Valeo nutzt Lübecker Gestik

Autozulieferer legt sich Start-up Gestigon zu - Berührungsfreie Steuerung

Valeo nutzt Lübecker Gestik

wb Frankfurt – Valeo kauft Zukunftstechnik aus Deutschland. Zu einem nicht genannten Preis, der unter 100 Mill. Euro, aber ein hohes Multiple auf den Umsatz ausmachen soll, übernimmt der französische Autozulieferer die defizitäre Gestigon gegen starke internationale Konkurrenz auch aus dem Silicon Valley und der Roboterbranche. Gestigon wurde 2011 aus der Universität Lübeck ausgegründet.Beim Verkauf beraten wird das Start-up von der Investmentbank GCA Altium. Deren Managing Director Sascha Pfeiffer spricht von einem hoch kompetitiven Prozess. Der Conti-Wettbewerber Valeo hatte zuletzt in Deutschland die Akustikfirma Peiker aus Friedrichsdorf, Spheros, einen Hersteller von Klimaanlagen und Heizungen für Autos, und vor allem für 820 Mill. Euro den Getriebebauer FTE Automotive akquiriert. Valeo ist in der Sparte Driving Assistance Systems mit Interior Controls und Sicherheitssystemen tätig.Auf der Basis von 3-D-Daten entwickelt Gestigon Softwarelösungen zur Skelett-, Gesten-, und Posenerkennung sowie von biometrischen Merkmalen. Die Software lässt sich für Spiele und im Innenraum von Fahrzeugen einsetzen, wo sie zum Beispiel durch Wischbewegungen eine Kontrolle von Instrumenten erlaube. Diese Gestenerkennungssoftware soll insbesondere beim halbautonomen Fahren genutzt werden und werde in die ersten Prototypen von Premiumwagen des VW- und BMW-Konzerns eingebaut. Die Firma nutzt berührungslose Bildnavigation mittels 3-D-Kamera. Um die Technologie für die berührungslose Bedienung ihres Küchengerätes Thermomix nutzen zu können, hatte sich unter anderem auch Vorwerk beteiligt.Über die Erfassung von Gesten, die ein Fahrer macht, ließen sich Navigationssysteme oder andere Programme ohne Berührung steuern. Die Software, die mit Kamerasystemen im und um das Fahrzeug gekoppelt ist, könne auch erkennen, wenn der Fahrer müde wird. Valeo will damit Fahrsicherheits- und Assistenzsysteme fortentwickeln.Gestigon wurde im September 2011 von Sascha Klement, Thomas Martinetz und Erhardt Barth gegründet, ein halbes Jahr später stieg Moritz von Grotthuss ein. Schon früh hatten die Gründer den Exit sondiert. Zunächst hofften sie vor allem auf die Unterhaltungselektronik.Gestigon hatte sich einen siebenstelligen Dollarbetrag gesichert, unter anderem vom High-Tech Gründerfonds und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Schleswig-Holstein. Beteiligt ist auch NBR Ventures, hinter der neben Business Angels mit Kuenheim Familiaris eine Gesellschaft des Sohnes des früheren BMW-Chefs Eberhard v. Kuenheim und der Kuwaiti Ali Alghanim steckt. Gestigon ist nicht das einzige Unternehmen, das an Software zur Gestenerkennung tüftelt. In den USA tummelt sich etwa Magic Leap auf dem Gebiet – und hat 1,2 Mrd. Dollar eingeworben.