Handelskonflikte

US-Regierung verschärft KI-Exportkontrolle

Die US-Regierung dehnt ihre nationalen Sicherheitsvorschriften im Jahr 2024 voraussichtlich auf mehrere neue Bereiche aus. Die Regelverschärfungen betreffen auch deutsche Unternehmen.

US-Regierung verschärft KI-Exportkontrolle

US-Regierung verschärft KI-Exportkontrolle

Kanzlei Skadden: Enge China-Verbindung könnte für deutsche Autokonzerne wie BMW, Mercedes oder Volkswagen "schwierig" werden

Die US-Regierung dehnt ihre nationalen Sicherheitsvorschriften im Jahr 2024 voraussichtlich auf mehrere neue Bereiche aus. Damit soll verhindert werden, dass Technologien rund um künstliche Intelligenz nach China oder Russland gelangen. Die Regelverschärfungen betreffen auch deutsche Unternehmen.

cru/sck Frankfurt/München
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt und Stefan Kroneck, München

Cloud Computing war bisher ein Bereich, der im Rahmen der US-Ausfuhrkontrollen ausdrücklich nicht reguliert wurde. Doch vor einigen Wochen stellte das Handelsministerium erstmals „Know your customer“-Anforderungen für US-Cloud-Computing-Unternehmen vor. „Außerdem erwägt das Handelsministerium neue Ausfuhrkontrollen für Cloud-Computing-Dienste, die über die schon bestehenden Ausfuhrkontrollen für Hardware und Software hinausgehen“, sagte der auf Exportkontrollen spezialisierte Anwalt Brian Egan, der für die US-Kanzlei Skadden in Washington arbeitet, bei einem Besuch der Börsen-Zeitung in Frankfurt. „Wir erwarten auch, dass bestehende US-Beschränkungen für die US-Telekommunikations-Lieferkette mit Beginn des Jahres 2024 strenger umgesetzt und durchgesetzt werden. Deutsche Unternehmen, die in US-Unternehmen investieren wollen, werden darlegen müssen, dass sie nicht zu eng mit chinesischen Geschäftspartnern verbunden sind. Das könnte für Unternehmen der deutschen Autoindustrie wie etwa BMW, Mercedes oder Volkswagen schwierig werden.“

Mercedes äußerte sich auf Anfrage ausweichend: „Ganz grundsätzlich unterstützt Mercedes-Benz als global ausgerichtetes Unternehmen (...) in verschiedenen Wirtschaftsregionen der Welt freien und fairen Handel sowie offene Märkte“, sagte ein Sprecher. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns darüber hinaus zum aktuellen Zeitpunkt nicht detaillierter äußern können.“ Andere Unternehmen erklärten, dass sie den Sachverhalt prüfen würden. Daher könne man sich dazu noch nicht konkret äußern. Ein Konzern sprach in diesem Zusammenhang nach derzeitigem Stand von einem „Rätselraten“.

Viele Branchen betroffen

Die Verschärfungen treffen auch alle Sektoren und Unternehmen, die sich für die Produkt- und Technologieweiterentwicklungen auf künstliche Intelligenz verlassen. Das betrifft im Ergebnis ganz verschiedene Branchen, insbesondere die Autoindustrie, Biotechnologie, Advanced Manufacturing, Cloud-basierte Dienstleister (IaaS, SaaS) oder Social Media. Zuerst betroffen war von den Exportkontrollen in den USA der KI-Chiphersteller Nvidia. Für Furore in Europa hatten die Exportkontrollen zuletzt gesorgt, als die USA einen kurzfristigen China-Exportstopp für den Chipausrüster ASML bei der niederländischen Regierung erzwangen.

Der KI-Boom erhöht die finanzielle Bedeutsamkeit der Kontrollen: Wenn Nvidia, die an der Börse inzwischen mit 1,8 Bill. Dollar bewertet wird, am Mittwoch Zahlen vorlegt, wird eine Verdreifachung des Quartalsumsatzes zum zweiten Mal in Folge erwartet. Treiber dafür ist das Datenzentren-Geschäft, das 80% der Erlöse bringt. Die KI-Nachfrage bleibt hoch, weil Konzerne wie Meta und Tesla weiter Grafikprozessoren anschaffen.

Auch bei der Durchsetzung der Regeln wird in den USA nachgeschärft: „Wir gehen davon aus, dass die US-Regierung im Jahr 2024 mehrere wichtige Maßnahmen zur Durchsetzung der Exportkontrollen ergreifen wird“, sagte Skadden-Anwalt Egan. „Verstöße gegen die neuesten Exportkontrollen der US-Regierung – die umfangreichen Ausfuhrkontrollen für Russland, die 2022 und 2023 eingeführt wurden, und die Kontrollen für Halbleiter nach China in den Jahren 2022 bis 2023 – werden wahrscheinlich die höchsten Prioritäten bei der Durchsetzung haben.“

Auch von der Behörde zur Überwachung ausländischer Investitionen in den USA wird ein schärferes Vorgehen erwartet. „CFIUS beobachtet einerseits jegliche Investitionen und wird voraussichtlich neue Standards zur Kontrolle ausländischer Investitionen einführen – CFIUS konzentriert sich andererseits weiterhin intensiv auf Investitionen im Zusammenhang mit China, wobei die Definition von ‚Investition‘ sehr weit gefasst ist“, sagte Egan voraus. Die Behörde „prüfe sehr genau Investoren mit chinesischen Muttergesellschaften oder beherrschendem chinesischem Anteilseigner, chinesische Joint Ventures oder Forschungs- und Entwicklungs- oder ähnliche Aktivitäten oder chinesische Kommanditisten.“ Dies eröffne Chancen für Investoren in Europa und anderen Teilen Asiens, die keine engen Verbindungen nach China haben.

CFIUS prüft Auswärtsinvestitionen

„Wir erwarten auch, dass das Finanzministerium Vorschriften zur Regulierung des „umgekehrten CFIUS“ vorschlagen wird – Investitionen aus den Vereinigten Staaten ins Ausland, wie es eine von Präsident Biden im August 2023 erlassene Exekutivanordnung vorsieht“, sagte Egan. Auch dort werde es vor allem um chinesische Unternehmen mit Bezug zu KI und „advanced computing“ gehen.

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