Wall Street

US-Konzerne stocken Aktienrückkäufe kräftig auf

US-Konzerne setzen verstärkt auf den Rückkauf eigener Aktien. Insbesondere Unternehmen wie GM oder ExxonMobil, die vor strukturellen Herausforderungen stehen, stechen dabei hervor – zum Unmut der Politik.

US-Konzerne stocken Aktienrückkäufe kräftig auf

US-Aktienrückkäufe gewinnen wieder an Schwung

ExxonMobil will Buyback-Programm nach Pioneer-Übernahme kräftig aufstocken – General Motors versucht Aktionärsnerven zu beruhigen

Nach Zurückhaltung im ersten Halbjahr stocken zahlreiche US-Großkonzerne ihre Aktienrückkaufprogramme wieder auf oder verkünden neue Pläne. Insbesondere Unternehmen wie GM oder ExxonMobil, die vor strukturellen Herausforderungen stehen, investieren liquide Mittel verstärkt in Buybacks – zum Unmut der Politik.

xaw New York

US-Großkonzerne suchen die Nerven ihrer Aktionäre wieder verstärkt durch Rückkaufprogramme zu beruhigen. Am Mittwoch hat der Ölriese ExxonMobil, der am Abschluss seines größten Deals seit den 1990er Jahren arbeitet, seinen Investoren eine höhere Kapitalrückführung in Aussicht gestellt. Finalisiere der Multi die Übernahme des Rohstoffförderers Pioneer wie geplant im ersten Halbjahr 2024, werde er sein Buyback-Programm bis Ende 2025 auf annualisierte 20 Mrd. Dollar aufstocken. Im laufenden Jahr kauft ExxonMobil insgesamt für 17,5 Mrd. Dollar Aktien zurück.

Buybacks sind in den USA ein integraler Bestandteil des Total Shareholder Return und nehmen – konträr zur Situation in Europa – eine höhere Bedeutung ein als Dividenden. Insbesondere der Tech- und der Finanzsektor sind bei Rückkäufen traditionell führend. Der Zahlungsriese Mastercard, in dessen 9 Mrd. Dollar schweren Buyback-Programm Anfang Dezember noch 3,5 Mrd. Dollar offen waren, hat neben einer Anhebung der Dividende zuletzt schon den nächsten, 11 Mrd. Dollar umfassenden Rückkaufsplan verkündet. Und die in einem komplexen Umbau steckende Citigroup übertönte den erwarteten Einbruch ihrer Trading-Erlöse im vierten Quartal nun mit der Ankündigung, dass das Buyback-Volumen im Schlussviertel 500 Mill. Dollar betragen werde.

Kritik aus Washington

Allerdings sind die hohen Volumina Politikern in Washington ein Dorn im Auge. US-Präsident Joe Biden fordert, dass Unternehmen ihre liquiden Mittel statt in Rückkäufe in Zukunftsinvestitionen stecken sollten. Als Teil von Bidens Inflation Reduction Act ist seit Anfang Januar auf Rückkäufe eine Steuer von 1% des Verkehrswertes der betroffenen Papiere fällig. Im Februar schlug Biden bereits eine Vervierfachung der Abgabe vor.

US-Präsident Joe Biden will Aktienrückkäufe stärker besteuern. Foto: AP Photo/Evan Vucci.

Im ersten Halbjahr ließen sich die Finanzchefs von den Steuerplänen und den gestiegenen Zinsen noch verunsichern. So investierten die Mitglieder des S&P 500 im zweiten Quartal nur 174,9 Mrd. Dollar in Aktienrückkäufe, gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies einen Rückgang um 20,4%. Doch gerade Schwergewichte, die mit strukturellen Herausforderungen zu kämpfen haben, greifen nun wieder verstärkt zum Buyback-Trostpflaster.

Während die Exxon-Aktionäre aufgrund von Unsicherheiten um die nachhaltige Transition sowie angepeilte Milliardeneinsparungen des Ölriesen noch zurückhaltend auf die angekündigte Aufstockung reagieren, zeigen die Rückkaufspläne andernorts durchschlagende Wirkung. Analysten heben General Motors hervor. Der Autobauer hat zuletzt schwere Fehlschläge bei seinen Zukunftsprojekten erlitten. In der Elektrosparte kämpft er aufgrund von Problemen in der Fertigung von Batteriemodulen vergeblich um einen höheren Output. Und bezüglich der Ambitionen beim autonomen Fahren ist GM von der Straße abgekommen.

GM-Chefin Mary Barra will zerrüttete Investorennerven beruhigen. Foto: AP Photo/Julia Nikhinson).

Im Oktober entzog das kalifornische Department of Motor Vehicles (DMV) der Robotaxi-Tochter Cruise nach schweren Unfällen die Erlaubnis zum fahrerlosen Betrieb. Im November folgte die ernüchternde Botschaft, dass Cruise zwar den Relaunch anstrebe, aber mit engerem Fokus. Hinzu kommt der im November beendete Streik von United Auto Workers, der den operativen Gewinn von GM mit 1,1 Mrd. Dollar belastete und eine Anpassung der Jahresziele nötig machte.

Konzernchefin Mary Barra verabreichte den Investoren mit einem beschleunigten Aktienrückkaufprogramm im Volumen von 10 Mrd. Dollar Ende November aber eine Wunderkur für ihre zerrütteten Nerven. Die Aktie des Autobauers zog auf die Buyback-Ankündigung hin binnen eines Handelstags um 10% an und legte seither weiter zu. Denn durch die Rückkäufe radierte GM von jetzt auf gleich Aktien im Volumen von 6,8 Mrd. Dollar aus – rund 17% der Marktkapitalisierung –, der Rest soll im kommenden Jahr folgen. Nach Adam Riese müssten Analysten ihr Prognosen für den Gewinn pro Aktie im kommenden Jahr damit um 20% anheben.

Anlegerfokus verschiebt sich

Allerdings fürchten Analysten, dass die Kurseffekte nur kurz anhalten dürften. Vor den jüngsten Ankündigungen bei Exxon, Mastercard oder GM hat sich die positive Wirkung von Rückkäufen jedenfalls nur begrenzt entfaltet. So liegt der S&P 500 Buyback Index, in dem die 100 Mitglieder der US-Benchmark mit dem höchsten Quotienten aus Cash-Rückkaufvolumen und Marktkapitalisierung vertreten sind, zwar seit Ende Oktober im Aufwind. Mit einem Plus von 6% seit Jahresbeginn hinkt er der Standardversion des S&P 500, die 2023 bisher um fast 20% zugelegt hat, aber weit hinterher. Analysten werten dies als Signal dafür, dass Anleger beginnen, Investitionen liquider Mittel in Buybacks statt in Zukunftsprojekte als faulen Tausch zu betrachten.