Trumps Russlandbann trifft Schweizer Firmen

Glencore lässt wegen US-Sanktionen Deal mit Rusal platzen - Oerlikon und Sulzer durch Beteiligung von Viktor Vekselberg exponiert

Trumps Russlandbann trifft Schweizer Firmen

Das seit dem vergangenen Freitag geltende amerikanische Sanktionsregime gegen sieben mächtige russische Geschäftsleute und deren Unternehmen hinterlässt bei Schweizer Konzernen tiefe Spuren. Der Rohstoffgigant Glencore lässt das Geschäft mit Rusal platzen. Getroffen werden auch Sulzer und Oerlikon.dz Zürich – Der Schweizer Rohstoffgigant Glencore lässt wegen der Sanktionen gegen russische Unternehmen ein Aktientauschgeschäft mit dem Aluminiumproduzenten Rusal platzen. Vorstandschef Ivan Glasenberg sei zudem mit sofortiger Wirkung aus dem Rusal-Verwaltungsrat ausgeschieden, teilte Glencore am Dienstag am Sitz in Baar mit. Die USA hatten vergangenen Freitag sowohl Rusal als auch dessen größten Eigner mit Sanktionen belegt, den Oligarchen Oleg Deripaska. Erbe aus dem Jahr 2007Das Engagement Glencores bei Rusal geht auf das Jahr 2007 zurück, als Deripaska und der russische Milliardär Viktor Vekselberg ihre Unternehmen mit den Aluminium-Werken Glencores fusionierten. Glencore hält daher 8,75 % an Rusal. Vergangenen Oktober kündigte Deripaska an, seine Holdinggesellschaft EN+ Group an der Londoner Börse notieren zu wollen. Glencore hatte damals zugesagt, seine Rusal-Aktien in Papiere der Holding zu tauschen. Dieser Deal ist nun hinfällig.Zudem kündigte Glencore an, ihre übrigen Verträge mit Rusal überprüfen zu wollen. Darunter ist eine Vereinbarung, die Glencore zum größten Käufer von Rusals Aluminium machen würde. Nichtsdestotrotz erklärte Glencore, die Verträge seien für das Unternehmen finanziell unerheblich. “Bösartige Aktivitäten”Die USA hatten am Freitag Dutzende russische Geschäftsleute und Firmen, denen enge Verbindungen zum Kreml nachgesagt werden, auf eine schwarze Liste gesetzt. Washington begründete die Maßnahmen mit dem “wachsenden Muster bösartiger Aktivitäten Russlands in der Welt”. Rusal hatte daraufhin am Vortag mitgeteilt, dass sich die Sanktionen negativ auf das Geschäft auswirken und dazu führen könnten, dass die Firmengruppe bestimmten Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könne. Die Rusal-Aktie war prozentual zweistellig eingebrochen.Unterdessen wird der in Winterthur ansässige Industriekonzern Sulzer diese Woche fünf Millionen Sulzer-Aktien von Vekselbergs Holding Renova übernehmen, um die Titel via Börse auf andere Eigentümer zu verteilen. Renova steht auf der Sanktionsliste, zusammen mit elf weiteren Firmen, die den sanktionierten Oligarchen gehören. Das Ziel der Übung besteht darin, Vekselbergs Anteil von über 63 % auf 48,8 % zu reduzieren. Damit stünde der Konzern wenigstens formal nicht mehr direkt im Einflussbereich der US-Sanktionen. Die Sulzer-Aktien hatten zum Wochenauftakt heftig auf die anstehende Platzierung reagiert und mehr als 13 % verloren. Dollar-Transaktionen verbotenMit der verbindlichen Vereinbarung, bei der die vier Vekselberg-Vertreter im achtköpfigen Sulzer-Verwaltungsrat in den Ausstand treten mussten, wolle man “Störungen von Sulzers Geschäftsaktivitäten minimieren”, heißt es in der Mitteilung. Direkt sanktionierte Firmen, zu denen etwa Rusal gehört, dürfen nach Auflage der US-Behörden keine neuen Bestellungen mehr entgegennehmen. Den Banken sind Dollar-Transaktionen mit solchen Firmen untersagt. Diese Gefahr dürfte Sulzer vorerst abgewendet haben. Doch die Frage bleibt, inwiefern Kunden und Banken das Risiko auf sich nehmen wollen, mit Sulzer weiter Geschäfte zu machen. Nicht vollständig ausschließen lässt sich die Möglichkeit, dass die US-Behörden Geschäftspartner von Sulzer zu einem späteren Zeitpunkt trotz Vekselbergs Teilrückzug der Zuwiderhandlung gegen Sanktionsbestimmungen anklagen könnten. “Die Situation ist für alle sehr schwierig einzuschätzen und letztlich muss jeder seine eigene Risikoeinschätzung vornehmen”, sagt Urs Bigger, ein Spezialist für Compliance-Fragen im Bankensektor. Der Umstand, dass Sanktionen heutzutage zunehmend als politisches Druckmittel eingesetzt würden, mache den praktischen Umgang mit ihnen besonders schwierig, meint Bigger. Sulzer ließ sich nach Auskunft eines Firmensprechers bei dem angekündigten Vorgehen von amerikanischen Anwälten beraten. Das Geld aus der Aktienplatzierung, das Renova zusteht, werde zurückbehalten, bis das Sanktionsregime eine Freigabe erlaube. Wie reagiert die EU?Der Industriekonzern Oerlikon mit Sitz in Pfäffikon bei Zürich steht zu rund 43 % im Besitz von Renova bzw. von Vekselberg. Aufgrund dessen glaubt man dort nach “ersten Analysen” nicht, dass die Firma direkt von den Sanktionen betroffen ist. Doch es ist klar: Auch Oerlikon bleibt stark exponiert, zumal vieles von der Einschätzung der Banken und der Kunden abhängt. Oerlikon-Präsident Michael Süss ist Direktor von Vekselbergs Renova Management AG. Auch die Titel des Stahlherstellers Schmolz + Bickenbach stehen im Fokus, obschon Vekselberg seine dortige Beteiligung von 42 % mit Gründerfamilien des deutschen Konzerns teilt. Die nächste wichtige Entwicklung wird die Reaktion der EU auf das US-Sanktionsregime sein. Während die Schweiz direkt keine US-Sanktionen umsetzt, nimmt sie große Rücksicht auf die Politik der EU. Eventuelle EU-Sanktionen könnten dann direkt auch für Schweizer Firmen und Banken verpflichtend werden, wenn sie vom Berner Staatssekretariat für Wirtschaft erwartungsgemäß nachvollzogen würden.—– Personen Seite 16