Verkauf von Urenco wird schwierig

Eon und RWE wollen Anteile an Atomkonzern im Milliardenwert versilbern - Ausland redet mit

Verkauf von Urenco wird schwierig

Eon und RWE streben den Verkauf ihrer Anteile am europäischen Atomunternehmen Urenco an. Das Unterfangen dürfte allerdings schwierig werden. Auch Großbritannien und Holland reden mit.Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfDie beiden großen Essener Energiekonzerne Eon und RWE streben eine Veräußerung ihrer Anteile am europäischen Atomunternehmen Urenco an. Das bestätigte für RWE eine Konzernsprecherin auf Anfrage der Börsen-Zeitung. Um den Verkauf oder einen Börsengang des Kernbrennelementeherstellers zu ermöglichen, haben die beiden deutschen Unternehmen Anfang November in den seit Jahren dauernden Verhandlungen über einen Umbau von Urenco ihr Veto eingelegt.Man könne keiner neuen Struktur zustimmen, die den Wert des Unternehmens beeinträchtigen und eine Veräußerung nahezu unmöglich machen würde, hieß es. Nach Informationen aus Konzernkreisen ging es dabei um eine Änderung der Rechtsform, die einen Börsengang unmöglich gemacht hätte. Eon und RWE besitzen zusammen ein Drittel an dem europäischen Unternehmen. Auf die Regierungen der Niederlande und Großbritanniens entfällt der Rest.Seit 2011 wird der Verkauf angestrebt. Nach Angaben aus Kreisen von Investmentbanken könnten bei einem Börsengang bis zu 10 Mrd. Euro aufgerufen werden. Der Eigenkapitalwert liegt nach Angaben aus Konzernkreisen bei 6 Mrd. Euro. Eon hatte den Wert ihres Anteils zeitweise sogar auf 2 Mrd. Euro beziffert. Dem Vernehmen nach berät Morgan Stanley die britische Regierung beim geplanten Verkauf von Urenco. Auch Rothschild war zeitweise für das Londoner Schatzamt im Einsatz. Eon und RWE haben zu dem selben Zweck Bank of America Merrill Lynch engagiert. Die niederländische Regierung hat der ABN Amro einen entsprechenden Auftrag zur Beratung erteilt. Zeitweise wurde dem russischen Atomkonzern Rosatom und der französischen Areva Interesse nachgesagt, die Anteile von Eon und RWE zu übernehmen. Dies wurde jedoch dementiert. Als potenzieller Käufer gilt zudem die kanadische Caneco Mitsubishi. Nummer 2 bei KernbrennstoffUrenco ist nach der russischen Tenex weltweit mit einem Marktanteil von 30 % der zweitgrößte Anbieter von Kernbrennstoffen und beliefert etwa Atomkraftwerke. In der ersten Hälfte dieses Jahres hat Urenco mit 1 600 Beschäftigten laut Zwischenbericht einen Umsatz von 589 Mill. Euro und einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 321 Mill. Euro gemacht. Das Auftragsbuch reicht bis 2030 und hat einen Umfang von rund 16 Mrd. Euro.Hauptkonkurrenten von Urenco sind die französische Areva, die amerikanische Usec und die russische AEP. Einen wichtigen Standort hat das Unternehmen im westfälischen Gronau. Die Konzernzentrale hat ihren Sitz im britischen Ort Marlow. Mit Anlagen in Gronau, Capenhurst und Almelo sowie in Eunice, New Mexico (USA), betreibt Urenco die Anreicherung von Uran. Daraus werden Brennelemente für den Einsatz in Atomreaktoren hergestellt. Die Verhandlungen über die Zukunft des Unternehmens sind wegen der Besitzerstruktur und der Technik, die auch für den Bau von Atomwaffen genutzt werden könnte, schwierig. Seit Atomminister Franz Josef Strauß beim Atomwaffensperrvertrag durchsetzte, dass die Urananreicherung ausgenommen wird, gibt es keine klare Trennung zwischen militärischer und ziviler Nutzung der Kernspaltung.Bis heute ist Deutschland mit der Urenco-Anlage in Gronau einer der großen Urananreicherer. Deutschland liefert damit den Brennstoff für eine Technologie, die es selbst nach Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Jahr 2011 für “nicht verantwortbar hält”.Die Bundesregierung müsste bei einem Verkauf von Urenco-Anteilen – ungeachtet von welcher Seite – in jedem Fall konsultiert werden, denn Urenco wurde im Rahmen eines Staatsvertrages gegründet, des sogenannten Vertrags von Almelo (1970/71). Der Vertrag regelt einerseits, dass die drei Staaten Deutschland, Niederlande und Großbritannien auf dem Gebiet der Urananreicherung per Gaszentrifugentechnik zusammenarbeiten wollen und diese Technik sowohl bei Forschung und Entwicklung als auch bei der Anreicherung selbst fördern. Außerdem verpflichteten sich die drei Staaten, dass im Rahmen dieser Aktivitäten keine Urananreicherung erfolgen darf, die für Uranwaffen eingesetzt werden kann.Der geplante Verkauf wird in jedem Fall noch länger dauern. Die britische Regierung erklärte, man prüfe die Optionen. Nach dem von Eon und RWE abgelehnten Vorschlag hätte sie ihre Anteile verkaufen können, während die Niederlande weiter an Urenco beteiligt gewesen wären.RWE und Eon stecken selbst mitten im Umbau und kämpfen mit gefallenen Strompreisen. RWE steht auch nach dem Börsengang ihrer Stromnetztochter Innogy im Oktober wegen der hohen Schulden und milliardenschweren Atomaltlasten unter finanziellem Druck. Auch Eon setzte auf eine Aufspaltung und brachte im September die Kraftwerkssparte Uniper an die Börse. Der Konzern muss knapp 10 Mrd. Euro für die Entsorgung seines Atommülls zahlen.