IM GESPRÄCH: MASSIMO ZANETTI

"Unsere Branche ist in einer Konsolidierungsphase"

Segafredo-Mutter MZB plant weitere Übernahmen - Italienischer Kaffeekonzern fürchtet Starbucks nicht

"Unsere Branche ist in einer Konsolidierungsphase"

Von Gerhard Bläske, TrevisoDie börsennotierte Massimo Zanetti Beverage Group (MZB) ist kaum jemandem ein Begriff, die Konzernmarke Segafredo dagegen sehr wohl. MZB will sich ein möglichst großes Stück vom weltweit wachsenden Kaffeemarkt abschneiden und setzt dabei auf weitere Übernahmen und den Ausbau des Franchise-Netzes der Segafredo-Cafés. “Es gibt derzeit viele Übernahmen. Unsere Branche ist in einer Konsolidierungsphase”, sagt Gründer, CEO und Mehrheitsaktionär Massimo Zanetti der Börsen-Zeitung. Er fügt hinzu: “Der Wettbewerb ist weltweit. Es ist notwendig, eine kritische Masse zu erreichen, um kompetitiv zu sein.” Zu den finanzstarken Konsolidierern zählen etwa Nestlé, die für die Rechte an der Vermarktung von Starbucks-Produkten 7 Mrd. Dollar gezahlt haben, und die Investmentgesellschaft JAB, die zuletzt mit dem italienischen Kaffeehersteller Illy einen Vertrag für den weltweiten Vertrieb von deren Kaffeekapseln abgeschlossen hat.Segafredo ist das Aushängeschild des nach eigenen Angaben größten privat kontrollierten Kaffeekonzerns weltweit. Begonnen hat Zanetti in seinem Geburtshaus Villa Zanetti in Villorba bei Treviso (Venezien) mit einer lokalen Kaffeerösterei. Dort ist nach wie vor der Firmensitz. Mit der Übernahme von Segafredo aus Bologna 1973 entstand über die Jahrzehnte eine multinationale Gruppe mit 3 500 Mitarbeitern, einem zuletzt rückläufigen Umsatz von 890 Mill. Euro und einem Nettogewinn von 20 Mill. Euro (2018). Hausmarke in Trump-HotelsZum Wachstum beigetragen haben insgesamt 30 Akquisitionen, von Australien und Asien über die USA, wo 500 Mill. Dollar jährlich umgesetzt werden, bis nach Frankreich, Dänemark, die Niederlande, Finnland und jüngst Portugal. Hinzu kommen Partnerschaften mit Lizenznehmern wie McDonald’s, Easyjet und der Hotelgruppe Accor. Für die Hotels und Restaurants von US-Präsident Donald Trump kreiert die MZB deren Hausmarke Trump Reserve Blend. Auch im Sortiment sind Tee, Schokolade, Gewürze und Kakao.”Wir respektieren die lokalen Traditionen und wollen nicht überall das italienische Modell aufzwingen”, sagt Giorgio Boggero, Managing Director für Südeuropa. Der klassische Espresso ist zwar die Wurzel des Unternehmens, doch zählen zu dem Kaffee-Imperium auch viele Filterkaffee-Marken. Segafredo steuert etwa ein Drittel zum Umsatz bei.In Italien ist MZB neben Illy aus Triest und der etwas größeren Lavazza-Gruppe aus Turin einer der drei großen Kaffeehersteller. Aber angesichts von 800 Kaffeeproduzenten im Land, deren Produkte in 132 000 Kaffeebars Italiens sowie im Einzelhandel verkauft werden, liegt der Marktanteil im Heimatmarkt bei nur wenigen Prozent. Anders als in den meisten anderen Ländern spielt der Außerhauskonsum von Kaffee in Italien eine riesige Rolle. Die Schmerzgrenze für den fast den ganzen Tag über am Tresen eingenommenen Espresso liegt für den Italiener bei maximal 1,10 Euro. “Für einen Barbetreiber ist der Ergebnisbeitrag marginal. Er macht sein Geschäft mit Zusatzverkäufen, etwa Alkoholika oder anderen Getränken”, erklärt Boggero.Segafredo ist das Aushängeschild des Unternehmens und steht für italienische Lebenskultur und Kaffee-Know-how. Die “Barista” werden in Kompetenzzentren geschult. Sie lernen, wie man den Kaffee richtig zubereitet, die oft komplizierten Maschinen bedient und wartet, aber auch, wie man eine Bar wirtschaftlich führt. Mit vielen Lizenznehmern der weltweit mehr als 400 Segafredo-Cafés bestünden schon jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen, sagt Francesco Cantini, Managing Director für Nordeuropa. Das Netz dieser Kaffeebars soll ausgebaut werden, auch in Deutschland, wo es bereits 80 Segafredo-Cafés gibt.MZB kommt auf einen Exportanteil von 90 %. Das Vordringen der US-Kaffeehauskette Starbucks, die erst vier Filialen in Italien eröffnet hat, sieht Zanetti angesichts der vielen lokalen Kaffeebars gelassen. Dort verkehrten vor allem Touristen und junge Leute. Die Erlöse der MZB-Gruppe werden jeweils zur Hälfte in der Gastronomie und im Retail-Geschäft erzielt. Im Handel hat vor allem das Geschäft mit den Kaffee-Kapseln große Bedeutung erlangt. Kaum ein Kaffeeproduzent will auf dieses zweistellig wachsende Geschäft verzichten. In Deutschland sei in diesem Sektor eine Stagnation zu verzeichnen, berichtet Cantini. Aus ökologischen, aber auch ökonomischen Gründen bevorzugten viele Deutsche oft Siebträger-Maschinen.Den Börsengang 2015 nutzte Zanetti als Schritt, die weitere Entwicklung des Unternehmens sicherzustellen. Der 71-jährige Unternehmenschef, dessen Familie 68 % des Kapitals hält, kümmert sich nun mehr um strategische Themen. Der Sohn ist zwar ein führender Manager des Konzerns. Doch wichtiger als die Nachfolge innerhalb der Familie ist dem Patriarchen offenbar, dass eine professionelle Führung sichergestellt ist. Seit dem Börsengang sind Manager aus anderen Branchen mit neuen Ideen zu MZB gekommen. Das Marktpotenzial sei riesig, findet Zanetti.