Tui stellt Gewinnsprung in Aussicht
Tui stellt Gewinnsprung in Aussicht
Touristikkonzern will Börse London den Rücken kehren – Aktionäre sollen abstimmen
hei Frankfurt
Nach einem Vorstoß von Investoren will Tui London als Hauptbörsenplatz den Rücken kehren und künftig nur noch in Frankfurt notiert sein. Der Reiseriese, der nach Überwindung der Coronakrise für das laufende Geschäftsjahr einen operativen Gewinnsprung um ein Viertel anstrebt, begründet den Schritt mit Veränderungen bei Aktionärsstruktur und Handelsvolumen. Die Tui-Aktie legt 11% zu.
Zehn Jahre nach dem Merger der Tui AG mit dem britischen Reiseveranstalter Tui Travel will der Reiseriese aus Hannover dem Börsenplatz London den Rücken kehren. Anstelle eines dualen Listings in London und Frankfurt will der Konzern künftig nur noch an der Heimatbörse in Frankfurt notiert sein. Vorstandschef Sebastian Ebel und Finanzchef Mathias Kiep erklärten bei der Bilanzvorlage für das Geschäftsjahr 2022/23 (per 30.9.), den Anstoß hätten "Gespräche mit Investoren" gegeben.
Weitere Gespräche
Während unmittelbar nach dem Zusammenschluss mit der britischen Tochter das Gros der Handelsliquidität in London konzentriert war – ein wesentlicher Grund, der den Konzern zu dem Dual Listing motiviert hatte – hat sich dies inzwischen grundlegend geändert. Nach den Worten von Kiep ist die Liquidität zu drei Vierteln nach Frankfurt abgewandert. Zudem seien auch 75% der Tui-Aktien in den Händen deutscher Anleger. Die Neustrukturierung im Aktionärskreis ist unter anderem eine Folge mehrerer Kapitalerhöhungen im Zuge der Bewältigung der Corona-Pandemie, an denen der ehemalige russische Großaktionär Alexej Mordaschow, der seine Beteiligung in der Spitze sogar auf 34% ausgebaut hatte, aufgrund des russischen Angriffs auf die Ukraine und daraus resultierender Sanktionen nicht teilnehmen konnte.
Kiep zufolge soll es nun weitere Gespräche mit Investoren geben und ein entsprechender Listing-Vorschlag dann der Hauptversammlung im Februar zur Abstimmung gestellt werden. Ebel betonte, ein Listing an nur einem Börsenplatz reduziere Komplexität und Kosten. Der Schritt könnte für Tui die Aufnahme in den MDax bedeuten. Tui bringt es nach dem aktuellen Kurssprung auf eine Marktkapitalisierung von 3,3 Mrd. Euro. Allerdings hat sich das Papier beim Kurs von 6,59 Euro von der Talfahrt seit Jahresbeginn erst zu gut der Hälfte erholt.
Konsens übertroffen
Unterdessen setzt sich das Unternehmen aus Sicht von Analysten ehrgeizige Ergebnisziele für das neue Geschäftsjahr 2023/24. Ebel stellt einen operativen Ergebnisanstieg (Underlying Ebit) von 25% in Aussicht, bei einem Umsatzplus von 10%. Im abgelaufenen Jahr verbuchte Tui einen Rekordumsatz von 20,7 Mrd. Euro und ein Underlying Ebit von 977 Mill. Euro. Im Vorjahr waren wegen der Nachwehen der Pandemie erst 409 Mill. Euro zusammengekommen. Unterm Strich steht ein Gewinn von 456 Mill. Euro nach einem Verlust von 213 Mill. Euro im Vorjahr. Mit ihrem operativen Ergebnisziel geht die Tui um 7% über die derzeitigen Konsensschätzungen hinaus.
Hedging hilft
Ebel stellte indes heraus, dass Tui für das neue Geschäftsjahr finanziell auch wieder in der Lage war, "ein ordentliches Hedging zu betreiben". Allein daraus sollte ein positiver Ergebniseinfluss von rund 100 Mill. Euro resultieren. Darüber hinaus rechnet der Konzern mit einem signifikanten Wachstum seiner Kreuzfahrtsparte, "für die 2022/23 ja eher noch ein Übergangsjahr war", so der CEO. Mittelfristig strebt Tui ein Ergebniswachstum um 7 bis 10% an.
Für 2022/23 blickt der Konzern auf ein starkes viertes Quartal zurück, das bei Tui die Sommermonate umfasst und traditionell das wichtigste ist. Die "Urlaubserlebnisse" – Hotels & Resorts, Kreuzfahrten und Tui Musement – steigerten das Underlying Ebit um 58 Mill. auf 493 Mill. Euro, einen noch stärkeren Schub verzeichneten Markets & Airlines mit +128 Mill. auf 737 Mill. Euro. Im Gesamtjahr hat die Division einen Turnaround um 299 Mill. auf 241 Mill. Euro hingelegt.
Durch eine verbesserte Liquiditätsposition, zu der unter anderem ein starker Cashflow im vierten Quartal und sinkende Zinslasten (nach Rückgabe von Staatskrediten) beigetragen haben, hat Tui ihre Nettoverschuldung binnen Jahresfrist von 3,4 Mrd. auf 2,1 Mrd. Euro reduziert. Sie liege damit unter dem Niveau von 2019.