Triton will Wärmetauscher nicht verloren geben
Zoff um Galapagos: Die Holding des früheren Wärmetauschergeschäfts des Maschinenbaukonzerns Gea, das der Finanzinvestor Triton 2014 für 1,4 Mrd. Euro übernommen hat, steht im Mittelpunkt des Streits zwischen vorrangigen Gläubigern und Triton auf der einen Seite und den nachrangigen Kreditgebern auf der anderen. Jüngst wurde Insolvenz in Düsseldorf angemeldet. Der Fall unterscheidet sich stark von anderen Restrukturierungen.Von Walther Becker, FrankfurtVon “kriminellen Handlungen und einem insolvenzrechtlichen Husarenstück” ist auf der einen Seite die Rede, die andere moniert, dass Hedgefonds sich als “Konsensstörer” aufspielen, um den letzten Euro abzuzwacken: An dem in die Bredouille geratenen Wärmetauschergeschäft, das Triton 2014 für 1,4 Mrd. Euro dem Anlagenbauer Gea abgekauft hat, zerren Gläubigergruppen und der Finanzinvestor. Dabei sehen sich die vorrangigen Kreditgeber in einem Boot mit Triton. Doch die unbesicherten Gläubiger haben mit Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens über die Holding in Deutschland einen Erfolg ihrer Abwehrstrategie errungen.Und darum geht es: Unter der Holding Galapagos, über die die Finanzierung läuft, sind die beiden operativen Einheiten Kelvion (Wärmtauschanlagen) und Enexio (Kühlungs- und Wassersysteme) angesiedelt mit zusammen 5 000 Arbeitsplätzen. Letzter Stand: Die Insolvenz der Holding findet nicht in London statt, wie von Triton und den vorrangigen Gläubigern geplant, sondern in Düsseldorf. Galapagos hatte drei Anleihen über insgesamt 775 Mill. Euro Nennwert begeben. Jetzt geht es noch um 333 Mill. Euro an vorrangigen Anleihen und 250 Mill. Euro “unsecured” des kriselnden Luxemburger Vehikels für die ehemaligen Gea-Geschäfte. Ganz oben in der Struktur stehen 75 Mill. Euro “super senior”. Der Kurs des unbesicherten Papiers fiel zuletzt unter 10 %. Millionen an Beratergebühren Es geht wie oft in Restrukturierungsfällen um zig Millionen an Gebühren und Honoraren, denn sämtliche Seiten wollen sich gutachterlich und mit Advisory zu allen möglichen Aspekten absichern. Involviert sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und in sehr unterschiedlichen Rollen) Macquarie, Kirkland & Ellis, Unicredit und Goldman Sachs, Deutsche Bank, Alvarez & Marsal, Barings, Milbank, Moelis, Boston Consulting, Linklaters, PwC, Deloitte und andere. Über 30 Mill. Euro an Honoraren sollen bereits angefallen sein.”Das ist ein einmaliger Vorgang” betont ein Vertreter der nachrangigen Gläubiger, die nach den Plänen der “Senior”-Bondholder und von Triton leer ausgehen sollten. Sie sollten mit einem Bruchteil ihres Investments abgespeist werden, während die vorrangigen Gläubiger mehr als 100 % erhalten sollten und Triton sich eine attraktive Verzinsung ausbedungen habe, heißt es bei den “Unsecured”-Bondholdern. Die vorrangigen Kreditgeber sollten zu mehr als 100 % ihres Einsatzes herauskommen, Triton habe sich ein hohes Geld-Multiple auf frisches Kapital sichern wollen – auf Basis eines für 2023/24 angestrebten Exit mit einem dann prognostizierten operativen Ergebnis (Ebitda) von 125 Mill. Euro und einem unterstellten Bewertungsvielfachen von 7. Die unbesicherten Gläubiger hätten gerade 11 Mill. Euro erhalten und die Möglichkeit, sich mit 35 Mill. Euro an dem neu einzuschießenden Eigenkapital von 140 Mill. Euro zu beteiligen. Einziger BieterEingeleitet worden war im August dieses Jahres ein M&A-Prozess unter der Führung der Investmentbank Macquarie, die zunächst als Restrukturierungsberater agierte. Doch in der Auktion trat kein anderer Bieter als eben Triton auf – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Der rechtliche Sitz der Galapagos, die in Luxemburg eingetragen ist, wurde im Juni kurzerhand nach Fareham in Großbritannien verlegt, um sie nach englischem Recht zu restrukturieren – eine Insolvenz mit der Übertragung der Vermögensgegenstände auf ein anderes Vehikel von Triton. In Deutschland wäre dies so nicht möglich. Die vorrangigen Gläubiger unterstützten diese Insolvenzanmeldung. Triton wollte so die Mehrheit behalten.Doch mit dem Insolvenztourismus nach England fiel Triton auf die Nase – unter dramatischen Umständen in einem rechtlichen Husarenstück. Denn die von Unicredit und Deutscher Bank unterstützten unbesicherten Gläubiger, denen rechtlich die Kanzlei Milbank zur Seite steht, ersetzten die bisherige Geschäftsführung durch den Restrukturierungsanwalt Jan Bayer aus Frankfurt. Der beantragte als alleiniger Direktor kurz darauf ein Insolvenzeröffnungsverfahren in Düsseldorf, wo – nur wenige Stunden bevor das britische Gericht entschieden hätte – das Verfahren eröffnet wurde. Das Amtsgericht ernannte Frank Kebekus von der Kanzlei Kebekus et Zimmermann zum vorläufigen Verwalter. Das Insolvenzeröffnungsverfahren wurde zwar zwischenzeitlich vom Amtsgericht aufgehoben, aber aufgrund neuer Anträge wurde simultan mit der Aufhebung wieder ein neues Verfahren in Düsseldorf eingesetzt. Spritze von 140 Mill. EuroGalapagos hatte es in der Vergangenheit versäumt, den im Juni fälligen Zinskupon zu zahlen, wonach das Rating auf “C”-Niveau tief im Ramsch gesenkt wurde. Auf operativer Ebene, also der größeren Kelvion und der ertragsschwächeren Enexio, lief es schon lange nicht rund, und es gab zahlreiche Managementwechsel. Der Umsatz fiel, das Ebitda schmolz weg, und der freie Cash-flow wurde negativ. Schon 2018 drohte ein Bruch der Kreditbedingungen (Covenants), dem Triton mit einer Spritze von 22 Mill. Euro entgegenwirkte. Und der Finanzinvestor nahm Galapagos den Anteil an der Firma Denco Happel ab, was die Liquidität erhöhte. Der Leverage lag zuletzt beim 20-Fachen des operativen Ergebnisses (Ebitda).”Triton hat den operativen Gesellschaften Kelvion und Enexio umfangreiche finanzielle Unterstützung gewährt, um das weitere Wachstum der Gesellschaft zu unterstützen”, betont ein Sprecher. Bei den Gesprächen über die Refinanzierung stünden für Triton “stets das Wohl des Unternehmens und die Suche nach einer einvernehmlichen Lösung mit den Kreditgebern an vorderster Stelle”. Daher habe man sich auch dazu bereit erklärt, zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung zu stellen: insgesamt 140 Mill. Euro.Das operative Geschäft von Kelvion laufe “unterdessen gut, alle wichtigen Indikatoren sind deutlich besser als im Vorjahr”, wird betont. Die Unternehmen besäßen genügend Liquidität, ausreichende Kreditlinien und reichlich freie Aval-Linien. “Triton setzt weiter alles daran, in den Refinanzierungsgesprächen eine konsensuale Lösung mit allen beteiligten Gläubigern” zu erzielen.Üblicherweise muss in Restrukturierungsfällen das Eigenkapital zuerst die Schlüssel abgeben – so wie es Triton 2010 beim Autozulieferer Stabilus selbst exerziert hatte, als die Beteiligungsgesellschaft mit der Strategie “loan to own” über die Darlehen die Stabilus-Anteile erhalten hatte. Bei den Gea-Wärmetauschern allerdings sitzt Triton nun mit den vorrangig besicherten Gläubigern in einem Boot, um das Geschäft nicht verloren zu geben. Insofern unterscheidet sich dieser Fall stark von anderen Restrukturierungen. Die rund 5 000 betroffenen Beschäftigten dürften diese Feinheiten allerdings kaum interessieren.