Gerichtsurteil

„Triumph“ für Ryanair in Verfahren über Lufthansa-Rettung

Milliardenhilfen für die Lufthansa hätte die EU-Kommission so nicht genehmigen dürfen, urteilt das EU-Gericht. Das könnte nachträglich Folgen haben - auch wenn die Lufthansa die Hilfen längst zurückgezahlt hat.

„Triumph“ für Ryanair in Verfahren über Lufthansa-Rettung

„Triumph“ für Ryanair vor Gericht

EU-Richter zerpflücken Staatshilfen an Lufthansa und SAS in Coronakrise – Niederlagen für EU-Kommission

Mit dem Segen aus Brüssel rettete die Bundesregierung die Lufthansa in der Coranakrise mit Milliarden vor der Insolvenz. Das hätte die EU-Kommission so nicht genehmigen dürfen, urteilt nun das EU-Gericht. Zwar hat die Lufthansa die Hilfen längst zurückgezahlt. Folgen könnte das Urteil dennoch haben.

rec Brüssel

Konkurrenten der Lufthansa haben erfolgreich gegen die milliardenschwere Rettung der Airline geklagt. Die EU-Kommission hätte die Staatshilfen in der Coronakrise so nicht genehmigen dürfen, urteilten Richter am EU-Gericht in Luxemburg. Ryanair und Condor hatten mit ihren Klagen Erfolg. In einem parallelen Verfahren über Beihilfen des schwedischen Staates für SAS bekam Ryanair ebenfalls Recht.

Die Bundesregierung hatte der Lufthansa kurz nach Ausbruch der Pandemie mit dem Segen aus Brüssel Hilfen von in Summe 6 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu retten. Die Lufthansa hat die Rekapitalisierung teilweise in Form stiller Einlagen in Anspruch genommen und zwischenzeitlich zurückgezahlt. Zudem hat der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds bereits sämtliche Lufthansa-Aktien verkauft, die er im Sommer 2020 für 306 Mill. Euro erwarb.

Die staatliche Rettung der größten deutschen Fluggesellschaft ist somit längst abgeschlossen. Praktisch hat das Urteil erst mal keine Folgen, aber das muss nicht so bleiben. Matthias Nordmann von der Kanzlei Dentons hält es für denkbar, „dass die Europäische Kommission noch die Rückzahlung von Zinsen verlangt. Das käme aber erst später in Betracht.“

In diesem Fall müsste die EU-Kommission nun eine zweite, intensivere Prüfung einleiten. Das könne ein bis zwei Jahre dauern. „Diese zweite Phase kann sie dann mit einer Rückforderungsentscheidung abschließen, wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass die Beihilfen rechtswidrig waren“, sagt Nordmann.

EU-Kommission lässt sich Zeit

Die EU-Kommission könnte aber auch in Berufung gehen. Das würde in ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) münden. In einer ersten Reaktion hält sie sich bedeckt. Man werde das Urteil „sorgfältig prüfen und über mögliche nächste Schritte nachdenken“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.

Wie auch immer es weitergeht: Die Kläger werten das Urteil schon jetzt als großen Erfolg. Ryanair bejubelt einen „Triumph für fairen Wettbewerb und die Verbraucher in der gesamten EU“. Die EU-Kommission dürfe als Wettbewerbshüterin keine diskriminierenden Staatshilfen unter politischem Druck nationaler Regierungen genehmigen. Auch der Ferienflieger Condor begrüßte das Urteil: „Damit teilt das Gericht unsere Rechtsauffassung.“

Konkret beanstanden die Luxemburger Richter die Genehmigung der Staatshilfen an Lufthansa durch die EU-Kommission in unterschiedlicher Hinsicht. Ihr seien „mehrere Fehler unterlaufen“. So nahmen die Brüsseler Wettbewerbshüter an, dass sich die Lufthansa die 6 Mrd. Euro nicht vollständig an den Finanzmärkten besorgen konnte. Sie hätten allerdings genauer hinschauen müssen, ob zumindest ein Teil der Summe an den Märkten aufzutreiben gewesen wäre. Das habe die EU-Kommission versäumt.

Den Richtern mangelt es daneben an Anreizen für eine schnelle Rückzahlung der Staatshilfen durch die Lufthansa. Außerdem habe die EU-Kommission die Marktmacht der Lufthansa nicht genügend berücksichtigt. Zwar musste die Lufthansa begehrte Zeitslots für Starts und Landungen abgeben, um an Hilfen zu kommen. Aber nur an den Flughäfen Frankfurt und München, nicht in Düsseldorf und Wien. Auch darin sehen die Richter ein Versäumnis.

Sie rügen, dass die EU-Kommission nicht genug getan hat, um auch in der Krise einen wirksamen Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Dabei wollte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager genau das sicherstellen, indem sie ihre Genehmigung an Auflagen knüpfte. Für die Politikerin, die mit spektakulären Wettbewerbsverfahren gegen Großkonzerne für Aufsehen gesorgt hat, ist das Urteil somit eine empfindliche Niederlage.

Und es muss nicht ihre letzte sein: Über eine ähnliche Klage von Ryanair, die sich gegen staatliche Krisenhilfen für Air France-KLM richtet, verhandeln die Luxemburger Richter noch. Schon die Genehmigung von Beihilfen für Condor im Umfang von einer halben Milliarde Euro hatte Ryanair erfolgreich angefochten. Daraufhin besserte die EU-Kommission ihre ursprüngliche Genehmigung nach.

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