Tui-Chef watscht Vorgänger ab

Joussen: Touristikkonzern war in gefährlicher Lage - Aktionäre loben neuen Kurs - Prognosen bekräftigt

Tui-Chef watscht Vorgänger ab

Mit Tui geht es aufwärts, saisonübliche Verluste fallen geringer aus. Aktionäre zollen Vorstandschef Friedrich Joussen viel Lob. Der Aktienkurs des Touristikkonzerns hat seit dem Antritt des Branchenneulings vor einem Jahr um fast zwei Drittel zugelegt, erstmals seit 2007 fließt auch wieder eine Dividende. Den Rückenwind nutzt der ehemalige Mobilfunkmanager auf seiner ersten Hauptversammlung als Tui-Chef für eine Abrechnung mit seinem Vorgänger.ste/dpa-afx Hamburg – Ein Jahr nach Antritt bei Europas größtem Touristikkonzern Tui hat Vorstandschef Friedrich Joussen auf der Hauptversammlung in Hannover eine positive Bilanz gezogen. Die operativen Ziele seien erreicht oder übertroffen worden. Nach dem Start des Strategieprogramms “OneTui” habe das Unternehmen schon für das abgelaufene Geschäftsjahr und damit zwei Jahre früher als geplant eine Dividende von 0,15 Euro je Aktie vorschlagen können, berichtete er.Nach Jahren mit schwachen Ergebnissen und ausbleibender Dividende, in denen Joussens langjähriger Vorgänger Michael Frenzel viel Kritik einstecken musste, würdigten viele Aktionäre den Kurs des neuen Tui-Chefs. “Sie haben uns alle überzeugt, dass der Konzern neuen Schwung hat”, erklärte Hansgeorg Martius von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Alexander von Vietinghoff-Scheel von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) signalisierte Unterstützung für das Strategieprogramm, mit dem Tui verloren gegangenes Aktionärsvertrauen zurückgewinnen will. Der Kurs der Wertschöpfung sei aber noch nicht abgeschlossen: “Auf einem Luxusliner sind wir noch nicht, aber wir sind auf einem netten Ausflugsdampfer gelandet.” Einzelne Aktionäre äußerten sich kritisch: Mit der frühzeitigen Dividendenzahlung betreibe der Konzern “anbiedernde Schaufensterpolitik”. Die Ausschüttung werde durch das laufende Geschäft nicht verdient. Gleichwohl bestätigen die Aktionäre – erschienen waren rund 1 700, die Präsenz erreichte 70,6 (i.V. 49,8) % – den Dividendenvorschlag mit großer Mehrheit.Früher als erwartet Dividende zu zahlen, sei “im Hinblick auf die Aktionäre nur fair”, meinte Joussen. Gehaltene Versprechen würden für die Zukunft Vertrauen schaffen. “Das verloren gegangene Vertrauen hatte die Tui in eine sehr gefährliche Lage gebracht”, so seine Kritik am Management des Unternehmens unter Führung von Vorgänger Frenzel. Ohne dessen Namen zu nennen, konstatierte Joussen: “Der Konzern wurde als Wertvernichter angesehen.” Die Bewertung habe lange unter der Bewertung der eigenen Anteile am Reiseveranstalter Tui Travel gelegen. “Wir waren eine Firma, die aus einer Dividende unserer Tochter Tui Travel von 80 Mill. Euro jährlich einen Cash Loss, also ein Minus, von gut 100 Mill. Euro macht.” Die britische Tochter sorgt für gut 90 % des Konzernumsatzes.Die defizitären Geschäftsbereiche hat Joussen auf den Prüfstand gestellt – das Hapag-Lloyd-Kreuzfahrtgeschäft, das anders als die Marke Tui Cruises rote Zahlen schreibt. Auch das Hotel-Portfolio wird gestrafft. Kapitalkosten müssten verdient werden. Für das erste Quartal 2013/14 verbuchte Tui bei einem Umsatzrückgang um 3 % auf 3,39 Mrd. Euro einen verminderten Verlust von – 153 (-187) Mill. Euro. Gesamtjahresprognosen ließ Tui unverändert. Dass die Tui-Aktie gestern zwischenzeitlich ans Ende im MDax rutschte, erklärten Händler mit Gewinnmitnahmen. Aus dem Handel ging das Papier mit einem Kursgewinn von 1,1 % bei 13,60 Euro.