Unilever ist Offerte von Kraft Heinz zu niedrig

US-Nahrungsmittelkonzern bietet kurz vor den Wahlen in den Niederlanden 143 Mrd. Dollar - Zusammen noch kleiner als Nestlé

Unilever ist Offerte von Kraft Heinz zu niedrig

Der US-Lebensmittelmulti Kraft Heinz hat Appetit auf Unilever. Der britisch-niederländische Konzern lehnt die Avancen über 143 Mrd. Dollar zwar ab. Doch so schnell dürften die Amerikaner nicht aufgeben. Investoren beider Seiten begrüßen den Deal.Von Walther Becker, FrankfurtDie größte Übernahme weltweit seit der Akquisition von Mannesmann durch Vodafone zeichnet sich ab: Einen Tag nachdem der führende Nahrungsmittelanbieter Nestlé seine enttäuschenden Geschäftszahlen präsentierte, hat sich der US-Rivale Kraft Heinz in Stellung gebracht und bietet kurz vor den Wahlen in den Niederlanden indikativ 143 Mrd. Dollar für den europäischen Rivalen Unilever. Diesem Hersteller von Dove und Omo, Lipton und Knorr ist die Offerte des US-Multis, hinter dem die Private-Equity-Gruppe 3G Capital steht, zu niedrig. Nach Angaben von Unilever entspricht die angebotene Summe einer Prämie von 18 % auf den Schlusskurs zuvor. Mix aus Cash und AktienGeboten werden laut Unilever 50 Dollar je Aktie in einem Mix aus zwei Dritteln Cash und einem Drittel neuen Aktien. Dies bedeutet eine Bewertung von 143 Mrd. Dollar und wäre das höchste Übernahmeangebot in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie, das selbst die von Anheuser-Busch Inbev für SABMiller offerierten 123 Mrd. Dollar in den Schatten stellen würde. Vodafone hatte für Mannesmann vor 17 Jahren 172 Mrd. Dollar berappt.Investoren auf beiden Seiten können mit dem M & A-Deal etwas anfangen: Die Aktie des niederländisch- britischen Konzerns zog am Freitag in Amsterdam um bis zu 15 % an, Kraft Heinz legte an der Nasdaq 7,6 % zu. Kraft Heinz will trotz der Ablehnung der Offerte ihr Vorhaben weiterverfolgen, um mit dem Wettbewerber handelseinig zu werden. Es sei nicht sicher, ob es schließlich eine formale Offerte gebe. In Fantasien ergingen sich Anleger auch für die Dax-Konzerne Henkel und Beiersdorf. Dem Umsatz nach würden Kraft/Unilever nicht an Nestlé herankommen. Mit der Deutschen BankUnilever hat zur Verteidigung die Investmentbanken Centerview, Deutsche Bank, Morgan Stanley und UBS mandatiert. Lazard berät Angreifer Kraft Heinz. Mit dem Angebot über 143 Mrd. Dollar werde der Wert von Unilever deutlich zu niedrig eingeschätzt, heißt es aus Rotterdam. Die Holländer weisen die Pläne auch aus strategischen Gründen zurück und können keine Grundlage für weitere Gespräche erkennen. Laut Dealogic war die bislang größte Übernahme die von Mannesmann für 172 Mrd. Dollar im Jahr 2000.Die Amerikaner könnten nach einer Übernahme die Haushalts-, Textil- und Körperpflege mit Marken wie Axe, Domestos, Dove, Signal oder Omo und Rexona von den Nahrungsmitteln (Becel, Bertolli, Lipton, Mondamin, Rama, Knorr oder Langnese abspalten. In dieser Branche ist Reckitt Benckiser eine großer Name, die dabei ist, den Babynahrungsmittelhersteller Mead Johnson Nutrition für 16,6 Mrd. Dollar zu schlucken. Bei Konsumgütern gilt Unilever als Nummer 3 global, größer sind lediglich Procter & Gamble und Nestlé. Ein Stück kleiner ist Danone.Kraft Heinz ist nach Umsatz – 26,5 Mrd. Dollar gegen 56,2 Mrd. Dollar – und Belegschaftsgröße 41 000 Beschäftigte versus 168 000 – deutlich kleiner als Unilever. Dies gilt auch für die Marktkapitalisierung, nicht aber für die Profitabilität. Kraft Heinz bietet allein Nahrungsmittel an und entstand erst 2015 aus der 62,6 Mrd. Dollar schweren Fusion des Ketchupherstellers Heinz mit Kraft, die zuvor zahlreiche Nahrungsmittelmarken als Mondelez abgespalten hatte. Treibende Kräfte waren im Heinz-Merger 3G Capital, die auch den Chairman und CEO stellt, sowie Warren Buffetts Berkshire Hathaway, die 10 Mrd. Dollar in den Deal steckte.Mit 50,9 % halten Berkshire Hathaway und 3G Capital, die auch Anheuser-Busch Inbev kontrolliert, die Mehrheit an Heinz Kraft. Unilever ist Spielball institutioneller Investoren, denen es primär um den Preis geht. Nach den britischen Übernahmevorschriften hat Kraft bis zum 17. März Zeit zu entscheiden, ob sie ein Angebot abgibt oder wegläuft. “Eine schnelle Prämie heute ist keine Entschädigung für das Wachstum, das Unilever über Jahrzehnte liefern könnte”, sagt der Fondsmanager Steve Clayton von Hargreaves Lansdown, der Unilever-Aktien im Portfolio hat. Um die Mehrheit der Unilever-Aktionäre zu überzeugen, müsse Kraft sehr tief in die Tasche greifen.Die 1929 entstandene Unilever, die seit 2009 von Paul Polman, einem langjährigen Procter & Gamble-und kurzzeitigen Nestlé-Manager geführt wird, hatte vor über zehn Jahre ihre duale Governance-Struktur vereinfacht, aber die Listings in Amsterdam und London sowie New York beibehalten. Diese Struktur gestaltet einen Deal sehr komplex.