TSMC versucht sich in Halbleiter-Diplomatie
Von Norbert Hellmann, SchanghaiDer taiwanesische Chiphersteller Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC) hat sich zu der bahnbrechenden Entscheidung durchgerungen, eine Fertigungsstätte für Halbleiter auf amerikanischem Boden aufzuziehen. Der weltgrößte und technologisch führende Auftragsfertiger für Chipelemente kündigt den Aufbau einer Fabrik im Bundesstaat Arizona mit einem Investitionsaufwand von 12 Mrd. Dollar an.Den Angaben von TSMC zufolge wird der Bau des Halbleiterwerkes in Arizona im Jahr 2021 beginnen und soll bis 2024 abgeschlossen sein. Dabei wird eine Produktionskapazität von monatlich 20 000 Silizium-Wafern angestrebt. Entsprechende Wafer können mehrere Tausend einzelne Mikrochips beherbergen. Das Investitionsvolumen von 12 Mrd. Dollar ist auf einen Zeitraum von 2021 bis 2029 ausgelegt. Analysten betonen allerdings, dass es sich um eine relativ bescheidene Kapazität handelt. In ihren taiwanesischen Werken produziert TSMC monatlich mehrere Hunderttausend Wafer.Die Maßnahme des taiwanesischen Sektorriesen kommt einem diplomatischen Balanceakt im aufgeheizten Technologiewettbewerb und in den zuletzt wieder äußerst angespannten bilateralen Beziehungen zwischen den USA und China gleich. TSMC steht als ein führender Zulieferer sowohl des US-Konzerns Apple als auch des chinesischen Telekomausrüsters und Smartphonebauers Huawei Technologies gewissermaßen an einer Schnittstelle eines wachsenden handels- und industriepolitischen Ringens zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften.Während China angesichts wachsender handelspolitischen Streitigkeiten und Beschränkungen beim Zugang zu US-Technologie bestrebt ist, eine gewisse Unabhängigkeit von amerikanischen Zulieferern zu erlangen, versucht die US-Regierung mit aller Macht heimische Alternativen zu den Fertigungsstätten für Technologieprodukte an kostengünstigen Standorten im großchinesischen Raum zu schaffen.TSMC, deren Chipproduktion überwiegend in der taiwanesischen Heimat und zu einem geringeren Teil auf dem chinesischen Festland verankert ist, sieht sich in diesem schwelenden Konflikt zwischen den Fronten. Vor allem nachdem der Telekomausrüster Huawei im Sommer 2019 mit weitreichenden Restriktionen zum Bezug von US-Technologiekomponenten belegt wurde.Huawei ist es gelungen, sich mit eigenentwickelten und zu einem Großteil von TSMC gefertigten Chips in diesem Segment ohne allzu großen Schaden von US-Zulieferern abzukoppeln. Dies wiederum hat die US-Administration zum Anlass genommen, TSMC mit einer Beschränkung für den Zugang von US-Chipausrüstungsprodukten zu bedrohen, wenn sich die Gesellschaft nicht zu einem Lieferstopp an Huawei verpflichte. TSMC, die auch Chips für 5G-Telekominfrastruktur sowie militärische Anwendungen, darunter US-Kampfflieger, herstellt, sieht sich nun zu einem Spagat veranlasst, um Neutralität zu wahren. Nachdem man mit Blick auf die wichtige chinesische Kundschaft bereits Werke in den chinesischen Großstädten Nanjing und Schanghai aufgezogen hatte, wird die geplante Produktionsstätte in USA Analysten zufolge auf eine ähnlich große Kapazität und vergleichbare Technologieanwendung nach dem etablierten 5-Nanometer-Standard ausgelegt sein. Mit der salomonischen Lösung dürfte es auch gelingen, die Restriktionsdrohung rund um das Huawei-Geschäft zu entschärfen. Ein Sprecher des US-Handelsministeriums, das die Beschränkungen gegenüber Huawei verfügt hatte, erklärte, dass man die TSMC-Entscheidung als eine wichtige Goodwill-Geste verstehe. Damit dürfte TSMC von Restriktionen bei der Zulieferung für Huawei bis auf Weiteres verschont bleiben.