Digitale Identitäten

Verimi und WebID bündeln ihre Kräfte

Der Markt für digitale Identitätslösungen ist in Bewegung. Mit Verimi und WebID schließen zwei Anbieter aus Berlin jetzt eine strategische Partnerschaft, mit der sie ihre Relevanz und Reichweite im Markt erhöhen wollen. Für Verimi-Chef Roland Adrian und WebID-Gründer-CEO Frank S. Jorga ist es ein Meilenstein.

Verimi und WebID bündeln ihre Kräfte

Von Stefan Paravicini, Berlin

Das Geschäft mit digitalen Identitäten gerät auch in Deutschland in Bewegung. Gerade hat sich die britische Beteiligungsgesellschaft Anacap zu nicht genannten Konditionen die Mehrheit an dem Berliner Identity-Spezialisten WebID gesichert, der ab sofort mit gefüllter Kriegskasse nach Übernahmezielen schielen kann. Die Münchner IDnow hat in den vergangenen Monaten mehrfach zugeschlagen und will mit der eigenen Identitätsverifizierungsplattform ebenfalls hoch hinaus. Verimi aus Berlin, hinter der ein Gesellschafterkreis mit Schwergewichten wie Allianz, Deutsche Bank und Deutsche Telekom steht, hat zuletzt noch eine Gruppe namhafter Versicherer aus Deutschland unter Führung der der GDV Dienstleistungs-GmbH an Bord geholt und sich ebenfalls viel vorgenommen. Jetzt gehen WebID und Verimi eine strategische Partnerschaft ein, die auch international für Aufsehen sorgen soll.

„Das ist ein Meilenstein. Das ist das erste Mal, dass sich zwei unabhängige Unternehmen aus der Identity-Landschaft zu einer strategischen Kooperation zusammenfinden“, sagte Verimi-Geschäftsführer Roland Adrian im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Gemeinsam wolle man das Ökosystem digitaler Identitäten in Deutschland stärken. „So etwas gab es in diesem Markt noch nicht: Zwei Unternehmen, die ihre Strategie synchronisieren“, pflichtet WebID-Gründer und CEO Frank Jorga bei. Ihm sei besonders wichtig, mit einer am deutschem Datenschutz orientierten Lösung, die national und international angeboten wird, den gemeinsamen Fußabdruck im Markt zu vergrößern.

Netzwerkeffekte im Blick

„Es ist wichtig, dass wir als deutsche Unternehmen einen Footprint setzen. Allein ist aktuell keiner von uns führend genug, um digitale Identitäten und entsprechende Services im Markt umfassend anzubieten. Zusammen sind wir stärker und werden auch ganz anders wahrgenommen in Deutschland, in Europa und der Welt“, sagt Jorga. „Das treibt uns schon seit der Gründung an“, nickt Verimi-Chef Adrian. „Wir wollen eine offene Plattform für digitale Identitäten bauen und über den Netzwerkeffekt eine führende Lösung für Deutschland schaffen – und dafür brauchen wir Partner.“ Die Kooperation mit WebID soll da nur der Anfang sein.

Die jetzt vereinbarte Partnerschaft der beiden Berliner Identitätsspezialisten sieht konkret so aus, dass die mehr als 300 Partnerunternehmen von WebID künftig die Möglichkeit erhalten, ihren Kunden anzubieten, ihre bei Verimi hinterlegten Identitätsdaten als digitalen Ausweis zu nutzen. Endkunden, die ihre Identitätsdaten noch nicht bei Verimi hinterlegt haben, kann darüber hinaus angeboten werden, ihre von WebID überprüften Ausweisdaten im ID-Wallet von Verimi zu speichern. „Das Verimi-Wallet erweitert unsere eigenen Ident-Lösungen und die zahlreichen Drittlösungen unserer Plattform um eine innovative Identifikationsmethode“, sagt Jorga. „Die strategische Partnerschaft führt zu vielen neuen Akzeptanz-Partnern und vielen neuen Anwendungsfällen für die Verimi-Nutzer“, erklärt Adrian.

Die Kooperation mit WebID soll für Verimi ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer höheren Reichweite sein. Damit ist das Unternehmen in den ersten drei Jahren seit der Gründung nur in kleinen Schritten vorangekommen. „Wir brauchen eine kritische Masse im oberen einstelligen Millionenbereich, um das Ökosystem ins Laufen zu bringen“, sagte Adrian vor dreieinhalb Monaten im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 4. Juni). Die Kooperation soll helfen, dieses Ziel spätestens im nächsten Jahr zu erreichen. Der Partner dafür ist gut gewählt. Mit 18 Millionen Geldwäschegesetz-konformen Transaktionen und acht Millionen digitalen Identitäten auf der eigenen Plattform gehört WebID schließlich schon heute zu den größten Anbietern von Identifikationsdienstleistungen in Europa.

„Unsere Kunden möchten eine Lösung für alles und für alle Märkte“, erklärt Jorga die Logik der Partnerschaft aus Sicht von WebID. Ein Kunde wie die Deutsche Bank nutze die „Global Trust Technology Platform“ von WebID auch für die Online-Identifikation im Ausland. „Je mehr Identitätslösungen wir anbieten können, desto mehr hilft das unseren Partnern, aber umso stärker wird auch WebID“, beschreibt Jorga die Netzwerkeffekte auf der Plattform.

„Wir kombinieren die Stärken von WebID, also die Integration bei den Partnern, die große Zahl der Accounts und das Identity-Angebot aus einer Hand mit einem Wallet, das sehr umfassend funktioniert im Sinne eines gebündelten Nutzererlebnisses für das Managen und Wiederverwenden von Identitätsdaten“, fasst Adrian die strategische Partnerschaft zusammen, die die Unternehmen nicht exklusiv bindet und auch keine weiteren Partner ausschließen soll. Spätestens im ersten Quartal des nächsten Jahres soll die Kooperation „live“ sein. „Meine Hoffnung und Erwartung ist, dass wir vielleicht schon in diesem Jahr die ersten Pflänzchen im Markt sehen“, sagt der Verimi-Chef.

Gute Resonanz aus dem Dax

Die Resonanz der Partnerunternehmen von WebID auf die Einbindung der Verimi-Wallet auf der Plattform sei sehr positiv, erklärt Jorga. „Eine Deutsche Bank oder eine Allianz befürworten das“, betont der WebID-Chef. Beide Konzerne zählen auch zum Gesellschafterkreis von Verimi. Vielleicht haben die Dax-Konzerne auch das Szenario im Hinterkopf, dass sie künftig auf Identitätslösungen aus dem Ausland angewiesen sein könnten, wenn die Anbieter aus Deutschland nicht gemeinsame Sache machen. „Da gibt es Lösungen, die in China geprägt werden und Lösungen aus den USA – aber Deutschland muss in diesem Segment ebenfalls eine Rolle spielen“, sagt Jorga.