen ist auch die starke Erholung im Großhandel, der im Quartalsvergleich zwar immer noch ein Minus von 3 % aufweist, das im gesamten letzten Rechnungsjahr aber 20 % betragen hatte. Der gebremste Rückgang des Großhandelsumsatzes ist ein Hinweis darauf, dass das überaus schwache und vor allem im Uhrenhandel äußerst wichtige Geschäft in Hongkong wieder Boden findet. Die Uhrenhändler in der chinesischen Geschäftsmetropole hatten im Zuge eines abrupten Nachfrageeinbruches große Lagerbestände abzubauen und dementsprechend kaum mehr neue Ware bestellt. Dieser Prozess scheint nun langsam zum Ende zu kommen.Die von Richemont hergestellten und verkauften Uhrenmarken verzeichneten im aktuellen Dreimonatsvergleich einen Verkaufsrückgang um 2 %. Im Zwölfmonatsvergleich waren es 17 % gewesen. Richemont musste im zurückliegenden Geschäftsjahr einen Gewinneinbruch um 51 % auf 540 Mill. Euro hinnehmen. Das Unternehmen reagierte mit einem Abbau von fast 700 der 8 000 Arbeitsplätze seit Anfang 2015. Die Swatch Group hatte trotz eines Umsatz- und Ertragseinbruchs zur Jahresmitte 2016 keinen entsprechenden Abbau eingeleitet.Die Schweizer Uhrenindustrie durchlief 2016 das schwierigste Jahr seit der Krise 2009 unmittelbar nach der Lehman-Pleite. Die Exporte gingen um 10 % zurück. Die Uhrenindustrie zählt mit 50 000 Beschäftigten und einer Bruttowertschöpfung von deutlich mehr als 10 Mrd. sfr zu den zentralen Exportbranchen des Landes. Der Silberstreif am Horizont zeigt sich gerade im richtigen Moment. Am Montag beginnt in Genf die Luxusuhrenmesse SIHH. Noch bestehen in der Branche unterschiedliche Ansichten darüber, ob der Niedergang im laufenden Jahr ganz gestoppt oder lediglich weiter abgebremst werden kann.